Kann ein Volkswagen sexy sein, im tiefen Sand Mambo tanzen und dabei eine gute Figur machen? Wir wollten das genau wissen – also auf zum Versuchsgelände Horstwalde!
Jetzt trägt auch der überarbeitete VW Touareg den Familiengrill à la Passat und Eos. Vorausfahrenden dürfte der Schweiß auf die Stirn treten, wenn der Gelände-Bulle formatfüllend im Rückspiegel auftaucht. Und neben der operierten Nase gibt’s jede Menge neue Technik im Touareg. Ob das reicht, um den 4Wheel Fun-Supertest zu bestehen?
Schon auf dem Weg zum Prüfgelände fallen die größeren Außenspiegel sowie ein paar neue Tasten im Amaturenbrett ins Auge. So erhielt der Tempomat einen "Adlerblick" - ein Netz von Sensoren überwacht das Umfeld und hält den Abstand zum Vordermann. Wenn nötig, wird automatisch bis zum Stillstand gebremst. Auch neu: der Blick zur Seite. Mit dem Side Scan werden zwei Radarsensoren eingesetzt, die den toten Winkel überwachen. Im Spiegel warnen dann gelb blinkende Streifen den Fahrer beim Spurwechsel vor einer möglichen Kollision. Innen gibt sich der Touareg als feiner Volkswagen und naher Verwandter des vornehmen Phaeton zu erkennen. Alles sieht aus wie aus einem Guss gefertigt. Klappergeräusche sind unbekannt. Modellpflege wurde im Innenraum nur bei den neu aufgeschäumten Sitzen betrieben. Die Bedienung ist gewohnt unproblematisch, Neueinsteiger sollten aber schon die Bedienungsanleitung studieren. Und der mächtige Automatikwählhebel wirkt, als könne er die 500 Newtonmeter Drehmoment des Dieselmotors allein übertragen.
V6-Diesel mit kräftigem Schub
Der V6-Common-Rail-Selbstzünder liefert leise seinen gewaltigen Schub. Wenn es sein muss, beschleunigt er den 2410 Kilogramm schweren Brocken in gerade 8,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Mit aufwendiger Abgasnachbereitung und serienmäßigem Partikelfilter schafft er trotz seines hohen Gewichts die Euro 4-Norm. Den V6 TDI gibt es in der Grundausstattung mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe. Unser Supertest-Kandidat schont den linken Fuß und tritt mit dem 2.250 Euro teuren Sechsgang-Automatikgetriebe die Prüfung an. Außerdem reguliert die optionale Luftfederung das Höhenniveau. Das System ist – wie auch die Plattform – bekannt von Audi Q7 und Porsche Cayenne. Abhängig von der Beladung, senkt sie den Wagen auf der Straße bei zunehmender Geschwindigkeit ab und erhöht im Gelände die Bodenfreiheit. Der Abstand zum Boden lässt sich von 195 auf optisch beeindruckende 295 mm vergrößern. Auf Waldwegen mit tiefen Löchern oder auf Kopfsteinpflaster reagiert der VW jedoch recht unsensibel. Zeitweilig tönen Stoßgeräusche aus dem Fahrwerk aufdringlich durch. Erst bei höherem Tempo lässt die Luftfederung in der Komfortstellung deutlich weniger Schläge zu. Auf der Verwindungsbahn hat der VW keine Probleme, durchzukommen, allenfalls das Wie stört: Trotz ausgehängten Stabilisators reicht die Achsverschränkung nicht aus, um alle Räder auf dem Boden zu halten. Zeitweilig wippt der Touareg mit gleich zwei Rädern in der Luft von Hügel zu Hügel. Hier hat die Regelelektronik Schwerstarbeit zu leisten.
Im Tiefsand hat der Touareg so seine Mühe
Was uns ebenfalls nicht gefiel, ist die trotz eingelegter Untersetzung zu hohe Geschwindigkeit bei Standgas. Der Touareg muss so häufiger zusätzlich gebremst werden. Apropos Bremsen: Schon einmal auf Schotter oder im Sand kräftig den Anker geworfen? Das ABS regelt in solchen Fällen, was das Zeug hält, einige Fahrzeuge kommen dann kaum zum Stehen. Nicht so beim optimierten ABS des VW. Durch eine verbesserte Schlupfregelung entsteht vor dem kurzzeitig blockierenden Rad ein Bremskeil. Das System kann den Bremsweg damit auf losem Untergrund deutlich verkürzen. Auf Asphalt stoppt der Wolfsburger mit Serienreifen nach akzeptablen 41 Metern.
