Kia Sportage 1.6 T-GDI AWD im Test

Kia Sportage 1.6 T-GDI AWD im Test
Besser als der Vorgänger?

Sporttasche – so nannten wir den letzten Kia Sportage im Dauertest-Fuhrpark. Liegt ja nicht nur vom Klangbild, sondern auch vom Wesen des SUV irgendwie nahe. Ein knallroter 2.0 CRDi in GT-Line war es. Straffes Fahrwerk, 400 Nm Drehmoment, Allradantrieb und durchaus talentiert in Kurven. Ausfälle? Keine. Nur die eher durchschnittliche Materialqualität und die etwas lieblose Verarbeitung passten nicht recht zum Testwagenpreis von rund 40 000 Euro.

Womit wir nun direkt in den neuen Sportage der fünften Generation einsteigen, einfach mal ins Handschuhfach gucken, mit den Fingern die Böden der zu kleinen Türfächer abtasten oder den Fahrzeugschlüssel in die Mittelkonsole zwischen den Sitzen legen. Überall kein Filz, keine Gummi-Einsätze – ergo rutscht alles herum, klappert und verkratzt. Ohnehin findet sich im gesamten Interieur viel dröges Hartplastik.

45 490 Euro Grundpreis

Eine gummierte Ladestation, das schicke, abgeflachte Lenkrad und die mit Kunst- und Veloursleder bespannten Sitze versöhnen. Dennoch: Etwas mehr Finesse kann man von einem so teuren Kia schon erwarten. Für das Topmodell GT-Line mit Allradantrieb und 180 PS starkem Benziner ruft Kia schließlich 45 490 Euro auf, und dabei sind wichtige Fahrerassistenzsysteme längst noch nicht an Bord. Voll ausgestattet nähert sich der weiterhin 4,5 Meter lange Sportage sogar dem Preisniveau eines Sorento mit dem 202 PS starken Diesel, der bekanntlich ganze Hausstände einpacken und auch noch 2,5 Tonnen schwere Hänger ziehen kann.

Aber zurück ins Cockpit. Ein echtes Glanzstück ist schließlich das gewölbte Panorama-Display, bestehend aus zwei Monitoren mit je 31,2 Zentimetern Diagonale. Links die virtuellen Instrumente, die mit einem unverspielten Layout dienen können – danke sehr. Rechts der Touchscreen, dessen Anzeigen sich splitten lassen. Ideal für alle, die gerne auf große Karten gucken oder via Außenkameras die Bordsteine und parkende Fahrzeuge im Blick haben wollen. Die Aussicht hintenraus hält sich angesichts der fensterlosen C-Säule sehr in Grenzen.

Kia Sportage 1.6 T-GDI AWD, Cockpit
Rossen Gargolov

Schöner heißt nicht besser

Schade nur, dass Kia wie im EV6 unterhalb der Luftausströmer die doppelt belegte Multi-Mode-Bedienleiste einbaut. Okay, sie passt prächtig ins Bild (und erspart Kia Teilekosten), erschwert aber die Bedienung von Klimaautomatik, Infotainment und Navigation. Oft genug erhöht man via linkem Drehknopf die Temperatur und nicht die Lautstärke oder kühlt den Beifahrer unverhofft, statt die Karte zu zoomen.

Doch einmal im System angekommen, herrscht wieder Frieden. Die cloudbasierte Onlinenavigation arbeitet im Verbund mit der Sprachsteuerung extrem schnell, und mit etwas Übung hat man auch die vielgängige Menüführung intus. Selbst die mit ordentlich Beinfreiheit und Sitzkomfort bedachten Fondpassagiere kann man via Sitzheizung ins Schwitzen bringen.

Kia Sportage 1.6 T-GDI AWD, Klimabedienung
Rossen Gargolov

Praktikabilität? Ausbaufähig.

Eher suchen Sie nach größeren Ablagen, denn in die Türfächer passt gerade mal eine Nuckelflasche. Tipp: einfach die Kleiderbügel an den Rückseiten der Kopfstützen mit Taschen behängen. Der Fotograf interpretierte die Bügel gar als Tablet-Halter – ganz im Stil einer Simply-clever-Idee von Skoda.

Ohnehin legt der Sportage wie schon sein Vorgänger wenig Wert auf familienfreundliche Detaillösungen oder Variabilität. Während im VW Tiguan umklappbare Beifahrerlehnen oder eine verschiebbare Bank den Nutzwert deutlich erhöhen, grummelt der Kia-Fahrer über schwer erreichbare Isofix-Bügel und die mangelhafte Gepäcksicherung im karg ausgekleideten Kofferraum. Vier Ösen müssen reichen. Keine Netze, geschweige denn ein Trennnetz, das sich im Dachhimmel anbringen lässt.

Da hilft die dreigeteilte und neigungsverstellbare Fondlehne auch nicht viel weiter – eher schon die großen Unterbodenfächer. An Laderaum selbst mangelt es dem Sportage nicht mehr. 562 bis 1751 Liter – 59 mehr als beim Vorgänger – sollten für den Urlaub zu viert reichen, ebenso die noch mögliche Zuladung von 574 Kilogramm.

