Ford Mustang Mach-E im Test

Ford Mustang Mach-E im Test
:
Elektro-SUV statt Ponycar

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Mustang Mach-E, etwa eine Elektro-Version des V8-Kult-Ponycars? Hm, nun, also dem Namen nach schon, äh, aber – nein: Der Ford ist ein viertüriger SUV mit fettem Batteriepack für ordentliche Reichweite, Platz für eine Familie und Sinn für den Alltag.

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Obwohl die englischsprachige Welt den Ford linkisch als "Macki" oder "Mäcki" ausspricht: Hierzulande klingt "Mustang Mach-E" als Name eines Elektroautos nicht gerade uncool – Mustang, klar, das ist das legendenbehaftete Sportcoupé. Und den Begriff "Mach" kennt man in Zusammenhang mit der Schallgeschwindigkeit, außerdem mit einem Supercomputer. Beide gehen auf den Physiker Ernst Mach zurück. Soll der E-Ford also aussehen wie ein Sportcoupé, höllisch schnell sein und enorme Rechenpower an Bord haben?

Zunächst zum Offensichtlichen: Verglichen mit dem Verbrenner-Mustang ist der E-Wagen viertürig und deutlich höher, dürfte dementsprechend die gleiche Fankurve wie der Tesla Model Y und der Jaguar I-Pace begeistern. Wer im Mach-E ein Sportcoupé à la Ponycars erkennen will, braucht schon sehr viel Fantasie.

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Außer Logo und Name hat der elektrische SUV wenig mit dem traditionellen V8-Ponycar gemein.

Höllisch schnell? Mit 180 km/h Höchstgeschwindigkeit nun nicht gerade. Aber zumindest hat unser Testwagen reichlich kW an Bord. Als Allrad-Version mit einer E-Maschine pro Achse kommt er umgerechnet auf 351 PS sowie 580 Nm – 51 Nm mehr als der aktuelle Mustang Mach 1 Fastback mit seinem Fünfliter-V8. Denn auf dieses Sportmodell bezieht sich das "Mach" im Namen des neuen elektrisch betriebenen SUV.

Life-Hack oder Live-Hack

Bliebe noch die Rechenpower oder – weiter gefasst – die Digitalisierung: Man ordert den Mach-E online, erstellt ein Konto in der FordPass-App, öffnet die Türen nicht nur mit einem Schlüssel, sondern alternativ per Smartphone oder Zahlencode und könnte den Wagen damit auch starten. Das alles ist Basis für einen Schwank am Stammtisch, aber ebenso eine verlockende Möglichkeit, das Auto zu stehlen oder über diese digitale Schnittstelle zu manipulieren. Da wird aus einem Life-Hack schnell ein Live-Hack.

Nach dem Vorbild von Tesla sammelt der Mach-E fleißig Daten, zeichnet etwa das Tempo kurz vor einem Unfall auf. Fairerweise warnt die Betriebsanleitung, dass Ford diese Daten an die Polizei herausgeben müsste. Selbst davon abgesehen funkt der SUV permanent auf den Server des Herstellers. Wer das nicht möchte, muss die App wieder löschen und im Auto das Modem deaktivieren, kann dann aber gewisse Angebote nicht wahrnehmen. Etwa weist die App auf günstigere kW-Preise an europaweit über 125.000 öffentlichen Ladepunkten hin.

Mit 30 Prozent Reststrom saugte unser Akku an der CCS-Tankstelle unserer Wahl übrigens nur mit rund 80 kW, versprochen werden bis zu 150 kW. An unserer redaktionsinternen Ladesäule mit 22 kW nutzte der Mach-E rund 10,5 kW und benötigte für einen vollen Ladehub 9,3 Stunden. Für zu Hause bietet Ford eine dreiphasige 11-kW-Wallbox an.

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Leider raubt die indifferente Lenkung viel Enthusiasmus: Auf der Landstraße wirkt sie entkoppelt, auf der Autobahn fehlt ihr bei Seitenwind der Ruhepunkt.

