Alle Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) könnten seit 2009 ungültig sein. Zu dieser Einschätzung kommt das Justizministerium von Baden-Württemberg.
Ein Brief aus dem Haus von Justizminister Guido Wolf (CDU) an den Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) legt eine entsprechende Auffassung nahe. Dieser Brief liegt exklusiv der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vor. Im Zuge dieser Korrespondenz teilte das Landesverkehrsministerium die Einschätzung aus dem Justiz-Ressort auch der Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium Tamara Zieschang mit. Darin heißt es, "dass die Straßenverkehrsordnung vom 16. November 1970 weiterhin gelte" – und zwar in der Fassung vom August 2009.
Gilt die StVO von 2013 noch?
Wie schon bei der jüngsten Änderungen der StVO von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) soll auch bei der gesamten Neufassung der Straßenverkehrsordnung vom März 2013 der Hinweis auf den Paragrafen 6 des Straßenverkehrsgesetzes fehlen. In diesem Gesetz ist die Ermächtigung zum Erlass von Vorschriften und Ordnung auf öffentlichen Straßen geregelt. Und dieses Zitat soll laut dem Schreiben aus dem baden-württembergischen Justizministeriums fehlen. Die Folge ist, dass "weiterhin die bis zum 31. August 2009 geltende Rechtslage anzuwenden wäre".
Landesverkehrsminister Hermann bittet seinen Kollegen Scheuer nun um Aufklärung. "Angesichts der möglichen Auswirkungen auf aktuelle Rechtsetzungsverfahren wird um rasche Prüfung der dargelegten Fehler sowie der Auswirkungen auf die Praxis gebeten", heißt es in dem Brief an die Bundesregierung. Nach Auffassung des Bundesverkehrsministeriums leidet die Verordnung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 nicht an einem Zitierfehler.
Rechtskräftige Entscheidung gelten weiterhin
Die Auswirkungen: Laut NOZ müssten, wie es aus anderen Länderministerien heißt, die Folgen auf schwebende Verfahren wie bei Einsprüchen oder längeren Gerichtsverfahren geprüft werden. Alle abgeschlossenen Verfahren und Bußgeldbescheide seien rechtskräftig. Davon geht auch das niedersächsische Justizministerium aus. "Rechtskräftige Entscheidungen sind nur unter sehr engen Voraussetzungen angreifbar; dies wäre im Einzelfall zu prüfen", hieß es in Hannover.
Ein exakte Anzahl, wie viele Verfahren aus den Vorjahren noch offen sind, gibt es aktuell nicht. Dem Zeitungsbericht zufolge gehen Verwaltungsfachleute von einer relevanten Anzahl aus.
Fazit
Das Zitiergebot hat in der Vergangenheit schon so manche StVO-Änderung rückgängig gemacht. Bereits 1999 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine entsprechende Verordnung, in dem das Zitiergebot verletzt ist, nichtig sei. 2009 wurde eine Verordnung zu Verkehrsschildern vom damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ebenfalls wegen dieses Formfehlers kassiert.
Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen auto motor und sport eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.