Nach der Messfahrt auf befestigtem Testgelände rüsteten wir den VW auf A/T-Reifen der Marke Pirelli Scorpion (235/60 R 18) um. Optimale Traktion finden die Pneus am festen Geröllhang sowie in den Sandpassagen. In Kombination mit dem drehmomentstarken V6-TDI gelingen die Tiefsandetappen trotz des hohen Gewichts locker-flockig. Solange man genügend Schwung in die Etappe mitnehmen kann, ist alles im grünen Bereich. Aber: Anfahren am steilen Tiefsandhang? Hier hat der Touareg seine liebe Mühe. Die Traktionskontrolle lässt den kräftigen Motor nicht frei ackern und greift spürbar ein. Erst mit eingelegten Sperren wühlt sich der Bolide bei konstanter Drehzahl zum Gipfel. Am besten klappt das mit eingelegter Untersetzung und vorgewählter zweiter Fahrstufe der Automatik.
Die mit 65 Prozent steilste Steigungsbahn auf dem Prüfgelände stürmt der VW völlig lässig nach oben. Kurzer Stopp – der Berganfahrassistent hält den Touareg vorbildlich fest. Weiter geht’s trotz der weichen A/T-Reifen ohne Traktionsprobleme zum Hochplateau. Abwärts wird der Wolfsburger schon in der 35-Prozent-Steigung durch die Elektronik eingebremst – kaum spürbar allerdings: Mit geruhsamen fünf Kilometern pro Stunde schleicht der große VW bergab. Der konstante Eingriff des Bergabfahrassistenten lässt andererseits die Frage aufkommen, welche Strecken man mit dieser Technik ohne Überhitzung der Anlage zurücklegen kann. Auf Hochgebirgspfaden durchaus ein Thema, wo gemeinhin Fahrzeuge mit wirksamerer Motorbremse im Vorteil sind.
Zur Abkühlung ein Marsch durch das Wasserbecken
Im höchsten Level der Luftfederung genehmigt VW respektable 580 Millimeter Wattiefe. Frischluft holt sich der Diesel spritzwassergeschützt aus dem Innenkotflügel. Die Füße bleiben dank dreifacher Dichtungen trocken, nur eins stört: Gluckernd laufen die Türen bis zur Pegelhöhe voll. Nach dem Öffnen sprudelt die Brühe wieder raus. Wie es im Türinneren nach einem Schlammbad ausschaut, will man lieber nicht wissen. Schade, das kostet Wertungspunkte. Positiv: Scheinwerfer und Rückleuten bleiben trocken und verwandeln sich nicht wie im Audi Q7 in Aquarien.
Wenig hilfreich: die getönten Seitenscheiben im VW Touareg
Dann das Trial zur Bewertung von Übersichtlichkeit und Wendigkeit. Wenig hilfreich sind hier die getönten Seitenscheiben. Doch in die Bewertung geht diese Sonderausstattung (360 Euro) nicht mit ein. Viel mehr Probleme bereitet - aufgrund der immensen Abmessungen - das Rangieren zwischen den Toren. Die riesigen Außenspiegel lassen sich wegklappen, die fehlende Sicht über die abfallende Motorhaube bleibt. Dank Untersetzung und dosierbarer Kraftentfaltung geht es nach einigen Korrekturen ins ersehnte Ziel.
Geschafft und bestanden! Ein Resultat, mit dem sich der Volkswagen sehen lassen kann. Mit 200 km/h geht’s später auf der Autobahn heim - willkommen in der anderen Welt.
VW Touareg V6 TDI Luftfederung | |
Grundpreis | 53.405 € |
Außenmaße | 4754 x 1928 x 1726 mm |
Kofferraumvolumen | 555 bis 1525 l |
Hubraum / Motor | 2967 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 165 kW / 225 PS bei 4000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 208 km/h |
Verbrauch | 10,9 l/100 km |