Es gibt Autos, denen man sich irgendwie verbunden fühlt. Und Sie werden lachen, aber der S Q7 ist in meinem Fall genau so eins. Nicht weil ich auf SUVehiculare Korpulenz stehe, also höchstens ein heimliches Bisschen vielleicht, sondern vielmehr wegen eines technischen Details – genau gesagt: dem sogenannten EAV, dem elektrisch angetriebenen Verdichter, der so viel spannender ist, als er sich nennt. Kennen (und mögen) gelernt haben wir uns vor einigen Jahren in einem RS-5-Konzeptfahrzeug mit Dreiliter-TDI, das damals direkt als schnellster Diesel aller Zeiten in die Geschichte unserer Hockenheim-Zeiten einging.
Richtig geprickelt hat’s dann beim zweiten Date in Gestalt des TT Clubsport, jenes vogelwilden Showcars, das Audi für die GTI-Beweihräucherung am Wörthersee auf die Räder stellte – und für uns eines Nachts nach Downtown Frankfurt. 600 PS, Fünfzylinder, Sidepipe – ein wunderbarer Abend, aber davon hatte ich Ihnen damals ja bereits erzählt.
Turboloch? Überbrückt!
Jedenfalls steckte in all jenen Technikträgern besagter EAV, und in allen erfüllte er denselben Zweck. Im Grunde ist er ein Notbehelf, ein Krückstock, der die konzeptbedingten Gebrechen des Abgasturbos zu kompensieren versucht. Er sitzt motornah in einem Bypass hinter dem Ladeluftkühler und integriert eine E-Maschine anstelle eines Turbinenrads. Während Phasen geringen Abgasdrucks, zum Beispiel in niedrigen Drehzahlbereichen, wird er aktiviert und überbrückt sozusagen die Zeit bis der oder im konkreten Fall die konventionellen Lader in Schwung gekommen sind.
Der Haken: Um ihn betreiben zu können, wird neben dem üblichen 12-Volt-Bordnetz ein zusätzliches Hochvoltsystem mit 48 Volt Spannung benötigt. Das braucht nicht nur Platz, es wiegt auch. Und: Es kostet, weswegen die Audianer von Anfang an nie einen Hehl daraus gemacht haben, dass die Idee in einem großen Auto in Serie gehen würde.
Dass es dann gleich ein gar so großes werden musste, nun ja, sie werden ihre Gründe gehabt haben. Immerhin sind die ausufernden Rahmenbedingungen kein Hindernis für die Funktionsweise des künstlichen Turbolochstopfers, auch wenn man im D-Modus zunächst eher wenig von ihm spürt.
250 Millisekunden von Fußbewegung bis Turboschub
Grund: die sogenannte Segelfunktion, mit der sich der Achtstufen-Wandlerautomat im Schiebebetrieb vom Motor abkoppelt. Das spart – zumindest theoretisch – Treibstoff, führt aber dazu, dass beide Antriebskomponenten im Moment des Gasgebens erst wieder verbunden werden müssen – logisch. Dummerweise dauert dieser Prozess des Einkuppelns aber deutlich länger als der Ladedruckaufbau mithilfe des EAV, sodass zwischen Aktion und Reaktion nun zwar kein Turboloch mehr klafft, sondern gewissermaßen ein Schleppmoment. Und woher die Verzögerung kommt, ist im Grunde ja wurst.

Schaltet man die Antriebseinheit des Audi SQ7 TDI jedoch auf „Dynamic“ oder in den manuellen Schaltmodus (beides setzt die Segelei außer Kraft), kommt der Effekt der Hybridaufladung zum Vorschein. Weniger als 250 Millisekunden benötigt der E-Verdichter, um auf volle Drehzahl zu beschleunigen. Sprich: Es vergehen nur diese 250 Millisekunden von Fußbewegung bis Turboschub – bloß zum Verständnis: Der Beat eines Popsongs dauert in etwa doppelt so lang. Kurzum: Der V8-TDI hängt im Test megastraff am Gas, reagiert messerscharf und wechselt unmittelbar zwischen den Lastzuständen, während man bei so manch anderem Dieselmotor ja auch heutzutage noch den Eindruck hat, zwischen Pedal und Drosselklappe baumele ein ausgeleiertes Gummiband.
Audi SQ7 TDI in unter 5 Sekunden auf 100 km/h
Zugegeben, im Kontext eines Maxi-SUV klingt das alles erst mal ziemlich absurd. Wir reden hier in einer Tour von Reaktionszeiten in Wimpernschlagdimensionen, von Feinheit im Ansprechverhalten, von hier einen Tick und dort noch einen anderen, dabei hängt am Ende dieser Prozesskette ein 2,5-Tonnen-Ungetüm, dessen viele Masse träge bleibt, schnurzpiepegal ob Befehl und Gehorsam nun ein Stückchen enger zusammenrücken. Dennoch ergibt das Konzept auch in einem Audi SQ7 Sinn. Und vor allem da.
