Dank der sogenannten Treibhausgas-Minderungsquote (THG) dürfen sich Halter von E-Autos seit 2022 über einen jährlichen Bonus freuen. Das Konzept: Mineralölkonzerne verbessern mit von E-Auto-Besitzern gekauften Zertifikaten ihre eigene Treibhausgasbilanz. Der THG-Bonus kann über Zwischenhändler, darunter bisher der ADAC, beantragt werden und variierte bisher zwischen 250 und 400 Euro pro Elektroauto. Im Jahr 2024 kassieren E-Auto-Besitzer aber nur noch rund 100 Euro. Der Grund dafür liegt nicht etwa in den vielen Elektroautos, wie wir weiter unten erklären
ADAC-Partner Landwärme insolvent
Der starke Preisverfall der Zertifikate zieht erste Konsequenzen nach sich. Der ADAC, mit nach eigenen Angaben mehr als 300.000 Kundinnen und Kunden einer der größten THG-Vermittler, steigt für kommendes Jahr aus dem Quotenhandel aus. Wie der Automobilclub auf seiner Website schreibt, seien die "aktuellen Marktverwerfungen und die anhaltenden Unsicherheiten bezüglich der politischen Entwicklungen" der Grund für diese Entscheidung. Sie muss jedoch kein Aus für immer bedeuten. Der ADAC werde die Marktentwicklung weiterhin beobachten und zu gegebener Zeit über eine Wiederaufnahme des Angebots entscheiden. Zudem werde er sich "weiterhin für die verbraucherfreundliche Umsetzung der THG-Quote und weiterer Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität einsetzen".
Zuvor musste mit der Landwärme GmbH bereits einer der größten Vermittler von THG-Quoten – und Partner des ADAC – Insolvenz anmelden. Und das, obwohl das Kerngeschäft der Firma eigentlich Biomethan ist. Doch das finanzielle THG-Loch war zu groß. Obendrein beliefen sich die offenen Posten gegenüber dem ADAC Anfang September 2024 noch auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Diesen war die Landwärme GmbH dem Automobilclub zu diesem Zeitpunkt noch schuldig. Landwärme-Geschäftsführer Zoltan Elek sah die Schuld dafür ganz klar bei der Politik. Denn der enorme Preisverfall der THG-Zertifikate gehe auf Betrugsfälle zurück, auf die die Behörden hätten reagieren müssen.
Systematischer Betrug untergräbt das THG-Modell
Durch die Verpflichtung der Mineralölkonzerne, die Treibhausgase immer weiter zu reduzieren (bis 2030 um 25 Prozent), müssten Nachfrage und Preise für jedes eingesparte Gramm CO₂ eigentlich von Jahr zu Jahr steigen. 2025 wird die sogenannte Quotenverpflichtung für Mineralölunternehmen von 9,5 auf 10,5 Prozent steigen, was zu einer steigenden Nachfrage nach THG-Quoten führen müsste. Allerdings spielen auch politische Entscheidungen und die aktuelle Situation am Strommarkt eine Rolle. Steigt oder sinkt insbesondere der Anteil fossiler Energiequellen im Strommix, verändert das die Treibhausgas-Quote. Auf diese Weise schwankte der THG-Markt in den vergangenen Jahren extrem.
Bis 2023 profitierten E-Auto-Hersteller und -Fahrer beispielsweise von einer hohen Nachfrage nach den Zertifikaten. Sie erhielten mit der THG-Quote jährlich einen beträchtlichen Abschlag für ihre gute CO₂-Bilanz. Doch Benzin-, Diesel- und Heizölvertreiber haben in dieser Zeit einen günstigeren Weg im Quotenhandel aufgedeckt: Sie schönten ihre Bilanz lieber mit billigem Palmöl aus China als mit den teuren THG-Zertifikaten von E-Auto-Besitzern.
Beimischung von frischem Palmöl?
Dass Palmöl bei der Nachhaltigkeit hochumstritten ist, wurde längst erkannt. Die Förderung dafür wurde gestrichen. Dagegen werden aber Abfälle aus Palmöl oder anderen organischen Ölen doppelt in den THG-Minderungszertifikaten angerechnet. Theoretisch sollte so die Doppelnutzung von Speiseölen wie Frittenfett gefördert werden. Mineralölkonzerne dürfen dieses alte Speiseöl nämlich für die Herstellung nachhaltiger Agrar-Kraftstoffe verwenden und dies auf ihren CO₂-Ausstoß anrechnen.
Angeblich gelangt nun "altes Frittenfett" in großen Mengen aus China nach Europa, bei dem es sich in Wirklichkeit um frisches Palmöl handelt. Der steile Anstieg von Abfallstoffen aus Palmöl im Markt ist jedenfalls auffällig und folgte direkt nach der Einstellung der Förderung von reinem Palmöl. Nachweisen lässt sich der Unterschied im Kraftstoff nicht. Das Problem sei immerhin bis auf EU-Ebene bekannt, vermeldet heise.de. Allerdings gebe es noch kein passendes Instrument, den offenbar flächendeckenden Missbrauch zu beenden. Bis dahin profitieren hauptsächlich die Mineralölhersteller und Händler – nicht aber die Besitzer von Elektroautos.
THG-Quote sinkt 2025 weiter
Wer bereits im Besitz eines Elektroautos ist, kann trotz der gesunkenen THG-Quote für 2025 – dann deutlich unter 100 Euro – einen Antrag stellen. Vor einem Fristablauf müssen Interessenten vorerst keine Angst haben: Sie endet erst am 15. November im jeweiligen Verpflichtungsjahr (für 2025 also der 15.11.2025). Weil der Handel allerdings nur über darauf spezialisierte Zwischenhändler funktioniert und diese das Geld oft erst nach einigen Monaten auszahlen, sollte der THG-Bonus so früh wie möglich beantragt werden. Dazu gehört vor allem eine Kopie des Fahrzeugscheins, der als Nachweis für den Besitz des E-Autos dient. In den vergangenen Jahren haben längst nicht alle Berechtigten in Deutschland einen Antrag abgegeben.
Hinweis: In der Fotoshow zeigen wir Ihnen die aktuell meistverkauften E-Autos in Deutschland.