Luftreinhaltung in München: Dauerhaft Tempo 30 auf Mittlerem-Ring-Abschnitt

Luftreinhaltung in München
Tempo-30-Abschnitt auf dem Mittleren Ring bleibt

Im Bemühen um die Luftqualität in der bayerischen Landeshauptstadt München bleibt es auf einem Streckenabschnitt des Mittleren Rings dauerhaft bei Tempo 30. Einen entsprechenden Beschluss haben jetzt die Ausschüsse für Mobilität sowie Klima- und Umweltschutz des Stadtrats gefasst. Die noch ausstehende Zustimmung der Vollversammlung gilt als Formsache.

Es ist der vorläufige Schlusspunkt hinter einem jahrelangen Streit um die Einhaltung von Abgas-Grenzwerten an der besonders belasteten Landshuter Allee. Ausschlaggebend war letztlich die Entwicklung bei den Stickstoffdioxid-Werten. Nach den neuesten Zahlen werden die Grenzwerte an allen Messstellen am Mittleren Ring eingehalten, also auch an der besonders belasteten Landshuter Allee. Dort gilt seit Juni Tempo 30. Autos fahren dadurch jetzt nicht nur langsamer, sondern der Verkehr hat sich um etwa zehn Prozent reduziert, wie es bei der Stadt heißt. In der Folge seien auch die Stickstoffdioxid-Werte zurückgegangen, und laut Prognose könnten sie noch weiter sinken. Das im Februar 2023 eingeführte Fahrverbot für Euro-4-Diesel blieb jedoch weiterhin bestehen.

Gericht verlangte Verschärfung des Fahrverbots

Gegen den Beschluss der Stadt aus dem Frühjahr 2023, das Euro-5-Diesel-Fahrverbot nicht einzuführen, hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt, und der hat im März 2024 sein Urteil gesprochen. Demnach muss die bayerische Landeshauptstadt das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge verschärfen. Die Stadt muss schnellstmöglich Maßnahmen ergreifen, mit denen die Stickstoffdioxid-Belastung der Luft an der Landshuter Allee und an der Moosacher Straße deutlich gesenkt wird. An beiden Messstellen wurde 2023 der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten.

Ob für die Senkung der Emissionen eine streckenbezogene oder eine zonale Verschärfung des bereits bestehenden Fahrverbots für Dieselfahrzeuge mit Euro 4 oder schlechter nötig ist, überließ das Gericht der Stadt. Es machte mit seiner Entscheidung aber deutlich, dass an einem zonalen Fahrverbot wohl kein Weg vorbeiführen wird.

Tempolimit für alle statt Fahrverbot für Diesel

In der Sitzung vom 24. April 2024 hat sich der Münchner Stadtrat allerdings gegen ein verschärftes Diesel-Fahrverbot und für eine Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Fahrzeuge auf Teilen des Mittleren Rings entschieden. Mit dem neuen Tempolimit sollte die Abgasbelastung an der Landshuter Allee so verringert werden, dass der seit Jahren überschrittene Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO₂) eingehalten wird. Wann das Tempolimit kommt, ist noch offen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat im Stadtrat allerdings signalisiert, das Tempolimit schnellstmöglich einführen zu wollen.

Urteil rechtskräftig, München muss handeln

Das Urteil des BayVGH wurde erst am 16. Mai rechtskräftig und damit für die Stadt München bindend. Da eine Revision ausgeschlossen wurde, hatte der Stadtrat mehrheitlich beschlossen, dagegen Beschwerde einzulegen. Im Oktober 2024 wurde die Beschwerde der Stadt vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abgewiesen. Damit ist das Urteil des BayVGH rechtskräftig und das Gericht sieht die Stadt München wieder am Zug. Die Stadt werde das Urteil nun akzeptieren, erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

Die bayerische Landeshauptstadt müsse nun ermitteln und entscheiden, welche Maßnahmen für eine hinreichende Luftreinhaltung in Betracht kommen. Der BayVGH hatte schon ein Fahrverbot als geeignete Maßnahme angezeigt, zwingend sei das jedoch nicht. München arbeitet bereits an einem neuen Luftreinhalteplan. Dabei würden alle in Frage kommenden Maßnahmen geprüft.