Denn dadurch, dass sich der EAV ja ums Ansprechverhalten kümmert, also um den Druckaufbau, können sich – Obacht, jetzt kommt’s! – die Abgasturbolader aufs Druckmachen konzentrieren. Bedeutet: Sie können größer ausfallen. Und Größe vergrößert Kraft, die wiederum Gewicht kaschiert.
900 Newtonmeter generiert der registeraufgeladene Vierliter mit heißer Innenseite maximal. Und ich kann Ihnen versichern, dass jegliche Trägheit dadurch binnen weniger Umdrehungen wie weggeblasen ist – im wahrsten Sinne des Wortes. Das Ding mag aussehen wie ein Güterwaggon, dampft aber derart lokomotiviert vom Fleck, dass er in unter fünf Sekunden die 100-km/h-Marke niedermäht. Und auch im weiteren Beschleunigungsverlauf bleibt der Vortrieb des Audi SQ7 TDI massiv, das Gefühl von Schub jedoch weicht sukzessive dem des mühelosen Vorankommens. Auf Tastendruck legt der Soundgenerator ein subtiles Wummern über das Brausen des V8, ansonsten reduzieren sich die Indizien der Geschwindigkeit auf minimale Windgeräusche, kontinuierlich kletternde Digitaluhren und die wechselnde Streckenrandkulisse.
Technisch veranlagt wie Lionel Messi
Im Gegensatz zum einstigen Q7 beherrscht der Neue nun auch die Querdynamik, und nicht nur in den Grundzügen. Eine 1.16,6 in Hockenheim ist zwar vielleicht nichts, womit man gleich die Audi-Foren werbebebannern muss, gemessen an seiner grobschlächtigen Vergangenheit gleicht die Performance aber einer Sensation.
Anknüpfungspunkt des SQ7 ist der einstige V12-TDI, jener Überfluss-Asket mit 5,9-Liter-Selbstzünder, lastkräftigen 1.000 Nm, 500 PS und 2,7 Tonnen. Ihn führt der 65 PS hagerere, über 200 Kilo schlankere SQ7 regelrecht vor. Über 3 km/h flinker um die Hütchen, im Schnitt über drei Meter kürzere Bremswege, 3,5 Sekunden schneller auf dem Kleinen Kurs und summa summarum 23 Punkte mehr.

Voraussetzung dafür ist das Fahrwerkspaket „advanced“. Es fettet die 91.900 Euro Grundpreis um deren 5.950 an und enthält neben dem geläufigen Sportdifferenzial (Drehmomentverschiebung entlang der Hinterachse) eine mitlenkende Hinterachse sowie – das Highlight – ein Wankstabilisierungssystem, das wie der EAV vom 48-Volt-Netz gespeist wird und das Fahrwerk elektromotorisch an die Gangart anpasst.
Als Mittel zum Zweck dienen zweiteilige Stabilisatoren. Je nach Modus werden sie entweder voneinander getrennt, was dem Fahrbahnkontakt Lockerheit verschafft, oder verbunden und derart gegeneinander verdreht, dass sich der SQ7 im Kurvenverlauf regelrecht in der Horizontalen verspreizt. Rollbewegungen? Nicht die Bohne, zumindest nicht in den Bereichen, die man mit ihm erreichen kann. Mit anderen Worten: Der Reifengrip gibt stets früher nach als der kinematische Widerstand.
Und genau da landen wir an diesem berühmten wunden Punkt. Den SQ7 plagt im Test eine Diskrepanz zwischen möglicher Dynamik und körperlichen Möglichkeiten. Er ist ein Hochleistungssportler, gefangen in Adipositas – technisch auf dem Niveau von Lionel Messi, anatomisch aber vom Kaliber Calli Calmund – noch immer, trotz respektabler Leichtbauanstrengungen. Unsere Hoffnung daher: Dass Audi die 48-Volt-Basis künftig auch in kompakteren Karosserieformaten unterbringt – und zwar mitsamt aller Systeme, die sie ernährt. Denn auch wenn sich all die Hightech von den äußeren Umständen eines SQ7 nicht in ihrer Wirkungsweise behindern lässt, so verringern sie doch ihre Auswirkung.
Audi SQ7 TDI | |
Grundpreis | 93.400 € |
Außenmaße | 5069 x 1968 x 1741 mm |
Kofferraumvolumen | 890 bis 2075 l |
Hubraum / Motor | 3956 cm³ / 8-Zylinder |
Leistung | 320 kW / 435 PS bei 3750 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,9 s |
Verbrauch | 7,2 l/100 km |