Möglichkeiten, mit einem Volkswagen ins Gelände zu fahren, gab es in der bisherigen Geschichte der Wolfsburger zur Genüge, und alle waren mehr oder minder ungewöhnlich. Begonnen bei den Typen 82 und 166 aus einer düsteren deutschen Epoche; fortgeführt mit dem kuriosen heckgetriebenen VW 181 und dem von Audi entwickelten VW Iltis. Viel Respekt bei den Fans fuhr sich im Laufe der Jahrzehnte außerdem der legendäre 16-Zoll-T3-Syncro-Bus ein.
Als direkter Vorfahr des Tiguan darf allerdings eine besonders abseitige Konstruktion gelten: der Golf Country. Von 1990 bis 1991 setzte man bei Steyr-Daimler-Puch in Graz handelsübliche Golf II Syncro auf Hilfsrahmen; mit dem gleichzeitig tiefer gelegten Antriebsstrang blieb die Bodenfreiheit allerdings trotz der originellen Stelzen-Optik bei bescheidenen 18 Zentimetern. Damals war der Country ein Flop, heute sind die schrägen Youngtimer gefragte solide Sammlerstücke.
VW Tiguan in Mainstream-Optik
Beim Tiguan gingen die Wolfsburger dagegen anders ans Werk: Mainstream-Optik, mehr Praxisnutzen als im Standard-Golf, gefällige Ausstattung mit der neuesten Konzerntechnik. Dazu gehört zum Beispiel das neue Navi-System, mit dem sich im Geländeeinsatz wie mit einem Hand-GPS Routenpunkte abspeichern lassen (leider ohne die Möglichkeit, sie mit einem Computer auszulesen oder vorgefertigte Routen aufzuspielen).
Unter der Haube feiert der neue Common-Rail-Diesel Premiere bei VW, der nach und nach auch in den anderen Konzern-Modellen folgen wird. Antriebsseitig gibt es bekannte Kost: Ein an der Hinterachse angeflanschtes Haldex-Modul, das elektronisch beaufsichtigt und schlupfgesteuert wohldosierte Krafthäppchen an das Differential weiterreicht. Neu dagegen ist die aufwendige Programmierung des Offroad-Modus, der sich per Druck auf den Knopf in der Mittelkonsole aktivieren lässt: Bei dieser abgespeckten Kopie von Land Rovers Terrain-Response-System ändern sich diverse Parameter und Voreinstellungen. Obwohl VW ausdrücklich nur den Tiguan Track & Field als geländetauglich bezeichnet und selbst bei diesem die Einschränkung vornimmt, er sei „nicht für Reisen mit Expeditionscharakter konstruiert“, ist der kleine Knopf durchaus hilfreich: Bei der Version mit Automatikgetriebe ändert sich die Steuerung so, dass vorgewählte Gänge nicht automatisch höher geschaltet werden (was zum Beispiel beim Nissan X-Trail der Fall war – siehe Dezember-Heft 2007). Außerdem werden die elektronische Bergabfahrhilfe aktiviert, die Steuerung des elektronischen Gaspedals auf lange Wege umprogrammiert und das Motordrehmoment beim Anfahren reduziert, um Überlastungen des Antriebsstrangs zu vermeiden. Zusätzlich schaltet die Traktionskontrolle in einen aggressiveren Modus.
Straff und sportlich: der VW Tiguan
Allerdings – das brachte unser Supertest ans Licht – ist man in diesem Modus nicht immer besser unterwegs! Ebenso wenig überzeugend auch die zweite neue Funktion, der Auto-Hold-Modus. Ist er (per Knopfdruck) aktiviert, schaltet die Elektronik beim Stehenbleiben am Hang automatisch die Feststellbremse zu und hält den Tiguan sicher fest. Das Dilemma dabei: Man muss kräftig gegen den Widerstand der Parkbremse anfahren, um sie wieder zu lösen. Bei sehr starken Steigungen kann das zum Problem werden, weil der aus Steigung und Bremsmoment der Feststellbremse bestehende Widerstand kaum noch überwunden werden kann, ohne die Kupplung zu überlasten – was man im Supertest mehrfach riechen konnte. Das Automatikgetriebe könnte hier Abhilfe bringen, vorausgesetzt, es funktioniert auch im schweren Gelände.
Das überaus straffe und sportliche Fahrverhalten auf der Straße findet sich natürlich auch im Geländeeinsatz wieder. Da benimmt sich der Tiguan bisweilen störrisch, zeigt dafür aber auch viel Sportstalent, wenn der Untergrund flotte Gangart zulässt: Auf Pisten und unbefestigten Wegen fühlt er sich wohler als auf einer Berg-und-Tal-Bahn.
VW Tiguan 2.0 TDI CR 4Motion Track & Field | |
Grundpreis | 30.800 € |
Außenmaße | 4457 x 1809 x 1686 mm |
Kofferraumvolumen | 470 bis 1510 l |
Hubraum / Motor | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 103 kW / 140 PS bei 4200 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 186 km/h |
Verbrauch | 6,3 l/100 km |