Das ungewöhnlichste Extra innerhalb der Preisliste dürfte die Anhängerkupplung (572 Euro) sein. Ein Head-up-Display dagegen gibt es nicht, immerhin ist aber der hippe Riesenbildschirm serienmäßig. Das Infotainment-System Sync der vierten Generation zeigt zwar keine Superrechner-Performance, reagiert aber fix aufs Touchen, Wischen und Schieben und ist verständlich strukturiert. Die Spracheingabe funktioniert besser als je zuvor bei Ford, das System reagiert allerdings nur bedingt auf frei formulierte Befehle.

Großes Plus gegenüber Tesla: Es gibt einen analogen Lautstärkeregler. Außerdem glücklicherweise einen Hebel für die Scheibenwischer-Funktionen – gut, dass die Ford-Ingenieure nicht jedem Hipster-Trend des Silicon Valley folgen. Zwei Dinge, die im Alltag jedoch stören: Trotz ihres XL-Formats muss man sich weit in die Navi-Karte hineinzoomen, bis kleine Straßen angezeigt werden. Und der Umluftschalter will im Untermenü aktiviert werden.

Im direkten Zugriff liegt der Startknopf zum Aktivieren der Motoren. Drücken wir ihn, legen per Drehregler "D" ein und rollen los. Erster Eindruck: Innerorts ist der Ford mit einem Wendekreis von zwölf Metern eher unhandlich, außerorts dafür agil. Also heckagil, wenn man so will, denn der Allradler stiebt schon beim drahtigen Umlenken in Wechselkurven mit dem Hintern.

Deaktiviert man die Traktionskontrolle, dann lässt sich dieser Impuls per Drehmoment-Sättigung in leichtes Übersteuern kanalisieren. Und da blitzt es auf, dieses Ford-ST-Gefühl des freudvollen Fahrens. Leider raubt die indifferente Lenkung viel Enthusiasmus: Auf der Landstraße wirkt sie entkoppelt, auf der Autobahn fehlt ihr bei Seitenwind der Ruhepunkt.

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29 kWh verbraucht der Mustang Mach-E im Testdurchschnitt auf 100 Kilometer. Auf dieser Basis hochgerechnet käme er 337 Kilometer weit.

Hier schwebt der Mach-E übrigens nicht gerade über den Asphalt. Klar, wir sitzen in einem SUV, dessen hoher Aufbau typischerweise am Wanken und Schunkeln gehindert werden muss. Doch was die straffe Stahlfederung im Gegenzug an Unebenheiten durchlässt, ist für ein Alltagsfahrzeug schon störend. Leider gibt es derzeit keine vermittelnden Adaptivdämpfer. Glücklicherweise soften die amerikanisch-weichen Sitze einen Teil der Stöße ab.

Wie bei praktisch allen von Grund auf neu entwickelten E-Autos drücken sich die Akkuzellen tief ins Untergeschoss zwischen beide Achsen, versperren dort kaum Platz und bündeln den Schwerpunkt an einer fahrdynamisch günstigen Stelle. 98,7 kWh versammeln sich im Testwagen maximal, was sparsame Fahrer bis zu 394 Kilometer weit bringt, wie unsere Eco-Verbrauchsrunde bei frühlingshaften 18 Grad zeigt.

Dann darf man natürlich nur zaghaft Spannung anlegen – wobei andererseits gerade der robuste Vortrieb bei Vollstrom besonders Laune macht. Auf Stellung "Temperamentvoll" der Fahrmodi untermalt zwar ein Sound-Composer die Beschleunigung mit vierzylindrigem Grummeln (an- und abschaltbar), doch dann reagiert das Fahrpedal gewöhnungsbedürftig direkt.

Vernünftige Relation

Bei gemütlich angegangener Fahrt bildet der Ford alle für den Alltag notwendigen Reichweiten diesseits von eiligen Geschäftsterminen ab. Urlaubsreisen eingeschlossen, sofern man sich entlang einer CCS-Linie zum Nachfassen bewegt und dafür großzügig Zeit einplant. Der hintere Kofferraum nimmt genug Gepäck auf, Verpflegung passt unter die Fronthaube, und vier Erwachsene haben tatsächlich Platz; wenngleich Sitzriesen wegen des starken seitlichen Dacheinzugs nicht unbedingt hinten einsteigen sollten.

