Das VW-Werk im sächsischen Zwickau ist die erste Autofabrik der Welt, die die Transformation von einer Fertigungsstätte für Autos mit Verbrennungsmotor zu einem reinen Elektroauto-Standort geschafft hat. Für diese Anstrengung, die auch den meisten anderen Autofabriken weltweit bevorsteht, hat VW 1,2 Milliarden Euro investiert und sämtliche Mitarbeiter zuerst von ihrer neuen Tätigkeit überzeugt und dann für die Produktion geschult. Seit dem 27. Juni 2020 läuft in Zwickau kein Verbrennungsmotor-Fahrzeug mehr vom Band – bereits Ende 2019 begann mit dem ID.3 die Fertigung von Elektrofahrzeugen. Inzwischen kommen auch der VW ID.4, der Cupra Born, der Audi Q4 e-tron und seit zwei Wochen auch der ID.5 aus dem Werk. Aber der Bedarf an Elektroautos ist aktuell so hoch, dass VW ihn nicht befriedigen kann. Als Sofortmaßnahme teilen die Wolfsburger deshalb seit dem 4. Februar 2022 ihren Händlern ID.3 und ID.4 nur noch per Quote zu.

Kein Problem mit Chipmangel
VW-Händler, die im Jahr bis zu 199 Fahrzeuge verkaufen, bekommen gerade mal fünf ID.3 und sechs ID.4 – die beiden Elektromodelle machen dann also 5,53 Prozent der Gesamtverkaufszahl aus. Wer über 1.000 Fahrzeuge verkauft, darf 35 ID.3 und 50 ID.4 anbieten – das sind zwar immerhin 8,5 Prozent der Gesamtverkaufszahl, absolut gesehen aber natürlich eher wenige Autos. Auffällig an der Quotierung ist, dass Händler, die nur bis zu 199 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen, eine prozentual deutlich höhere Quotierung bekommen als Händler, die jährlich bis 499 (3,8 Prozent) oder 999 (4,0 Prozent) Fahrzeuge absetzen. Und bei der Quote von 8,5 Prozent für Händler die mehr als 1.000 Fahrzeuge verkaufen, ist zu bedenken, dass die Quote mit jedem weiteren verkauften Fahrzeug sinkt. Mit dem die Autoindustrie seit über einem Jahr peinigenden Chip-Mangel hat die Quotierung nichts zu tun – die Produktion von Elektroautos hat bei der Zuteilung von Prozessoren bei VW Vorrang.
Quoten wegen Großbestellungen
Die Fahrzeug-Zuteilung nach Quoten ist für den Handel grundsätzlich nichts Neues, sondern bei stark nachgefragten Modellen gängige Praxis. Bei der Markteinführung des ID.3 hatten sich beispielsweise die Händler selbst für eine Quotierung eingesetzt – Hersteller und Händler möchten mit solchen Bestell-Obergrenzen eine ausgewogene Verteilung der begehrten Fahrzeuge im Handel und für die Kunden erreichen. Dieses Gleichgewicht haben in der jüngsten Vergangenheit Flottenkunden gestört: Durch Großbestellungen in Höhe von 1.000 und mehr ID.3 und dessen SUV-Variante ID.4 konnte der entsprechende Händler keine Privatbestellungen mehr annehmen. VW will mit der Quotierung erreichen, dass die beiden Elektroautomodelle auch Privatkunden zur Verfügung stehen. Deshalb gibt es auch keine Quotierung für den ID.5 : Die SUV-Coupé-Version des ID.4 ist kein Flottenfahrzeug. Alle Details zum ID.4 finden sich in der Bildergalerie!

Erweiterung der Produktion
Für den deutschen Markt laufen ID.3 und ID.4 aktuell ausschließlich in Zwickau vom Band. Zur Erweiterung der Produktion rüstet VW sein Werk im niedersächsischen Emden um – die Produktion des Passat Variant geht ins slowakische Bratislava, wo auch der Octavia vom Band läuft, mit dem sich der Passat eine Baugruppe teilt. Ab dem Frühjahr soll in Emden die Produktion des ID.4 beginnen, was die Produktionssituation ebenso entspannen könnte, wie der für 2023 geplante Produktionsstart des ID.3 am VW-Stammwerk im niedersächsischen Wolfsburg. Für den chinesischen Markt entstehen die Modelle in den Werken Foshan (FAW-Volkswagen) und Anting (SAIC Volkswagen), für den US-Markt rüstet VW sein Werk in Chattanooga (US-Bundesstaat Tennessee) um – dort endet gerade die Produktion des US-Passat, die großen SUV Atlas und Atlas Sport laufen aber weiter vom Band.

Lange Lieferzeiten
Unabhängig von den Quoten gibt es bei den VW-Elektromodellen aktuell längere Lieferzeiten: Auf den ID.5 müssen Kunden zirka vier Monate warten, beim ID.4 verstreichen neun Monate, beim ID.3 muss sich der Kunde sogar mehr als neun Monate gedulden. Die Produktion des ID.3 ist für 2022 allerdings noch nicht ausverkauft: Wer jetzt bestellt, bekommt sein Auto noch in diesem Jahr. Wer ab Ostern bestellt, muss dann allerdings damit rechnen, erst 2023 beliefert zu werden. Wem es eine Nummer kleiner reicht: Den e-Up hat VW für dieses Frühjahr wieder ins Programm genommen, nach dem das Werk in Bratislava die 16 Monate Bestellstau abgearbeitet hat.