Was hinter den Vorstands-Enlassungen bei Porsche steckt

Porsche entlässt Vorstände
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Was hinter der Porsche-Krise steckt

EuroNCAP Crashtest 2024 Porsche Macan E © EuroNCAP 57 Bilder

Wenn selbst Porsche kriselt, ist die deutsche Autoindustrie wirklich in Not, zumal der Sportwagenbauer den gleichen Chef hat wie Europas größter Hersteller Volkswagen. Was das Problem ist.

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An einem Samstagabend (1. Februar 2025) verkündet Porsche via Newsroom in einer Pflichtmitteilung, dass der Aufsichtsrat die Vorstände Lutz Meschke sowie Detlev von Platen entlassen will. "Der Aufsichtsrat der Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft ("Porsche") hat heute den Aufsichtsratsvorsitzenden beauftragt, Gespräche mit Herrn Lutz Meschke, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und Vorstandsmitglied für Finanzen und IT, sowie Herrn Detlev von Platen, Vorstandsmitglied für Vertrieb und Marketing, über ein einvernehmliches vorzeitiges Ausscheiden aus dem Vorstand von Porsche zu führen", heißt es in der Mitteilung. Sie ist mit diesem einen Satz auch schon wieder zu Ende, was ganz gut erkennen lässt, dass es sich bei ihr eben um eine Pflicht für ein börsennotiertes Unternehmen handelt.

Der Absatz schwächelt

Dennoch steckt viel mehr dahinter als eine Pflichtmeldung. Dass der 61-jährige Detlev von Platen den Vorstand verlassen soll, könnte man mit dem Alter in Zusammenhang bringen – bei BMW beispielsweise hat der Aufsichtsrat eine Altersgrenze von 60 festgelegt. Aber sowas gibt es bei Porsche nicht und das Ausscheiden Platens soll nun Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche verhandeln – der im Mai sein 82. Lebensjahr vollendet.

© Porsche

Lutz Meschke und Detlef von Platen.

Platen ist aber Vertriebsvorstand, entsprechend fallen in sein Ressort schrumpfende Absatzzahlen auch in China, dem drittgrößten Absatzmarkt von Porsche. Dort büßte Porsche mehr als 25 Prozent ein. Der Grund für den schwindenden Markterfolg in China ist derselbe wie bei VW: Bei E-Autos, deren Anteil an den Neuzulassungen im Reich der Mitte sprunghaft steigt, sind die Deutschen nicht konkurrenzfähig. Der Taycan ist dort viel zu teuer. Das liegt auch daran, dass seine zweifellos herausragenden Qualitäten in China weniger gefragt sind: Dort werden Autos eher selten dynamisch bewegt, aber ständig im Stop-and-Go-Verkehr, wo Unterhaltung durch Elektronik oder Kommunikation als Selbstverständlichkeiten von Nutzen sind – und genau bei Software und Elektronik schwächelt der ganze Volkswagen-Konzern.

Der Gewinn geht zurück – wegen E-Autos, China oder beidem?

Womit man zu Lutz Meschke gelangt, der neben Finanzen auch für IT zuständig ist. Allerdings nicht für die der Autos. Für Car-IT hat Porsche Sajjad Khan im November 2023 Vorstand gemacht. Meschkes (und Blumes) Werk war eher der Börsengang von Porsche Ende September 2022. Von dem profitierte wegen der komplizierten Vernetzung aus Porsche SE (Holding) und dem Volkswagen-Konzern vor allem letzterer, den Oliver Blume in Personalunion führt – was viele Fachleute wegen drohender Interessenkonflikte kritisierten.

© Porsche / VW / Schönfeld

Oliver Blume führt Porsche und den Volkswagenkonzern in Personalunion.

