Im Zuge des massiven Ausbaus seiner Gigafactory 4 im brandenburgischen Grünheide hat Tesla einen Antrag für den Bau eines Gaskraftwerks gestellt. Aus den Antragsunterlagen geht hervor, dass auf dem Werkgelände ein temporäres Gaskraftwerk und ein Flüssig-Erdgas-Tanklager entstehen sollen. Die Feuerwärmeleistung des Kraftwerks soll bis zu 45 Megawatt betragen.
Welchen Zeitraum Tesla mit "temporär" meint, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Ursprünglich soll es dort einen Hinweis gegeben haben, dass die Anlage nur ein Jahr lang im Betrieb sein sollte. Als Zweck des Kraftwerks geben die Verantwortlichen die Stromversorgung der GFBB an – mit GFBB ist die Gigafactory Berlin-Brandenburg gemeint. Der Betrieb soll mit LNG (liquefied natural gas) aus dem öffentlichen Leitungsnetz erfolgen.
Angst vor Ausfällen
Tesla vermerkt in seinem Antrag eindeutig, dass das Gaskraftwerk den Autohersteller unabhängiger machen soll. Dies dürfte aus der Erfahrung des vergangenen Winters resultieren, wo es lange unklar war, ob in Deutschland ausreichend Energie zur Verfügung steht, um alle Bedarfe von Privathaushalten und Industrie zu decken. Hintergrund waren die im Zuge des Überfalls Russlands auf die Ukraine eingestellten Gaslieferungen über die vom russischen Wyborg zum deutschen Lubmin reichende Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.
Tesla-Verantwortliche haben wiederholt ihr Ziel betont, die Autoproduktion möglichst komplett nachhaltig aufzubauen. Allerdings scheint dem US-Elektroautobauer in Deutschland nicht genügend regenerativ erzeugter Energie zur Verfügung zu stehen. Flüssiggas ist in Sachen CO₂-Belastung immerhin eine Alternative zu Braunkohle aus dem circa 100 Kilometer südlich von Grünheide gelegenem Kohlerevier. Bei der Braukohleverfeuerung entstehen pro erzeugter Kilowattstunde elektrischer Energie (kWhel) 1,14 kg Kohlendioxid – bei einem Erdgas-GuD-Kraftwerk (GDU: Gas- und Dampf-Kombikraftwerk) sind es nur 0,33 kg CO₂ pro kWhel. Erdgas sorgt also im Vergleich zu Braunkohle um eine circa 70-prozentige Senkung des CO₂-Ausstoßes. Allerdings enthält Erdgas als Hauptbestandteil Methan, das als extrem klimaschädlich gilt: Ein Kilogramm Methan schädigt das Klima wie 84 Kilogramm CO₂. So darf es also beim Transport und der Verarbeitung von Erdgas zu keinen Lecks kommen. Sollte das verflüssigte Erdgas aus den USA kommen, kämen als Umwelt-Minuspunkte noch der lange Transportweg und möglicherweise die als in hohem Maße umweltzerstörend geltende Fördermethode Fracking hinzu.
Zweite Pipeline geplant
Da das Gaskraftwerk nur als Notlösung dienen soll, braucht der Autohersteller für die geplante massive Erweiterung seines Werks einen weiteren Erdas-Anschluss. Die zweite Leitung soll das Firmengelände im Nordwesten erreichen. Zusammen mit der ersten Leitung sollen dann pro Stunde 32.000 Kubikmeter Erdgas den Energiebedarf der Gigafactory 4 decken.