Spritfresser sollen bei CO₂-Strafen nicht einberechnet werden

Kritik an VDA-Forderung nach CO₂-Persilschein
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Will die Autoindustrie die Klimaziele untergraben?

CO2 Abgas Auspuff © deepblue4you via Getty Images 11 Bilder

Nicht die gesamte Flotte sollte am Anfang betrachtet werden, sondern nur 90 bis 95 Prozent. Dadurch könne man die CO₂-Grenzwerte einhalten und somit Strafzahlungen vermeiden. Das fordert aktuell der Verband der Automobilindustrie (VDA). Kritik an den Plänen kommt vom ADAC und vom Umweltbundesamt.

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Die Europäische Kommission will der Autoindustrie in diesen schwierigen Zeiten zur Seite springen. Doch bislang ist nicht klar, wie sie das machen will. Es wurde zuletzt immer davon gesprochen, dass die Strafzahlungen ausgesetzt werden sollen. Dagegen hat sich in der Öffentlichkeit viel Widerstand geregt. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte dazu am Mittwoch (19. Februar 2025) einen Vorschlag gemacht, der bei allen Parteien gut ankommen sollte. Doch inzwischen regt sich erste Kritik an der Idee.

Spritschleudern fallen weg

Dem VDA zufolge könnte die EU-Kommission kurzfristig die Strafzahlungen vermeiden, indem sie nicht auf die komplette Flotte den Blick richtet. "Phase-In" nennt der VDA diesen Vorschlag, der zuletzt bereits 2020 bei der letztmaligen Zielverschärfung zur Anwendung kam. Heißt: Nur 90 bis 95 Prozent der Herstellerflotte sollte in den Jahren 2025 und 2026 analysiert und zur Berechnung herangezogen werden. So könne man die CO₂-intensiven Spitzen, verursacht durch Spritschlucker, streichen. Das würde schon reichen, um die CO₂-Grenzwerte 2025 und 2026 einzuhalten, heißt es.

So würde gewürdigt, dass mit einem Großteil der Flotte bereits die Grenzwerte eingehalten werden. Ob das die EU auch so sieht, bleibt abzuwarten. Erst am 5. März werden die Karten auf den Tisch gelegt. Der VDA-Vorschlag hat aber gute Chancen, denn die EU hat durchblicken lassen, der Industrie bei den Strafzahlungen entgegenzukommen.

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Laut VDA müssten in der aktuellen Krise auf jeden Fall Zusatzbelastungen in Form von Strafzahlungen vermieden werden, um die Investitionen in die Transformation der Automobilindustrie, den Hochlauf der E-Mobilität und die digitale Vernetzung der Fahrzeuge nicht zu gefährden. "Die Reviews der beiden Regulierungen für Pkw und Nutzfahrzeuge sollten auf das Jahr 2025 vorgezogen und der Fortschritt regelmäßig politisch überprüft werden. Nur auf dieser Grundlage kann gewährleistet werden, dass die dringend notwendigen Anpassungen der Rahmenbedingungen erfolgen", fordert VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Um in der aktuellen Krise zusätzliche Belastungen für die Industrie abzuwenden und die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen nicht noch weiter einzuschränken, muss die EU-Kommission zudem kurzfristig tätig werden und ein klares Signal setzen, die für das Erreichen der Ziele notwendigen Flexibilitäten zu schaffen."

Mehr Flexibilität der EU gefordert

Was mit Flexibilitäten gemeint ist, dazu liefert der VDA ebenfalls die Antworten. Der Verband wünscht sich, die geplante Anpassung des sogenannten "Utility Factor" auszusetzen, "um den positiven Beitrag von PHEVs zum Klimaschutz anzuerkennen". Ein weiterer wichtiger Hebel sei die Berücksichtigung der durchschnittlichen CO₂-Minderungswirkung erneuerbarer Kraftstoffe, da aktuell Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor unabhängig vom getankten Kraftstoff als 100 Prozent fossil betrachtet würden.

© Mercedes
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Aus Brüssel ist bislang nichts Konkretes dazu zu vernehmen, nur Gerüchte. Und diese besagen, dass die EU-Kommission der Anrechnung der CO₂-neutralen Kraftstoffe und einer stärkeren Berücksichtigung der Plug-in-Hybride (PHEV) nicht abgeneigt ist.

UBA und ADAC kritisieren VDA-Pläne

Konkrete Kritik kommt dagegen aus anderer Richtung. "Wenn bei den EU-Flottenzielwerten für neue Pkw die Fahrzeuge mit den höchsten Verbräuchen ausgeklammert werden, kommt es zu einer deutlichen Aufweichung der zum Klimaschutz wichtigen Vorgaben", sagt Dr. Martin Lange, Fachgebietsleiter für Verkehr im Umweltbundesamt (UBA). Wenn man die im letzten Jahr in Deutschland zugelassene Flotte zugrunde lege, würde vom fest eingeplanten Klimaschutzbeitrag nur etwa ein Drittel übrig bleiben. Gleichzeitig würde für die Hersteller der Anreiz abnehmen, mehr E-Autos auf die Straßen zu bringen, die jedoch dringend benötigt würden, um die Klimaziele zu erreichen. "An den bestehenden EU-Vorgaben sollte daher unverändert festgehalten werden", so Lange weiter.

© Chesnot via Getty Images
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Der ADAC kritisiert die VDA-Pläne ebenfalls. "Der ADAC hält es grundsätzlich für richtig, dass alle Neufahrzeuge zur Verringerung von CO₂-Emissionen beitragen", heißt es auf auto motor und sport-Nachfrage vonseiten des Autofahrerclubs. "Wenn davon abgewichen wird, um industriepolitische Ziele zu erreichen, sinkt die Wirksamkeit beim Klimaschutz." Der ADAC kann sich allenfalls eine eng befristete Ausnahmeregelung vorstellen. Zudem fordert er die Autoindustrie auf, ihre Ankündigung, zusätzliche preislich attraktive Klein- und Mittelklasse-Modelle mit E-Antrieb in diesem und dem kommenden Jahr auf den Markt zu bringen, auch tatsächlich umzusetzen.

Hinweis: In der Fotoshow stellen wir Ihnen die CO₂-Filteranlage "Orca" von Climeworks vor.

Fazit

Die EU-Kommission erwägt, der Autoindustrie durch Aussetzung von Strafzahlungen zu helfen. Der VDA schlägt vor, nur 90 bis 95 Prozent der Flotte einzuberechnen, um CO₂-intensive Fahrzeuge auszuschließen. Dies könnte helfen, die Grenzwerte 2025 und 2026 einzuhalten. Kritik an den Plänen kommt vom ADAC und Umweltbundesamt. Sie fürchten, dass die Bemühungen beim Klimaschutz dadurch untergraben werden.

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