Nichts lässt sich leichter erschüttern als feste Absichten – haben Sie das in Ihrem eigenen Leben nicht auch schon oft feststellen müssen? Weist nicht auch Ihre eigene Auto-Biografie oft genügend Kehrtwenden auf, von denen Sie selbst im wahrsten Sinne des Wortes überrollt wurden?
Vor der Geldübergabe für den Opel Corsa vom Citroën BX abgefangen, vom hinteren Hinterhof des Hinterhofhändlers statt im Nissan Micra im VW T3 davongerollt? Kennen Sie, oder? Und damit hätten wir eine Rampe geschreinert zu VW Arteon Shooting Brake und BMW X4 . Denn auf den ersten Blick scheinen der Dynamik-Kombi und das SUV-Coupé doch fast unvergleichbar. Aber wer in der 50.000-Euro-Liga kauft, schaut doch sehr bewusst mal herum, was es sonst so gibt. Etwa diese zwei Allradler mit rund 200 PS starken Vierzylinder-Dieseln, Automatik, Premium-Anspruch.
Zuerst aber wollen wir an dieser Stelle die Beharrlichkeit bewundern, mit der VW den Passat seit der Zeit des Santana zu Höherem berufen will – ungeachtet der Rückschläge, denen es an Deutlichkeit nie mangelte (wir meinen euch, Passat VR6, W8 und CC). Seit 2017 ist es nun am Arteon, VWs Etablierung in der Oberklasse voranzutreiben. Bisher nur als Schrägheck verfügbar, kommt er jetzt als Shooting Brake. Der kostet knapp 900 Euro mehr als der Fastback, ist zwei Millimeter höher, aber dass sich seine Dachlinie weiter nach hinten reckt, hebt die Innenhöhe im Fond um 4,5 cm und das maximale Ladevolumen um 75 auf 1.632 Liter.
Das sind noch immer 148 Liter weniger als beim Passat Variant, den der Shooting Brake wegen der kleinen, schrägen Heckklappe, der hohen Lade- und Innenkante des Kofferraums und der Stufe bei geklappter Rücksitzlehne in Sachen Geschicklichkeit nicht überbieten kann. Wohl aber im Schick, und darum geht es an dieser Stelle ja auch.
Ein Fond, ganz groß in Norm

Das knappere Raumangebot des BMW entbehrt nicht einer gewissen Vorhersehbarkeit, ist er doch 11,4 cm kürzer. Störender als sein geringeres Ladevolumen ist die zweigeteilte Hutablage, die es herauszurupfen gilt, soll das volle Transportpotenzial genutzt werden. Cleverer: Die Rückbank klappt dreiteilig zur Ebene.
Obgleich der BMW X4 den Arteon in seinem Aufbau überragt, sitzen Erwachsene auf der steillehnigen Rückbank eng unterm Dach, was die Bequemlichkeit mehr einschränkt als der kürzere Normsitzraum – der ufert im VW in eine Weite von 82 cm aus. Vorn unterscheiden sich bei den Kontrahenten weniger Raumfülle und Gediegenheit der Unterbringung als vielmehr die Position. Die breiten, bequemen VW-Sitze integrieren Pilot und Co tief ins mit durchleuchteten Holzpaneelen vertäfelte Cockpit. Die BMW-Besatzung logiert ebenso bequem, doch 15,5 cm emporgehoben im Hochparterre. Seine Erhabenheit zeigt das Interieur auch in seiner Materialgüte, die über jener des VW liegt.
Der hat zum Facelift im Herbst das neue Bedien-Layout des Hauses übernommen. Doch die Wellen der Begeisterung, die sie in Wolfsburg für die theoretischen Vorteile des Systems aufpeitschen, dümpeln matt an die Gestade des Alltags. Die Menüs des Touchscreen-Infotainments sind verschachtelt. Statt echter Tasten gibt es unexakt ansprechende berührsensible Flächen auch für die Regelung von Klima, Abstandstempomat oder die Konfiguration der Assistenz. Und obgleich es ja sein mag, dass der Erfolg gerade langer Ehen darin gründet, dass ein Großteil der Gemeinsamkeiten auf Missverständnissen beruht, hofft man bei der Sprachbedienung doch auf bessere Verständigung.
Verheddert man sich im BMW in der Funktionsfülle des Infotainments, lässt sich das vertrauensvoll mit der Sprachassistenz klären. Zudem aber hat der X4 noch einen Drehdrücker, der oft die schnellste und leichteste Bedienmöglichkeit ist, obwohl es mit Touch-, Gesten- oder Sprachbedienung schon eine ausgeprägte Auswahl an Redundanz gibt.
Ein größeres Assistenz-Ensemble fährt der X4 im Vergleich auch auf, samt dem zu viel Dramatik neigenden Notbremser. Beim VW hat der Spurhalter öfter Mühe, die Spur zu halten. Schließlich bremst er aus 130 km/h mit warmer Anlage nicht so bissig wie der BMW.