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Lässt man den Mustang-Bezug außen vor, so ist der Mach-E ein praktischer Familienwagen mit hoher Reichweite zum angemessenen Preis.

So trägt das E-Auto von Ford einen reichlich irreführenden Namen, denn es ist kein Ponycar, sondern vielmehr ein Familienwagen. Zumal Größe und Reichweite in einer vernünftigen Relation zum Preis stehen – der Allrad-Testwagen mit großem Akku kostet 62.900 Euro, davon gehen 7.975 Euro E-Auto-Förderung ab.

Schade nur, dass sich eine Art Sportfahrwerk unter den SUV gemogelt hat, was vor allem bei Alltagsfahrten stört. Die Digitalwelt ist ja so stolz auf die Möglichkeiten, ihren Fahrzeugen Updates sozusagen over the Air ins Steuergerät einzuspielen. Leider geht das bei einer Stahlfederung nicht. Wir schlagen deshalb einen ganz althergebrachten, völlig analogen, aber tausendfach erprobten Weg vor: eine rasche Modellpflege mit adaptiven Stoßdämpfern.

Was ihr Volt

Über die Preisliste bietet Ford diverses wichtiges Ladezubehör an. Achtung, E-Auto-Neulinge: Ohne Stromtankstelle am heimischen Stellplatz wird man mit einem rein batterieelektrisch betriebenen Fahrzeug nicht froh – das öffentliche Netz an Ladesäulen taugt nur als Notlösung für unterwegs. Um es nutzen zu können, muss man häufig ein eigenes Kabel (213 Euro) mitführen; praktischerweise gönnt man sich noch die dazugehörige Tasche für 15 Euro. Für zu Hause bietet Ford eine Wallbox (11 kW) für 599 Euro an, wobei sich die Kosten für die Montage durch einen hierauf spezialisierten Elektriker auf den Preis addieren – immerhin stellt die KfW-Bank Zuschüsse bis zu 900 Euro für Anschaffung und Installation in Aussicht. Bis zu 22 kW soll der Akku laut Hersteller übrigens mit dem sogenannten NRG-Kick-Ladegerät für 1.108 Euro als Alternative zur Wallbox einsaugen.

Vor- und Nachteile

Karosserie
  • Familientaugliches Platzangebot
  • Solide Verarbeitung
  • Logische Bedienung
  • Praxistaugliche Zuladung
  • Staumöglichkeit für Ladekabel
  • Eingeschränkte Sicht nach schräg hinten
  • Geringe seitliche Kopffreiheit im Fond
  • Kein Head-up-Display

Vor- und Nachteile

Fahrkomfort
  • Niedriges Geräuschniveau
  • Bequeme Sitze …
  • … mit geringer Stützwirkung
  • Spürbar eingeschränkter Federungskomfort

Vor- und Nachteile

Antrieb
  • Spontaner Antritt
  • Beeindruckender Schub
  • Verbrennerklang aktivierbar
  • Ladeleistung von 150 kW nur äußerst kurz erzielbar

Vor- und Nachteile

Fahreigenschaften
  • Agiles Eindrehen bei Lastwechseln
  • Einfache Fahrbarkeit
  • Geizige Rückmeldung der Lenkung
  • Seitenwindempfindlich

Vor- und Nachteile

Sicherheit
  • Zweckmäßige Assistenzsysteme
  • Fadingfreie Bremsanlage
  • Digitaler, hackbarer Zugang

Vor- und Nachteile

Umwelt
  • In Relation zur Fahrzeuggröße günstiger Verbrauch

Vor- und Nachteile

Kosten
  • Angemessener Preis
  • Lange Wartungsintervalle
  • Zehn Jahre steuerbefreit
  • Geringe Möglichkeit der Individualisierung
  • Optionen teilweise nur im Paket erhältlich

Fazit

Lässt man den Mustang-Bezug außen vor, so ist der Mach-E ein praktischer Familienwagen mit hoher Reichweite zum angemessenen Preis. Das straffe Fahrwerk überschattet das Fahrvergnügen.

Tabelle (techn. Daten)

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