Kia Sportage 1.6 T-GDI AWD, Kofferraum
Rossen Gargolov

Die Sportstunde ist vorbei

So bepackt heißt es allerdings, etwas mehr Reisezeit einzuplanen. Der via 48-Volt-Bordnetz und Startergenerator milde hybridisierte 1,6-Liter-Turbobenziner leistet zwar 180 PS und stemmt 265 Nm, zeigt aber wenig dynamische Ambitionen. Für den Sprint auf 100 km/h benötigt der Sportage 9,1 Sekunden, und ab 150 km/h nimmt der Vorwärtsdrang deutlich ab. Beladen muss sich der Vierzylinder auf der Autobahn bereits an leichten Steigungen gewaltig strecken, stresst sich und die Insassen mit hohen Drehzahlen, klingt dabei angestrengt und erbittet sich auf die Dauer einen entspannteren Fahrstil.

In der City herrscht oftmals ähnlich viel Aufregung. Geschmeidiges Anfahren oder Einparken will wirklich geübt sein. Überraschend übermütig schickt der Riemengenerator all seine Kraft (immerhin 12 kW) sofort an die Arbeit, der Sportage ruckt kräftig an. Kaum in Schwung, schaltet das Doppelkupplungsgetriebe sofort höher und höher – oder eben an der nächsten Ampel Gang für Gang wieder runter. Einmal warm gefahren, mischt sich im Eco-Betrieb noch die Motorsteuerung ein und knipst den Vierzylinder auch während der Fahrt spürbar ein und aus.

Wer weniger verbrauchen will kann zum Diesel greifen

Immerhin: Eine Anfahrschwäche kann man dem Kia nicht vorwerfen, und wer auf die ganze Action keine Lust hat, wechselt die Gänge via Wippen selbst. Dennoch ist der ganze Eifer letztlich vergebens, und der Testverbrauch ist mit 8,4 l/100 km nicht niedrig. Nur auf der behutsam gefahrenen langen Eco-Runde beweist der aufwendige Antrieb sein Können, begnügt sich mit 6,8 Liter. Immer noch zu hoch? Dann hält Kia weiterhin einen Diesel bereit – mit 136 PS, 320 Nm Drehmoment und als GT-Line akzeptable 950 Euro teurer.

Kia Sportage 1.6 T-GDI AWD, Motor
Rossen Gargolov

Wie auch immer – eine Probefahrt lohnt sich in jedem Fall. Denn ansonsten fährt der Kia tadellos. Mit seiner hinreichend präzisen Lenkung nimmt der 1,64 Tonnen schwere SUV Kurven tendenziell untersteuernd und gelassen in Angriff. Nasse Kehren und matschige Wiesen sind dank sperrbarem Allradantrieb ebenfalls kein Problem, und mit dem griffigen Drehknopf in der Mittelkonsole kann der Fahrer zudem die Kennlinien für Ansprechverhalten, Drehzahlniveau und Lenkkraft in drei Stufen variieren.

Mit Sicherheit gemütlich

Selbst der Federungskomfort passt gut zum braven Fahrverhalten. In der Stadt noch etwas ruppig, nimmt das Fahrwerk bei flotter Fahrt Unebenheiten und fiesen Fugen gekonnt die Spitzen und gerät auf längeren Wellen trotz betont weicher Abstimmung nicht ins Schunkeln. Mit im Spiel sind hier – erstmals in einem Sportage und nur im GT-Line – elektronisch geregelte Dämpfer.

Ähnlich bemerkenswert auch die Verzögerung. Bei zehn Vollbremsungen aus 130 km/h erreicht er stets Werte über 11,35 m/s2 – Respekt. Sicherheit spielt beim Sportage ohnehin eine große Rolle. Ob nun Mitten-Airbag, exzellent ausleuchtende LED-Scheinwerfer, Adaptivtempomat, Insassenalarm oder ein sehr hilfreicher Ausstiegswarner, der auch die Fondtüren überwacht – das Angebot ist enorm. Und es funktioniert gut. Also das DriveWise-Park-Plus-Paket (kurz P6, 1390 Euro) buchen.

Fehlt zum Schluss nur noch ein passender Spitzname. Größer, weicher, modischer und träger – Sporttasche passt da ja nun nicht mehr. Also eher ein stylisher Weekender? Zu klein. Ein Rolling-Thunder-Trolley? Zu wild. Oder einfach ein Sportage? Andere Vorschläge? Gerne per Mail an die Redaktion.

Technische Daten
Kia Sportage 1.6 T-GDI MHEV 4WD GT-Line
Grundpreis47.090 €
Außenmaße4515 x 1865 x 1650 mm
Kofferraumvolumen562 bis 1751 l
Hubraum / Motor1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung118 kW / 160 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit192 km/h
0-100 km/h9,0 s
Verbrauch6,0 l/100 km
Testverbrauch8,4 l/100 km