Das pass(a)t alles bestens

Nun aber Bahn frei für den großen Hollywood-Anlauf des Arteon. Denn der, heidewitzka, Freunde, also, der fährt ja dermaßen wie – na ja, wie ein Passat. Ja, passt alles, die Präzision der Lenkung, die Verbindlichkeit der Rückmeldung, die Umgänglichkeit des Handlings, die Besonnenheit des Allradantriebs in der Momentenverteilung – alles penibel, informativ, unaufgeregt und ingeniös berechnet. Aber der Heiterkeit unverdächtig.
Bitte nicht falsch verstehen: Der Shooting Brake ist ein hervorragender Wagen, steckt adaptivgedämpft grobe Unebenheiten sacht weg. Aber dann kommen wir auf einer der Testfahrten oben an der Burgruine vorbei, rechts der leere Parkplatz, sacht vereist, mit frischem Schnee überpudert. Ob wir da etwa drauffahren mit den Autos, das ESP ausschalten und probieren, ob das mit dem Herumdriften klappt? Wir? Da müssen wir doch sehr bitten!
Aber nur mal angenommen, wir hätten es gemacht, wäre das rausgekommen: Der VW schnallt den Allrad über die Haldex-Kupplung an, immer sacht verzögert, schubst dabei nie genug Momente nach hinten, um seine enorme Fahrsicherheit zur Ausgelassenheit zu bringen. Derweil wabert eine Puderschneewand den Tannen entgegen, aufgestoben vom X4, der die Kraft so generös an die Hinterräder reicht, dass du es nicht nur während solch seltener Ausschweifungen merkst. Der straffer abgestimmte, in Federungsbelangen nicht so beflissene X4 ist dir immer näher, seine Lenkung inniger bei Präzision, Rückmeldung, vielleicht gar etwas zu präsent in ihrem Ansprechen auf der Autobahn.
Da zieht der Arteon souveräner voran, während sich das Land im Schnellvorlauf wie ein Panorama vor ihm ausklappt. Doch selbst wenn das Tempo ein ambitioniertes Niveau erreicht – nach der Souveränität von 200 PS und 400 Nm fühlt sich der Zweiliter-Diesel nie an. Das mag daran liegen, dass der zweite NOX-Kat die Stelle besetzt, an der einst der zweite Turbo plusterte. Sicher liegt es auch am Getriebe, das seine sieben Gänge etwas trödelig doppelverkuppelt und es selbst im Sport-Modus erstaunlich oft verpasst, den Fahrer mal mit Schlagfertigkeit zu überraschen.
Stimmt, sein Zweiliter-Turbodiesel bringt den 1,9 Tonnen schweren X4 trotz Lader mit variabler Einlass-Geometrie nicht rasanter in Fahrt, und mit 190 PS/400 Nm ist der Antrieb nie eiliger. Aber eilfertiger. Seine Wandlerautomatik hat die passende ihrer acht Stufen immer genau parat, anstatt sie erst aussortieren zu müssen. Der ganze Antrieb wirkt gespannter, während der des VW oft den Eindruck macht, gerade einen kleinen Durchhänger zu haben.
Mit höherer Effizienz lässt sich das nicht erklären. 7,4 l/100 km verbraucht der VW. Im Schiebebetrieb kuppelt das Getriebe aus, lässt den Wagen rollen – das ist es dann an Spartricks. Der X4, schwerer und kantiger im Wind, liegt mit 7,6 l/100 km kaum drüber, weil er mit seinem 48-Volt-Mildhybrid im Eco-Modus nicht nur auskuppelt, sondern dazu den Motor ausknipst. Das funktioniert unauffällig-perfekt und steigert – wie auch der Pendler-Verbrauch zeigt – die Effizienz vor allem im Stadtverkehr.
Überhaupt liegt die Stärke des BMW darin, potenzielle Schwachstellen seines Konzepts clever wegzubügeln. Sogar beim Preis – mit allen testrelevanten Extras liegt er nur ein paar Hundert Euro über dem Arteon, ausstattungsbereinigt kostet der VW insgesamt rund 2.000 Euro weniger. Trotzdem holt der BMW am Ende den Sieg gegenüber – trotz unterschiedlicher Konzepte fällt der Abstand aber gar nicht mal so groß aus.
BMW X4 xDrive20d xLine | VW Arteon Shooting Brake 2.0 TDI 4Motion Elegance | |
Grundpreis | 57.500 € | 59.050 € |
Außenmaße | 4752 x 1918 x 1621 mm | 4866 x 1871 x 1459 mm |
Kofferraumvolumen | 525 bis 1430 l | 565 bis 1632 l |
Hubraum / Motor | 1995 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 140 kW / 190 PS bei 4000 U/min | 147 kW / 200 PS bei 3500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 213 km/h | 230 km/h |
0-100 km/h | 7,5 s | 7,2 s |
Verbrauch | 4,8 l/100 km | |
Testverbrauch | 7,6 l/100 km | 7,4 l/100 km |