Volvo ist bekannt für seine umfassende Sicherheitsphilosophie. Zuletzt sorgten die Schweden mit der Mitteilung für Aufsehen, dass ab dem Modelljahr 2021 kein Volvo mehr schneller als 180 km/h laufen soll. Sämtliche Neuwagen der Marke werden ab diesem Zeitpunkt mit dem elektronisch einprogrammierten Tempobegrenzer ausgeliefert, der auch nicht gegen Aufpreis entfernt werden kann. "Wenn jemand schnell Zickzack auf der Autobahn fahren will, dann sollte er lieber ein anderes Auto als Volvo fahren! Wir wollen attraktiv für Menschen sein, denen Sicherheit wichtig ist!", betont Volvo-Chef Håkan Samuelsson. Hintergrund dieser Maßnahme ist die von Volvo "Vision 2020" getaufte Entwicklung, nach der möglichst ab 2020 niemand mehr in einem neuen Volvo-Modell getötet werden soll.
Drei Themenfelder, die Leben gefährden
Im Zentrum dieses Entwicklungsprogramms stehen drei große Themenfelder, für die Volvo einzelne Lösungen erarbeitet hat: 1. Geschwindigkeit. 2. Ablenkung. 3. Alkohol- und Rauschmittel. Jetzt hat Volvo weitere Bausteine bekanntgegeben. Neben der bereits kommunizierten 180 km/h-Grenze für alle neuen Volvo adressiert auch der neue Care Key das Thema Geschwindigkeit. Dabei lässt sich ein "Familienschlüssel" definieren, der das Fahrzeug auf eine vom Besitzer festlegbare Höchstgeschwindigkeit drosselt, wenn er den Wagen an Familienangehörige oder Freunde verleiht. Dieser neue Schlüssel wird ab dem Modelljahr 2021 bei jedem Volvo-Neuwagen serienmäßig sein. Bekannt ist diese Idee auch bereits von Fahrzeugen anderer Hersteller vornehmlich für den US-Markt, wo in den Limits des Gast-Schlüssels teilweise sogar die maximale Lautstärke des Soundsystems festgelegt oder die maximale Motorleistung begrenzt werden kann.
Das System reagiert, wenn ernsthafte Unfälle drohen
Beim Thema Ablenkung und Alkohol- bzw. Drogen planen die Schweden den sicherlich radikalsten Ansatz: ein neues Fahrerüberwachungssystem. Das kann mit Hilfe von Kameras und allen im Innenraum zur Verfügung stehenden Sensoren erkennen, ob der Fahrer zum Beispiel durch sein Smartphone abgelenkt ist, betrunken am Steuer sitzt oder möglicherweise aus medizinischen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seinen Volvo sicher zu steuern und Unfälle mit ernsthaften Folgen drohen.

Dann reagiert das System zunächst mit klassischen Warnsignalen, nimmt in einer zweiten Eskalationsstufe einen Mitarbeiter eines Volvo-Callcenters hinzu, der im Fahrzeug anruft und reduziert anschließend vielleicht auch die Geschwindigkeit. Hilft das alles nichts, zieht das Fahrzeug seinen Fahrer im wahrsten Wortsinn aus dem Verkehr, indem es sich selbstständig einen sicheren Parkplatz sucht und die Fahrt beendet.

Das klingt radikal und ist es auch. Weil Volvo damit der erste Autobauer ist, der die Insassen seiner Fahrzeuge filmt und darauf gleichzeitig ein System aufbaut, das in der Lage ist, den Fahrer zu überstimmen. "Wir haben jetzt die Technologie, um das zu tun!", erklärt Håkan Samuelsson der darin allerdings vor allem ein Gesprächsangebot an Kunden und Mitbewerber sieht. "Haben wir das Recht dazu, den Fahrer in solchen Situation zu überstimmen? Oder haben wir vielleicht die Pflicht?" Die Frage ist so spannend, wie sie philosophisch ist. Samuelssons Haltung ist aber klar: "Wenn wir damit auch nur ein Menschenleben retten, dann ist es das wert!" Wie so häufig klingt das aber erschreckender, als es tatsächlich ist. Denn: Das System wird laut Volvo sehr wohl zwischen Fahrspaß und einer ernsthaften Gefahrensituation unterscheiden können. Heißt: Wer die eine oder andere Kurve schneidet oder für einen kurzen Moment die Augen nicht auf der Straße hat, muss keine Eingriffe seines Autos fürchten.
Geofencing und Android an Bord
Wichtig in Sachen Datenschutz: Die im Fahrzeug eingesetzten Kameras (aktuell sind es sechs Stück), zeichnen nichts auf. Sie erfassend lediglich das Verhalten des Fahrers, das dann ein extrem leistungsfähiger Computer analysiert und daraus Handlungen ableitet. What happens in an Volvo, stays in an Volvo. Immerhin. Die neue Fahrerüberwachung soll künftig in allen neuen Volvo-Modellen installiert werden. Serienmäßig. Den Start macht die nächste Generation des auf der weiterentwickelten SPA2-Plattform aufbauenden Volvo XC90, der voraussichtlich Ende 2021 präsentiert wird und 2022 auf den Markt kommt. Bis dahin wird auch ein weiterer Sicherheitsbaustein einsatzfähig sein: Geofencing. Heißt vereinfacht: Erkennt ein Volvo, dass er sich vor einer Schule, einem Altenheim, einem Krankenhaus oder einem Kindergarten befindet, regelt er automatisch die Geschwindigkeit runter. Weil "Sicherheit für alle gelten muss!", erklärt Jan Ivarsson, der stellvertretende Direktor von Volvos Sicherheitszentrum.
Neben den neuen Sicherheitssystemen hat Volvo auch bekannt gegeben, sowohl die neuen Volvo-Modelle als auch Fahrzeuge der E-Tochter Polestar künftig auf das Android-Betriebssystem umzustellen. Erster Volvo mit Android wird der elektrisch angetriebene Volvo XC40, der in der zweiten Jahreshälfte 2019 seine Weltpremiere feiert.