Gründliches Facelift beim Mercedes GLE
Vokabelhefte raus, Mercedes würfelt mal wieder seine Modellbezeichnungen durcheinander. So wird der nächste GLK als GLC zum SUV-Ableger der C-Klasse deklariert, der große GL nennt sich als S-Klasse-Pendant GLS, während der ML auf E-Klasse macht und – richtig – GLE heißt. Das Kuriose: Während Audi den Nachfolger des rund zehn Jahre gebauten Q7 komplett neu entwickelt und quasi nur den Namen beibehält, handelt es sich beim Wechsel von ML auf GLE um ein Facelift.
Wenngleich um ein besonders gründliches: Anstatt es, wie in der Branche oft praktiziert, bei etwas Kosmetik um die Kühlernase zu belassen, geht es dem seit 2011 in dritter Generation gebauten Hochsitz ans Blech, wie der neue Schwung in Kotflügeln und Motorhaube verrät. Hinzu kommen Scheinwerfer mit LED-Lichtern sowie modifizierte Schürzen samt integrierter Auspuffblenden am Heck. Die eigentliche Rohkarosserie bleibt hingegen unangetastet, hier hätten Änderungen langwierige Zulassungsverfahren in sämtlichen Märkten bedeutet. Am Radstand von 2,92 Metern ändert sich daher nichts, die Außenlänge variiert ebenfalls nur unwesentlich.
Mercedes GLE mit neuer Anhängerkupplung
Mit 4,82 Metern Länge spielt der Mercedes GLE rund 25 Zentimeter und damit eine halbe Klasse unter dem Q7, was auf den engeren Straßen Europas vermutlich niemand als Nachteil empfindet. Erwachsene sitzen nämlich dennoch äußerst luftig und freuen sich über bequeme Sitze, eine variabel justierbare Rückbank und freie Sicht zum Himmel durch ein riesiges Panorama-Glasdach. Als anerkannt kompetenter Zugmaschine spendiert Mercedes dem GLE zum neuen Namen eine verbesserte Anhängerkupplung, die elektrisch unter der Heckschürze hervorsurrt und bis zu 3,5 Tonnen verkraftet.
Der Audi Q7 schleppt ebenfalls solch schwere Hänger, vom Raumgefühl im Fond bis zum Kofferraumvolumen fällt bei ihm ansonsten vieles einen Tick üppiger aus: Bei aufrechter Rückbank schluckt er 200 Liter mehr Gepäck als der Mercedes GLE, gegen 1.390 Euro Aufpreis klappen sogar zwei Extrastühle aus dem Kofferraumboden, was den Audi zum Siebensitzer macht. Das Raumangebot vorn sowie die Verarbeitung liegen hier wie dort auf sehr hohem Niveau.
Beim Infotainment geht der Audi Q7 hingegen als klarer Sieger vom Platz: Vom Virtual Cockpit mit Voll-TFT-Display statt klassischer Instrumente über Tablet-PCs als integrierte Rücksitz-Entertainer bis zur umfangreichen Handy-Integration setzt der große Audi nicht nur in seiner Klasse die Maßstäbe. Kompatible Smartphones verbindet er induktiv und damit ohne lästige Kabelverbindung mit seiner Außenantenne und lädt sie dabei gleichzeitig noch auf. Ab September unterstützt die Bordelektronik Apple CarPlay und Android Auto, wodurch sich auf einen Schlag Apps der beiden beliebtesten Handy-Betriebssysteme anzeigen und bedienen lassen. Darüber hinaus unterstützt das LTE-Modul von Audi connect neben den wichtigen Echtzeit-Verkehrsinformationen auch Musik-Streaming-Dienste wie Napster und Aupeo und aktualisiert Navigationskarten online.
Im Vergleich dazu wirkt das Unterhaltungsprogramm im Mercedes GLE konservativer: Zwar nutzt Comand Online inzwischen ein eigenes Mobilfunkmodul für Live-Verkehrsdaten und den Notruf. Für sonstige Internetfunktionen wie das spärliche App-Angebot muss jedoch nach wie vor umständlich ein Mobiltelefon gekoppelt werden, während die Monitore im Fond Bilder der guten alten DVD wiedergeben. Nicht zuletzt geht die Bedienung im Audi leichter von der Hand, da das MMI verzögerungsfrei auf Eingaben reagiert und dessen Riesen-Touchpad wesentlich griffgünstiger gelegen ist als die Berührfläche im Benz, die ausgerechnet den Dreh-Drück-Regler verdeckt.
