Die Studie "Recharge for Rights" von Amnesty International bewertet die 13 wichtigsten Hersteller von Elektroautos danach, wie sie mit Menschenrechtsrisiken in ihren Rohstoff-Lieferketten umgehen. Eines macht die nicht staatliche Non-Profit-Organisation gleich zu Beginn der Auswertung klar: "Es gibt keine Gewinner." Denn kein einziges der führenden Unternehmen der Branche konnte ausreichend darlegen, wie es mit Menschenrechtsrisiken in Rohstofflieferketten umgeht.
Ausbeutung, Gesundheits- und Umweltschäden im Fokus
Obwohl Elektrofahrzeuge keine Abgase produzieren, benötigen ihre Batterien riesige Mengen an Mineralien wie Lithium, Nickel oder Kobalt. Insbesondere der Abbau dieser benötigten Rohstoffe verursacht oft Ausbeutung sowie Gesundheits- und Umweltschäden. Hier steht insbesondere Kobalt im Fokus. Die Kobaltbergbauindustrie sei laut Amnesty International anfällig für die Misshandlung von Arbeitern. In Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, die 25 Prozent der weltweiten Produktion erzeugt, sind einige von ihnen Kinder.
Automobilhersteller sind verpflichtet, die Menschenrechtsrisiken in ihren Lieferketten zu erkennen und zu minimieren. Dazu zählen Vertreibungen von Menschen aus ihren Wohnorten, Gesundheitsschäden durch Umweltverschmutzung und die Verletzung der Rechte indigener Völker in Ländern, in denen Mineralien abgebaut werden. Frühere Untersuchungen von Amnesty International hatten gezeigt, wie die Kobaltindustrie in rechtswidrige Zwangsräumungen in der Demokratischen Republik Kongo verstrickt ist.
Bester Hersteller nur 51 von 90 Punkten
Amnesty International hat die Unternehmen anhand internationaler Menschenrechtsstandards bewertet. Als Grundlage dafür dienten die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs), die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die OECD-Leitlinien für die Sorgfaltspflicht bei der Ausübung einer verantwortungsvollen Geschäftstätigkeit.
Die Kriterien waren folgende:
- Menschenrechtspolitik und -verpflichtungen;
- Verpflichtung zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette;
- Geschlechterperspektive und Einbeziehung in die Sorgfaltspflicht;
- Einbeziehung von Stakeholdern;
- Verpflichtung zur Achtung der Rechte indigener Völker;
- Risikoermittlungsprozesse;
- umfassende Abbildung der Lieferkette und Identifizierung von Minenstandorten;
- Nutzung verschiedener Informationsquellen;
- Schritte zur Risikominderung; Einflussnahme auf Lieferanten;
- verantwortungsbewusster Rückzug;
- Nachverfolgung und Bewertung von Maßnahmen;
- öffentliche Berichterstattung über Maßnahmen;
- Beschreibung von Abhilfemaßnahmen;
- Beschwerdemechanismus auf operativer Ebene.
Die Bewertung von Amnesty stützte sich auf die öffentlich zugänglichen Berichte, Richtlinien und Unterlagen des jeweiligen Unternehmens.
Deutsche Konzerne schneiden relativ gut ab
Vergleichsweise gut schneiden im internationalen Vergleich die deutschen Autokonzerne Mercedes, BMW und VW ab. BYD, Mitsubishi und Hyundai liegen auf den hinteren Plätzen. Von 90 möglichen Punkten haben die 13 untersuchten Autohersteller folgende Bewertungen erhalten:
BYD stellt mehr Elektroautos her als jeder andere Konzern. Und das zu so niedrigen Kosten, wie sie die meisten westlichen Autohersteller nicht erreichen können. Doch die billige Produktion hat ihren Preis – und den zahlen laut Amnesty International die Arbeiter in den Lieferketten.
Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, sagt: "Viele Menschen entscheiden sich heute bewusst für ein klimafreundlicheres Elektroauto. Genauso bewusst möchten sie sich für einen Hersteller entscheiden, bei dem Menschenrechte nicht nur auflackiert sind. Aber die Industrie versteckt sich hinter intransparenten Lieferketten. Unsere Recherchen belegen immer wieder: Freiwillige Maßnahmen reichen nicht aus. Damit bei der Energiewende niemand auf der Strecke bleibt, braucht es verbindliche Gesetze zu menschenrechtlichen, aber auch umwelt- und klimabezogenen Sorgfaltspflichten."
Amnesty weiter: "Die Bundesregierung und das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle müssen für eine stringente Umsetzung des Lieferkettengesetzes sorgen, anstatt Abschwächungen oder gar ein 'Aussetzen' zu diskutieren. Das Gesetz und die damit verbundenen Pflichten sind keine sinnlose Bürokratie, sondern haben reelle Auswirkungen auf das Leben und die Rechte von Menschen. Verpflichtende transparente Berichterstattung durch die Unternehmen hilft auch Konsument*innen, informierte Kaufentscheidungen zu treffen, statt auf Sicht zu fahren."
In der Fotoshow haben wir Neues aus der Batterie-Entwicklung zusammengefasst.