„Lenkradtasten und richtige Türgriffe sind wichtig”

Thomas Schäfer, Chef der Marke Volkswagen, im auto motor und sport-Interview zur Positionierung des neuen Tayron, wie viele Kunden wirklich sieben Sitze bestellen, mögliche US-Modelle von VW auf dem europäischen Markt, den neuen ID.Every1, wachsende Märkte und Tasten auf dem Lenkrad
Weil der Tayron kein langer Tiguan ist, er ist ein eigenständiges Modell. Bisher war es gar nicht so leicht den Allspace vom Tiguan zu unterscheiden. Das soll nun anders sein -und der Tayron ist ja nicht bloß eine leicht verlängerte Version vom Tiguan, sondern eine Plattformerweiterung.
Gab oder gibt es Überlegungen, den VW Atlas aus den USA nach Deutschland zu bringen? Könnte es in Zukunft vielleicht sogar Modelle der Marke Scout in Europa geben?Nein, Scout ist zu groß für Europa. Das sind ja Full-Size Pickup und SUV. Der Atlas ist für uns in Amerika ein sehr wichtiges Auto, weil er bei seiner Größe gut eingepreist ist. Perspektivisch ist das Auto für Europa vorstellbar, hier gibt es bei den SUV eine Bewegung vom A-Segment, also dem des Tiguan, in Richtung A plus und B. Bisher gibt es aber keine Pläne, ihn nach Europa zu bringen.
Ich finde, die Fahrzeuge sind gut voneinander abgegrenzt. Der Touareg ist noch luxuriöser und größer, mit Luftfederung sowie Sechszylinder-Motoren erhältlich – und mit 3,5 Tonnen Anhängelast kann er eine Tonne mehr ziehen als der Tayron.
Im SUV-Portfolio haben Sie jetzt T-Roc, Tiguan, ID.4, ID.5, Tayron und den Touareg. Kommt da noch mehr im Offroadbereich?Wir überlegen permanent wie wir unser Portfolio sinnvoll erweitern können. Sowohl bei den Größen wie auch bei den Antrieben. Nicht nur wegen CO2 -Diskussionen und Regulatorik, sondern weil in vielen Ländern die großen Fahrzeuge generell in Richtung Elektrifizierung gehen. Mindestens mit starken Plug-In-Hybriden, teilweise mit Range Extender. Und wir überlegen natürlich, ob wir gerade im B- und C-Segment auch Top-of-end-Fahrzeuge anbieten können. Aber so schnell, wie sich die Welt entwickelt, ist es gerade schon herausfordernd das richtige Konzept festzulegen. Mit dem Tayron und dem bekannten Portfolio sind wir aktuell gut aufgestellt. Tiguan und Tayron bieten effiziente Verbrenner und zwei PHEV mit knapp 130 Kilometer Reichweite. Das passt. Der T-Roc ist für uns in Europa das wichtigste Fahrzeug, er ist hier der meistverkaufte Volkswagen.
In Europa waren es 80 zu 20 Prozent. Beim Tayron erwarten wir, dass wir da sogar noch eine Schippe drauflegen können, weil es optisch wirklich ein klar differenziertes, größeres Fahrzeug ist, auch als Siebensitzer. In den USA zum Beispiel wurde der Tiguan nur in der langen Version verkauft und wird zukünftig nur der Tayron angeboten – unter dem Namen Tiguan, der sehr stark ist in den Staaten.
Wie viele Kunden haben den Tiguan Allspace mit zwei Zusatz-Sitzen bestellt und wie wird das beim Tayron aussehen?Beim Allspace wurde die Hälfte mit sieben Sitzen bestellt. Beim Tayron erwarten wir etwa 45 Prozent, weil nun der PHEV dazu gekommen ist, den es wegen der Batterie nur mit fünf Plätzen gibt. Aber der Anteil wird wieder groß sein, weil wir ja Produkte mit bis zu sieben Sitzen wie den Sharan nicht mehr haben und vom Touran wird es auch keinen Nachfolger geben.
Aktuell versuchen wir, die Komplexität in unserem Portfolio zu reduzieren – die Modellkomplexität und die Softwarekomplexität. Außerdem haben wir ja den ID. Buzz und den Multivan...
Ein elektrischer Van könnte doch funktionieren, wenn man das über mehrere Marken sieht, oder?Wir haben uns in der Markengruppe Core entschieden, dass Skoda den ersten Schritt macht. Der Plan ist, dass nicht jede Marke jedes Modell macht. Wir bringen zum Beispiel den ID. EVERY1, den Skoda nicht anbietet – übrigens der erste Volkswagen mit wesentlichen Komponenten der Software-Architektur aus der Kooperation mit Rivian.
Der ID.Every1 ist ein urbanes Auto, das für junge und ältere Personen gleichermaßen in Frage kommt. Und dann gibt es den großen Markt für gewerbliche Anwendungen, zum Beispiel in Pflege- und Lieferdiensten. Aber auch in Flotten, die den CO2-Ausstoß senken müssen. So haben wir das Auto aufgesetzt. Ich glaube, der ID.Every1 ist sehr gut gelungen – auch das Design. Das ist nicht nur funktional, sondern sehr schick, mit tollen Proportionen. Ein echter Volkswagen. Da bin ich echt stolz drauf, weil hier junge, internationale Designer maßgeblich mitgewirkt haben. Das hat ein Momentum für das ganze Portfolio gebracht, nach dem Motto: Wie können wir in diese Richtung weiterdenken?
Kann man von den kleinen ID-Modellen auch Lenkradtasten erwarten, wie beim neuen Tayron?Wenige Tasten, aber Tasten. Für mich sind zwei Dinge wichtig: Tasten und Knöpfe am Lenkrad und richtige Außen-Türgriffe. Das gehört zu VW und die Kundschaft bestätigt das ja auch. Die Kunden wollen es funktional und vernünftig haben.
Wir sind vielleicht nicht die Schnellsten in allen Disziplinen. Aber wenn wir kommen, dann mit aller Konsequenz, mit überzeugenden Produkten, die mit Sicherheit, Haltbarkeit oder Bedienung punkten. Und als großer, globaler Konzern arbeiten wir mit Skaleneffekten und können so auch attraktive Preise anbieten.
Die neuen kleinen Elektroautos sind aber primär für Europa gedacht?Ja, die sind erstmal in Europa für Europa gemacht. Aber es ist nicht auszuschließen, dass wir mit den Serienversionen von ID. EVERY1 und ID. 2all später auch in andere Märkte gehen. Es gibt Schwellenmärkte, die gerade im Aufwind sind. Indien zum Beispiel. Südamerika wird ebenfalls eine Rolle spielen, da sind wir ja jetzt schon stark vertreten. Diese Länder gehen aktuell langsam in Richtung Elektromobilität, insbesondere in den kleineren Segmenten. Deshalb brauchen wir Produkte, die dort das Portfolio nach unten abrunden. Allerdings dann auch lokal gefertigt.
Vita
Thomas Schäfer (1970 in Marburg) ist Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG, CEO der Marke Volkswagen und Leiter der Markengruppe Core.
Nach leitenden Positionen bei Daimler wechselte er 2012 zu Volkswagen, wo er zunächst die Konzern Produktion Ausland leitete. Ab 2015 war er Chairman und Managing Director von Volkswagen Südafrika, 2020 übernahm er den Vorstand von ŠKODA AUTO.
Seit Juli 2022 ist er CEO der Marke Volkswagen Pkw und Mitglied des Konzernvorstands.
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