Verschiedene Fahrabstimmungen für GLE und Q7
Doch die meisten Kunden fahren ohnehin lieber, als dass sie im Internet surfen, weswegen die Mercedes-Entwickler viel Feinarbeit in die Fahrwerksabstimmung gesteckt haben: Gehörte der ML bisher zur komfortablen Fraktion, soll der GLE nicht nur erstklassig federn, sondern ebenso zackig ums Eck wedeln. Erreicht wurde dies über eine besonders weite Spreizung der optionalen Luftfederung und ihrer adaptiven Dämpfer samt variabler Stabilisatoren.
Die verschiedenen Abstimmungen des Mercedes GLE werden über den Dynamic-Select-Schalter in der Mittelkonsole gewählt, der auch die Offroad-Programme aktiviert. Denn nach wie vor gibt es den Benz mit Untersetzung und sperrbarem Mittendifferenzial, weshalb der Große abseits der Straßen dem G in seinem Namen alle Ehre machen soll.
Vergleichsweise agil fuhr der Audi Q7 bisher schon, also widmeten sich seine Entwickler akribisch dem Komfort. So schluckt die Luftfederung übelste Schläge afrikanischer Pisten ebenso geschmeidig wie feine Querrippen. Für mehr Handlichkeit sorgt eine neu entwickelte Lenkung, die um die Mittellage entschlossener anspricht als bisher bei Audi üblich.
Mercedes GLE und Audi Q7 auch als Plug-in-Hybrid
Darüber hinaus gibt es den Audi Q7 optional mit Allradlenkung, die bei geringem Tempo die Handlichkeit verbessern und bei höheren Geschwindigkeiten für mehr Stabilität sorgen soll.
Ohne einem Vergleichstest zuvorzukommen: Die Zeiten vom komfortablen, aber etwas schiffigen Mercedes und dem zackigen, jedoch überstraffen Audi könnten allmählich vorbei sein. Zumindest in ihrer Fahrwerksphilosophie nähern sich die beiden Marken an.
Ähnlichkeiten auch beim Preisniveau: Mit Sechszylinder-Diesel kostet der Mercedes GLE (258 PS, Neungangautomatik) 60.750 Euro, der Audi Q7 (272 PS, Achtgangautomatik) gerade einmal 150 Euro mehr. Für 2016 verspricht Audi gleich zwei e-tron genannte Plug-in-Hybride mit über 50 Kilometern elektrischer Reichweite. Das Elektromodul setzt dabei sowohl einen Vierzylinder-Benziner als auch einen Sechszylinder-Diesel auf Diät.
Einen Plug-in-Hybrid wird es auch für den GLE geben. Mercedes kombiniert seinen 333 PS starken V6-Benziner mit einem 85 kW kräftigen E-Motor und nennt ihn 500 e. Die Sparvariante soll der Dynamik des Achtzylinders in nichts nachstehen. Ansonsten bleibt es vom Vierzylinder-Diesel und Heckantrieb bis zum AMG-V8 bei den modifizierten Antrieben aus dem ML. Und falls Sie Ihr Vokabelheft noch offen haben: Diesel heißen zukünftig nicht mehr Bluetec, sondern tragen nur noch ein kleines d am Heck.
Mercedes GLE 350 d 4Matic | Audi Q7 3.0 TDI Quattro | |
Grundpreis | 65.331 € | 64.400 € |
Außenmaße | 4819 x 1935 x 1796 mm | 5052 x 1968 x 1741 mm |
Kofferraumvolumen | 690 bis 2010 l | 890 bis 2075 l |
Hubraum / Motor | 2987 cm³ / 6-Zylinder | 2967 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 190 kW / 258 PS bei 3400 U/min | 200 kW / 272 PS bei 3250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 225 km/h | 234 km/h |
Verbrauch | 7,3 l/100 km | 5,9 l/100 km |