Aus dem Teilverkauf des Sportwagenbauers erlöste der Volkswagen-Konzern etwa 19 Milliarden Euro. 49 Prozent davon sollten laut tageschau.de über eine Sonderdividende an die eigenen Aktionäre ausgeschüttet werden. 51 Prozent wollte der VW-Konzern aber in den Ausbau seines E-Auto-Geschäfts stecken – etwas, das dem Sportwagenbauer allenfalls indirekt hilft.

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Porsche Elektro-Flaggschiff K1 ab 2027 Der elektrische Über-Cayenne kommt

Gleichzeitig reagierten die Zuffenhausener mit neuen Modellen und Überarbeitungen. Fünf der insgesamt sechs Baureihen frischte Porsche auf, beziehungsweise der Macan kam als komplett neues E-Auto (wegen Softwareproblemen drei Jahre später als geplant). Anders als beim Schwestermodell von Audi (Q5) gab Porsche die Verbrenner-Variante des einstigen Bestsellers für Europa auf. Zu allem Überfluss traf ein Hochwasser das Werk für Aluminiumlegierungen des US-Zulieferers Novelis in der Schweiz. Das Handelsblatt spricht unter Berufung auf das US-Analysehaus Bernstein von deshalb 10.000 nicht gebauten E-Macans und daraus resultierenden Umsatzeinbußen von etwa einer Milliarde Euro. Das Finanzblatt hatte bereits Mitte Januar von um vier Milliarden gestiegenen Kosten bei Porsche wegen den vielen ineinander geschobenen Modellanläufen, dem schwächelnden China-Geschäft und den Zulieferer-Problemen berichtet. Ein prominentes Beispiel: der Batteriehersteller-Varta, der den Akku für den Hybrid-911 fertigt, bei dem Porsche zur Sicherung des Betriebs mit 30 Millionen einsteigen musste.

© Porsche
Porsche und Varta Sportwagenhersteller übernimmt Batterie-Sparte

Elektro-Strategie – noch schlecht fürs Geschäft

Das Chart der Porsche-Aktie zeigt: Seit einem Hoch im März bei 95 Euro hat das Papier rund ein Drittel an Wert verloren. Aktuell notiert die Aktie bei gut 60 Euro. Als Finanzvorstand mit Blick aufs Ergebnis und den Shareholder-Value konnten Lutz Meschke solche Zahlen nicht gefallen. Die Frage ist aber, welche der Probleme man hätte kommen sehen und einplanen müssen. Meschke leitete aus ihnen laut Handelsblatt unter Berufung auf Unternehmenskreise Kritik an der Elektro-Strategie ab, die vor allem auf Oliver Blume zurückgeht (in unserer Bildergalerie zeigen wir den kommenden E-Nachfolger der Baureihe 718). Meschkes bevorstehende Entlassung scheint die Eskalation des daraus resultierenden Konflikts zwischen Blume und seinem Stellvertreter bei Porsche zu sein, mit dem er lange zusammengearbeitet hat.

Fazit

Im Kern geht es also auch bei Porsche um Transformationswehen – wie viel Investitionen in die neue Technologie kann man sich leisten, wann winkt der Return on Investment und kommt er überhaupt? Oder ist der Vorsprung der Chinesen schon zu groß? Ist Aufgeben beim E-Auto-Geschäft überhaupt eine Option? Will man wirklich nur Luxus- und Sportwagen mit Verbrenner als teures Spielzeug für fossil-fixierte Märkte wie den arabischen Raum bauen? Dieses Szenario zeichnet beispielsweise unser Podcast-Gast Andreas Knie in dieser Folge Moove.

Ausgerechnet für Porsche, wo mit dem Taycan ein selbst auf der Nordschleife des Nürburgrings überzeugendes E-Auto gelungen ist, wäre das eher eine Option als für den Volumenhersteller Volkswagen. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass Porsche nach eigener Definition nur Sportwagen baut, richtig Stückzahlen machen die Schwaben aber mit SUVs. So gesehen ist das Verbrenner-Geschäft weltweit eher keine Zukunftsoption und Blume zum Erfolg verdammt – auch ohne Meschke.

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