Elektrische Tret-Roller sind seit ihrer massenhaften Einführung in Großstädten umstritten: Die einen feiern sie als praktische Alternative zu allen anderen Arten der Fortbewegung, andere sehen in ihnen ein Bürgersteige blockierendes Verkehrshindernis, mit dem einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit Geld verdienen. So werfen anscheinend wütende Anwohner in Paris zahlreiche E-Roller in die Seine, wo Taucher sie dann wieder aufwendig bergen müssen. Andere Roller liegen quer auf dem Bürgersteig, sind mit Hunde-Exkrementen bedeckt oder hängen in Bäumen. Der Stadtverwaltung von Paris reicht das Rowdytum jetzt – es steht ein Verbot der E-Tretroller in Haus. Die Vermieter der Roller wollen ihr Geschäft händeringend mit einschneidenden Maßnahmen retten.
Wer in Paris einen E-Roller mieten möchte, muss seit dem 28. November 2022 vorher seinen Ausweis einscannen. Mit dieser Maßnahme sollen Rowdys leichter identifizierbar sein. Außerdem wollen die Vermieter damit eine Nutzung der Roller nur durch Erwachsene sicherstellen. Ab Dezember bekommen alle Roller ein Nummernschild und die Vermieter verdoppeln ihr Personal, um Bürgersteige blockierende Roller schneller wegzuräumen. Das bereits vor drei Jahren für auf dem Gehweg abgestellte Roller eingeführte Bußgeld hat anscheinend keine Wirkung entfaltet. Außerdem machen den Parisern anscheinend viele schwere E-Tretroller-Unfälle sorgen – die Zahl der Unfälle ist von 2021 zu 2022 um 50 Prozent gestiegen. Und auch die Umweltbilanz der elektrischen Microfahrzeuge ist umstritten – laut einer Pariser Studie stößt ein E-Tretroller pro Kilometer Fahrt sechsmal mehr CO₂ aus als eine U-Bahn. Jetzt fordern Pariser Stadt-Abgeordnete eine Aufhebung der Vermietungs-Lizenzen.
Lizenz könnte einfach auslaufen
Für die in Paris tätigen Vermieter Dott, Lime und Tier gibt es derzeit viel Unsicherheit – die von der Stadt gewährten Lizenzen laufen nämlich sowieso im Februar 2023 automatisch aus. Aktuell gibt es noch keine Hinweise darauf, dass die Stadtverwaltung die Lizenzen verlängert. Paris gilt als die europaweit wichtigste Stadt für Micro-Elektromobilität. Ein Verbot der E-Tretroller-Vermietung oder eine Nichtverlängerung der Lizenzen wäre ein deutliches Signal, dem zahlreiche weitere Städte folgen dürften.
Großes Problem für Menschen mit Geh- und Sehbehinderungen
Die um ihre Zukunft bibbernden Verleiher versuchen die Pariser Stadtverwalter mit weiteren Zugeständnissen zu beschwichtigen: Sie wollen bei einer Verlängerung der Lizenzen eine Technik einführen, mit der auf Gehwegen liegende E-Tretroller schneller auffindbar sind, außerdem soll es Roller für gehbehinderte Menschen geben. In ihrer Mobilität eingeschränkte und sehbehinderte Menschen gehören aktuell zu den Hauptleidtragenden, wenn achtlos liegengelassene E-Tretroller Gehwege blockieren – ein Punkt, der den E-Tretroller-Vermietern und einigen Nutzern bisher offensichtlich egal war. Der US-E-Tretroller-Anbieter Bird zieht sich bereits aus Deutschland, Schweden und Norwegen zurück, weil ihm das Marktumfeld als zu schwierig erscheint. Jede weitere Regulierung könnte das Leben auf innerstädtischen Bürgersteigen einfacher und sicherer machen – und gleichzeitig E-Tretroller-Anbietern das Geschäft erschweren.