Die Landschaft wischt auf unseren Bildern häufig an den Autos vorbei. Das liegt daran, dass unsere Fotografen das Empfinden von Geschwindigkeit in Bildern ausdrücken können. Doch manche Autos brauchen keine lichtbildenden Künstler, um die Bäume und Sträucher wischen zu lassen; ihnen reicht für diese Imagination eine enorm große Portion Drehmoment. So wie dem Alpina XD4 und dem Audi S Q5 .
Sollte Ihr prinzipielles Begehren hinsichtlich SUV merklich abgekühlt sein, weil damit nach Hinz längst auch Kunz durch die Gegend fährt, dann könnten diese beiden Modelle wieder das Feuer in Ihnen entfachen. Denn die hier getestete Crème de la Crème ist schlicht zu teuer, um in die Masse zu gehen: Audi ruft mindestens 68.900 Euro auf, und beim Alpina beginnt die Konfiguration bei 83.300 Euro.
Griffsympathisch
Dafür gibt es jenen Druck auf dem Motorkessel, der Landschaften vorbeiwischen lässt. Und es gibt jene Exklusivität, die einen SUV-Fahrer zum Ersten unter Gleichen macht. Das gilt für den Audi, weil ihn das S-Abzeichen aus dem Heer der Q5 heraushebt. Und es gilt noch viel mehr für den XD4, weil er eben nicht nur ein BMW, sondern sogar ein Alpina ist.
Der XD4 läuft bei BMW nach Vorgaben von Alpina mit den zugelieferten Teilen wie Motor, Getriebe, Software, Innenausstattung, Fahrwerk und Rädern vom Band und wirkt genauso stimmig wie jedes Standardmodell – in mancher Hinsicht sogar besser, etwa beim Lenkrad mit dem sogenannten Lavalina-Leder. Es ist weniger stark beschichtet und damit griffsympathischer als Großserien-Kuhhäute. Dafür spendieren wir einen Extrapunkt bei der Verarbeitungsqualität.

So rückt der Alpina auf das Niveau des Audi auf. Dass er dennoch im Karosserie-Kapitel deutlich zurückbleibt, liegt am Fahrzeugkonzept: Der XD4 ahmt die Dachform eines Coupés nach, was Nachteile mit sich bringt – den schwierigeren Einstieg nach hinten etwa, die schlechtere Übersichtlichkeit beim Rückwärts einparken und Einbußen beim maximalen Laderaum.
Nichts mit dem Coupédach zu tun hat die geringe Zuladung, die Reiseambitionen einschränkt: Mit vier kräftigen Mannsbildern besetzt, wäre der Spielraum des XD4 bereits ausgeschöpft; einiges Gepäck müsste zu Hause bleiben. Ob deshalb das Fahrwerk eher für die Landstraße ausgelegt wurde? In Sachen Fahrkomfort kann der XD4 jedenfalls nicht mit den hauseigenen Limousinen mithalten. Wie ja generell SUV straff gefedert sind, um das Wanken des hohen Aufbaus im Zaun zu halten.
Im speziellen Falle des Alpina-Testwagens kommen optionale Alufelgen der Dimension 22 Zoll hinzu, die man früher dem „Pimp my Ride“-Umfeld zugeordnet hätte. Dass der Alpina damit auf Autobahnquerfugen hölzern anspricht, sollte nicht verwundern. Schließlich trifft jede Art der Unebenheit zuallererst auf die Reifen. Im Falle der Niederquerschnitts-Vertreter ergibt wenig Flanke samt wenig Luftpolster eben wenig Anfedern.

Folglich zieht es ihn eher auf die Landstraße, denn dort wertet man die tiefgründige Berichterstattung aus dem Fahrwerk als positiv. Man wird stets über die Struktur der Asphaltdecke auf dem Laufenden gehalten, fühlt sich direkt ans Chassis gebunden und lächelt über das subtil mitlenkende Heck in euphorisch genommenen Kurven. Hier beweist der XD4 einen hohen Entertainment-Faktor. Nur die inhomogene Lenkunterstützung irritiert leicht – das spürbare Einsetzen des zupackenden Helfers fiel uns jüngst schon bei einigen BMW-Modellen auf.
Uneingeschränkte Begeisterung weckt dagegen das Ansprechverhalten des Triebwerks: ein Dreiliter mit – aufgemerkt! – vier Turboladern. Zwei kleine schaufeln bei niedrigen Drehzahlen, die beiden großen schuften bei hohen. Dass der Reihensechszylinder selbstzündet, hängt er akustisch nicht an die große Glocke, schnurrt meist teillastig.
Das Wissen um seine Kraft umwölkt den Alpina mit unterschwelliger Überlegenheit. Sie wird vordergründig, sobald man den rechten Fuß streckt. Dann rotieren die Lader, und das Drehmoment eskaliert – bis auf 770 Nm, die schon deshalb ein Grinsen auslösen, weil sie die Wangen nach hinten ziehen. Die lässige Art, wie der Alpina Vortrieb marginalisiert, ist Manifestation von echtem Antriebsluxus.
Dunkles Turboloch
Auch im Audi sechszylindert der V6 mehr, als dass er dieselt. Auf Knopfdruck gesellt sich künstliches V8-Grummeln hinzu, das leider nicht nur den Innenraum, sondern auch die Außenwelt beschallt. Mit 700 Nm drückt der SQ5 kaum weniger als der XD4, lässt das Drehmoment aber nur von einem einzigen Turbolader aufbauen, den ein elektrischer Verdichter in der Ansaugstrecke unterstützt. Theoretisch eine geschmeidige Lösung. Und praktisch?
Schon häufig haben wir kritisiert, dass Audi-Motoren seit der Abstimmung auf das WLTP-Testverfahren nur missmutig auf Leistungsanforderung reagieren. Auch der SQ5 tappt zunächst im dunklen Turboloch umher, bis er den Ausgang findet. Beim Anfahren scheint ihn ein unsichtbares Gummiband festzuhalten, bevor er losschnalzen darf.