Wie alles begann

Der Rückblick auf die Entwicklung seit 2022: Nach jahrelangen Rechtsstreits um Überschreitungen von Abgas-Grenzwerten will die bayerische Landeshauptstadt die Fahrverbote für ältere Diesel deutlich verschärfen. Das haben Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) und Umweltreferentin Christine Kugler bei der Präsentation des neuen Luftreinhalteplans am 6. Oktober 2022 bekannt gegeben. Der Freistaat Bayern hatte die Überschreitung der seit 2010 verbindlich vorgeschriebenen Stickstoffdioxid-Grenzwerte stets ignoriert und dafür Strafen bezahlt. Im Jahr 2021 hatte die Landesregierung die Zuständigkeit für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans aber an die Stadt München abgegeben, die nun versucht, Grenzwert überschreitende Immissionen in der Stadt zu mindern.

Auch Euro-5-Aus drohte

Geplant war die stufenweise Einführung eines zonalen Diesel-Fahrverbots. Nur so glaubte man den gesetzlich verbindlichen Stickstoffdioxid-Jahresgrenzwert schnellstmöglich im gesamten Münchner Stadtgebiet einhalten zu können und drohende EU-Strafzahlungen in eklatanter Höher zu verhindern. Ab dem 1.2.2023 wurde die bestehende Umweltzone um den Mittleren Ring, der auch von Pendlern und Transitverkehr stark frequentiert wird, erweitert und in dieser neuen Umweltzone ein Fahrverbot für Diesel Euro 4/IV und schlechter angeordnet. Anwohner und Lieferverkehr erhielten Ausnahmegenehmigungen.

Sollte diese Maßnahme die Stickstoffdioxidwerte nicht in ausreichendem Maße senken, sollten ab dem 1.10.2023 in einer zweiten Stufe Diesel-Fahrzeuge mit der Schadstoffklasse 5/V in das zonale Diesel-Fahrverbot mit aufgenommen werden. Betroffen wären davon rund 140.000 in München zugelassene Fahrzeuge. Bei weiteren Grenzwertüberschreitungen sah der Stufenplan der Stadt ab dem 1.4.2024 die endgültige Streichung von Fahrverbotsausnahmen für den Lieferverkehr und die Anwohner vor; von Euro-6-Autos ist noch nicht die Rede, obwohl auch die vor Euro-6d-Temp noch erheblich NOx-Emissionen aufweisen (siehe Bildergalerie).

Der neue Stufenplan ist das Ergebnis einer Vergleichsvereinbarung zwischen der Stadtverwaltung und dem Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) sowie der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH), die seit Februar 2022 verhandelt und am 5. Oktober 2022 unterzeichnet wurde. Mit der Vereinbarung wollen alle Beteiligten zwei langjährige Rechtsverfahren, die die Stadt im Zuge der Zuständigkeitsübertragung zum 1.6.2021 vom Freistaat geerbt hat, beenden.

München erbt Problem vom Freistaat

"München ist bei der Luftreinhaltung das Sorgenkind Deutschlands. Nirgends sonst im Land werden so hohe Abgaswerte registriert wie bei uns. Die zuständige bayerische Staatsregierung hat sich jahrelang um wirkungsvolle Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte gedrückt und die Verantwortung in dem Moment an die Stadt weitergegeben, als Fahrverbote nicht mehr zu verhindern waren. Ich halte Fahrverbote vor allem im Lichte der gegenwärtigen finanziellen Belastungen der Bürger für eine Zumutung. Gleichzeitig dürfen wir es nicht akzeptieren, dass tausende Münchner täglich gesundheitsgefährdende Abgase einatmen. Der nun geschlossene außergerichtliche Vergleich erlaubt großzügige Ausnahmen von den Fahrverboten, etwa für Handwerker mit Parklizenz. Das war mir sehr wichtig. Weitere Ausnahmen, etwa für soziale Härtefälle, werden wir in den nächsten Wochen prüfen", erklärt Bürgermeisterin Katrin Habenschaden.