Überführungskosten für Gebrauchtwagen: Handeln lohnt sich

Überführungskosten bei Gebrauchten
So tricksen die Autohäuser mit Extragebühren

Händler
Foto: South_agency via Getty Images

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen beim Bäcker eine Brezel. Doch an der Kasse verlangt der Verkäufer nicht nur den üblichen Preis, sondern schlägt noch eine Mehl- und Lieferkostenpauschale obendrauf. Klingt absurd, was? Ist beim Neuwagenkauf allerdings gang und gäbe – nur verbirgt sich der Zuschlag hier unter dem gängigen Begriff "Überführungskosten". Offiziell decken diese den Transport per Lkw, administrative Aufwendungen sowie die fahrfertige Übergabe des Autos ab. Die Höhe der Gebühren variiert je nach Hersteller und Fahrzeugklasse. Während günstige Kleinwagen meist für 500 bis 1.000 Euro überführt werden, fallen bei Premium-Modellen oder Sportwagen auch gerne mal 2.000 Euro und mehr an.

Das alles wäre ein alter Hut – käme bei Händlern mittlerweile nicht der Trend auf, solche Pauschalen auch bei jungen Gebrauchten, Jahreswagen und Co. aufzurufen, obwohl die meisten von ihnen längst ihren Weg in die Autohäuser gefunden haben. Eine Erfahrung in dieser Richtung hat unser User Jan S. gemacht. Bei einer BMW-Niederlassung im Großraum Stuttgart wollte er einen 318i Touring als Vorführwagen zu einer Rate von günstigen 279 Euro leasen. Nach der Probefahrt nahm er sich einen Tag Bedenkzeit vor dem Vertragsabschluss – mit der Folge, dass das ortsvorrätige Auto zwischenzeitlich an einen anderen Kunden ging.

Überteuertes "Gute Fahrt Paket"

Der Händler wusste Abhilfe und beschaffte kurzerhand ein gleichwertiges Modell aus einer Niederlassung in einer anderen Stadt. Ebenfalls kaum gefahren, ungefähr gleich ausgestattet, preislich fair, 4.000 Kilometer auf der Uhr und damit nur 1.000 Kilometer mehr als beim ersten Angebot – insgesamt war das ein sehr guter Deal. Nur ein Posten im Kaufvertrag ließ unseren Leser stutzen: die Gebühr für eine Händlerleistung namens "Gute Fahrt Paket" in Höhe von strammen 1.190 Euro. Der Inhalt? Betankung beziehungsweise Erstaufladung, Zulassung mit Wunschkennzeichen, Feinstaubplakette sowie Transport ab Werk. Kurz gesagt handelte es sich um auf den Käufer abgewälzte Überführungskosten mit Glanzlackierung, wenn man so will. Allerdings zu einem sehr ambitionierten Preis, selbst wenn der BMW angeliefert werden musste.

Ein Fehler also? Mitnichten. Denn zwischen den Zeilen zeigen sich noch ganz andere Gründe für die Überführungskosten – und die haben weniger mit logischen Notwendigkeiten zu tun. Vielmehr spiegeln sie den enormen Druck wider, unter dem die Autohäuser stehen. Denn die Margen sind schmal, der Markt ist hart umkämpft. Nachvollziehbar also, dass manche Betriebe gerade bei Vorführ- oder Jahreswagen versuchen, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Überführungskosten oder andere Händlerpauschalen für Fahrzeuge, die schon beim Händler stehen und gar keine Neuwagen mehr sind, sind ein solcher Kniff.

Fairer Händler-Deal

Zum Glück des Lesers wusste ein guter Freund Rat, der sich mit Autokäufen auskennt. Er riet, auf der Stelle nachzuhaken, denn solche Gebühren sind Verhandlungssache – nicht nur bei Neu-, sondern auch bei Gebrauchtwagen. "Ich habe meinem Händler dann klipp und klar gesagt, dass ich diese Summe nicht bezahlen möchte", erzählt Jan S. Eine hartnäckige Verhandlung hat es ihm zufolge anschließend gar nicht gebraucht. "Der Händler meinte umgehend, er könne mir da problemlos mit der Hälfte der Kosten entgegenkommen. Da der Wagen ja tatsächlich noch nicht vor Ort war, empfand ich das als angemessen", so unser User, der das Auto dann auch bekam. Wie vereinbart vollgetankt, mit Wunschkennzeichen und im Topzustand.

Zurück zu den Überführungskosten: Zwar geben die Hersteller eine Empfehlung für die Dotierung, aber der Händler kann die Höhe selbst festlegen. In der Praxis bedeutet das: Manche Autohäuser beharren entschlossen auf der festgelegten Pauschale, andere reagieren kulant – wie im beschriebenen Fall. Vielleicht täte ja eine gesetzliche Regulierung im Hinblick auf die Höhe und vor allem auch bezüglich der Notwendigkeit von Überführungskosten ganz gut.

ADAC fordert mehr Transparenz

Laut dem ADAC ist bisher nämlich nur geregelt, dass alle anfallenden Gebühren in den Endpreis des Fahrzeugs eingerechnet sein müssen, doch das betrifft in erster Linie den Kaufvertrag. Bei der Werbung sieht es anders aus. Dort seien diese Kosten dem Automobilclub zufolge meist nur im Kleingedruckten versteckt. Deshalb lautet die klare Forderung des ADAC: Überführungskosten sollten nicht gesondert aufgeführt, sondern bereits in dem Endpreis enthalten sein, den die Werbeanzeige abbildet.

Für die Kunden gilt es indes weiterhin, genau hinzusehen – gerade bei Gebrauchtwagen. Wurde das Fahrzeug bereits überführt? Steht es seit Wochen oder Monaten auf dem Hof? Dann kann man guten Gewissens – so wie Jan S., der letztlich nur 595 statt 1.190 Euro hinblätterte – zumindest auf einem Rabatt bestehen. Denn sein Beispiel, bei dem der Jahreswagen in der Tat aus einer anderen Stadt beschafft werden musste, zeigt: Nicht alles, was als branchenüblich verkauft wird, ist auch wirklich notwendig.