Die Automatik versucht servil, den Motor im saftigen Bereich zu halten, schaltet bemüht, will der Verbrenner-Lethargie auf die Sprünge helfen. Das alles dämpft die Drehmoment-Euphorie, die das 700-Nm-Versprechen auslöst – man erwartet in sich ruhende Durchzugskraft, erhält aber stattdessen Drehzahl-Aktivismus. Auf der Landstraße stockt damit das flüssige Fahren – obwohl der Audi leichtfüßiger als der Alpina wirkt (was er auf der Waage auch ist), trotz indifferenter Rückmeldung spontan einlenkt und mit Straffheit auf langen Bodenwellen durchaus tough erscheinen will.
Doch ihm fehlt die direkte Anbindung des XD4. Dafür behandelt der mit 21 Zoll beräderte SQ5-Testwagen seine Passagiere auf Autobahn-Unebenheiten zuvorkommender als auf der Landstraße. Den Bonus im Komfort-Kapitel holt er allerdings nicht über die Dämpfkompetenz, sondern über seine bequemeren und besser ausgeformten Rücksitze. Wie er auch das Sicherheits-Kapitel nicht beim Bremsen holt, sondern mit einer umfangreicheren Ausstattung an Assistenzsystemen.
Mit dem Vorsprung im Karosseriebereich bringt das dem SQ5 den Sieg in der Eigenschaftswertung – obwohl sein Dreiliter mit Ladehemmungen laboriert, entsprechend langsamer beschleunigt und durchzieht. Wobei zu seinen Gunsten erwähnt werden soll, dass der leistungsschwächere Audi im Testmittel etwas weniger Diesel als der Alpina verbraucht. Das bringt ihm zudem Vorteile beim Thema Emission.
Die Kosten
Bleibt das Kosten-Kapitel. Hier bewerten wir zunächst den Grundpreis des Testwagens samt all jenen Optionen, die für die Bepunktung in der Eigenschaftswertung relevant sind – beim Audi etwa Luftfederung, Akustikverglasung, Sportdifferenzial und Virtual Cockpit. Selbst mit diesen Extras ist er deutlich günstiger als der Alpina.
Direkt danach aber kommen wir zur serienmäßigen Ausstattung, bei der der Alpina vorlegt. Die Unternehmerfamilie Bovensiepen aus Buchloe im Allgäu lässt sich nicht lumpen und schickt ihre Autos so gut ausgerüstet zum Kunden, dass der Markenspruch „Hersteller exclusiver Automobile“ in Form einer Plakette zu Recht jedes hauseigene Modell schmücken darf. So auch den XD4.
Angebracht ist sie übrigens in der Mittelkonsole. Ob sie wohl der Selbstvergewisserung des Käufers dienen soll? Er fährt zwar nur den Zweitplatzierten in diesem Test, darf sich aber sicher sein, eine erstklassige Wahl getroffen zu haben.
Audi SQ5 | Alpina XD4 | |
Grundpreis | 67.163 € | 89.100 € |
Außenmaße | 4671 x 1893 x 1635 mm | 4751 x 1927 x 1615 mm |
Kofferraumvolumen | 510 bis 1550 l | 525 bis 1430 l |
Hubraum / Motor | 2967 cm³ / 6-Zylinder | 2993 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 255 kW / 347 PS bei 3850 U/min | 290 kW / 394 PS bei 4000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 268 km/h |
0-100 km/h | 5,4 s | 4,8 s |
Verbrauch | 6,6 l/100 km | 7,2 l/100 km |
Testverbrauch | 9,2 l/100 km | 9,4 l/100 km |