Verbotene Nummernschilder: Diese Autokennzeichen gehen zu weit

Verbotene Nummernschilder
Diese Autokennzeichen gehen zu weit

Die Linke will fragwürdige Kennzeichen abschaffen.

Es ist nicht überliefert, wie die Person heißt, die kürzlich den Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf verlor. Auch das Geburtsjahr bleibt im Dunkeln. Bekannt ist dagegen, dass der Fahrzeughalter ein Auto im Landkreis Viersen (VIE) mit der Buchstaben-Zahlen-Kombination „HH 1933“ auf dem Kennzeichen zugelassen hatte. Das Straßenverkehrsamt hatte das Wunschkennzeichen zunächst durchgehen lassen, zog es nach einer Bürgerbeschwerde allerdings wieder ein. Dagegen klagte der Fahrzeughalter. Mit dem Ergebnis, dass das VG Düsseldorf die Entscheidung des Straßenverkehrsamtes bestätigte und das Kennzeichen eingezogen bleibt (Az.: 6 L 175/19).

„Nicht gegen die guten Sitten verstoßen“

Nach Auffassung des Gerichts assoziiere der durchschnittliche Bürger „HH 1933“ mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich. Denn 1933 ist das Jahr, das für die Machtergreifung der Nationalsozialisten stehe. Und „HH“ ist eine Abkürzung des im Dritten Reich üblichen Grußes „Heil Hitler“, die auch heute noch in der rechtsextremistischen Szene verwendet wird.

Wenn Autokennzeichen verboten oder nicht vergeben werden, dann mit Verweis auf Paragraf 8, Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung. Darin heißt es, dass die Kombination aus Buchstaben und Zahlen „nicht gegen die guten Sitten verstoßen“ dürfen. Genauer definiert es das Gesetz nicht. Was konkret verboten ist, regeln die Bundesländer für sich – und das erstaunlich unterschiedlich. Einig sind sie sich aber in einer Hinsicht: Offensichtliche Bezüge zum Nationalsozialismus sind auf Autokennzeichen im ganzen Land nicht erlaubt. HJ, KZ, SA und SS sind überall ein No Go.

„S-EX“ ist erlaubt, „N-SU“ nicht

Doch dann wird es schwammig. Durchaus möglich, dass manche Zulassungsstellen die Kombination aus „AH“, „HH“, „18“ und „88“ erlauben und andere nicht. Dahinter verbergen sich die Initialen von Adolf Hitler sowie das zuvor erwähnte Gruß-Kürzel bzw. die jeweiligen Positionen im Alphabet als symbolischer Code für diese. Rheinland-Pfalz zum Beispiel verbietet nicht nur diese, sondern auch „SD“ – ein Kürzel, das für den Sicherheitsdienst der SS stand. Der Landkreis Steinburg-Itzehoe in Schleswig-Holstein lässt kein Kennzeichen mit „IZ-AN“ zu, weil sich rückwärts gelesen „NA-ZI“ ergibt. Im Saalekreis werden Autokennzeichen mit der Kombination „SK-IN“ nicht erlaubt – man kann sich denken warum. Nürnberg gibt seit geraumer Zeit keine Kennzeichen mehr aus, die mit „N-PD“ oder „N-SU“ beginnen.

Bei anderen Themen sind die Straßenverkehrsämter inzwischen liberaler als früher. Beispiel Stuttgart: „S-EX“ war zwischendurch nicht erlaubt, inzwischen aber schon – und wird immer beliebter. Genau wie „S-AU“, „S-OS“ oder „S-KY“. Auch Bad Segeberg in Schleswig-Holstein hat kein Problem damit, „SE-XY“ Kennzeichen zu vergeben. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass die Kommunen mit kostenpflichtigen Wunschkennzeichen durchaus relevante Summen für die Stadtkasse verdienen. Stuttgart nahm 2015 laut „Bild“ fast 600.000 Euro allein damit ein.

Nazi-Codes im Edeka-Werbespot

Welch hohe Wellen mehr oder weniger offensichtliche rechtsextreme Codes auf Autokennzeichen schlagen können, zeigte sich zum Jahresende 2016. Anlass war ein Werbespot der Handelskette Edeka, in dem ein Volvo mit dem Kennzeichen „MU-SS 420“ zu sehen war. Sabine Bamberger-Stemmann, Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg, erkannte darin gleich zwei Symbole: Neben „SS“ sei die 420 „eine aus dem angelsächsischen Raum stammende, in rechten Kreisen auch hierzulande gängige Abkürzung für Hitlers Geburtstag am 20. April“, sagte sie damals im Interview mit dem „Manager Magazin“.

Komplizierter wird es bei einem zweiten Kennzeichen, das in dem Spot zu sehen ist: „SO-LL 3849“. „Die Zahl 84 steht für ‚Heil Deutschland‘. Sie ist umrahmt von den Zahlen 3 und 9. Die 39 steht für “Christliche Identität„ oder ‚Christian Identity‘“, sagte Bamberger-Stemmann damals. Das bedeute in rechten Kreisen im Umkehrschluss Antisemitismus. Edeka sprach damals von einem Versehen und entschuldigte sich. Ob Absicht oder nicht: Im normalen Leben hätte das „MU-SS“-Kennzeichen kein Landkreis durchgehen lassen, dass „SO-LL“-Nummernschild dagegen schon.