Mobilität in Deutschland: Auto verliert, Gehen kommt

Mobilität in Deutschland
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Auto verliert, Gehen kommt

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Das Auto – vor allem außerhalb der Städte – ist nach wie vor ein zentrales Verkehrsmittel. Doch das Mobilitätsverhalten verschiebt sich, wie die aktuelle Studie "Mobilität in Deutschland (MiD)" im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zeigt.

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Die Zahlen der jüngsten MiD-Erhebung 2023, die im Regelfall alle fünf Jahre erfolgt, zeichnen ein differenziertes Bild und machen deutlich: Während die Verfügbarkeit von Pkw weiter steigt, nimmt ihre tatsächliche Nutzung leicht ab. Gleichzeitig erlebt das Zufußgehen eine regelrechte Renaissance.

Mehr Autos denn je – aber weniger Wege mit dem Auto

Im Jahr 2023 ist der Pkw-Bestand in Deutschland auf knapp 50 Millionen Fahrzeuge angewachsen. In privaten Haushalten stehen rund 45 Millionen Autos zur Verfügung, was bedeutet, dass auf jeden Haushalt statistisch mehr als ein Auto entfällt. Nur noch jeder fünfte Haushalt lebt komplett ohne Pkw – Tendenz sinkend.

Doch obwohl die Ausstattung mit Autos zunimmt, gehen die täglich mit dem Pkw zurückgelegten Wege leicht zurück. Der Anteil der Pkw-Fahrten am sogenannten Modal Split liegt bei 40 Prozent, die Mitfahrten kommen auf 13 Prozent. Das entspricht zusammen einem Anteil von 53 Prozent – ein Rückgang gegenüber den 57 Prozent aus dem Jahr 2017. Auch die tägliche Pkw-Verkehrsleistung ist rückläufig und liegt nun bei etwa 2,2 Milliarden Personenkilometern pro Tag.

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Regionale Unterschiede und Zielgruppen im Fokus

Besonders ausgeprägt ist die Autonutzung im ländlichen Raum, wo der öffentliche Verkehr oft nur unzureichend ausgebaut ist. In diesen Regionen verfügen über 90 Prozent der Haushalte über mindestens ein Auto, häufig sogar über zwei oder mehr. Das Auto bleibt hier ein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge.

In den Metropolen hingegen besitzen rund 40 Prozent der Haushalte kein eigenes Auto. Dort gewinnen andere Verkehrsformen an Bedeutung – etwa der öffentliche Nahverkehr, das Fahrrad oder eben der Fußweg. Auch jüngere Erwachsene und Studierende in Städten zeigen ein zunehmend multimodales Mobilitätsverhalten: Sie wechseln häufiger zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln oder verzichten teilweise ganz auf das eigene Auto.

Seniorinnen und Senioren hingegen erleben eine Zunahme ihrer automobilen Reichweite. Vor allem ältere Frauen verfügen heute häufiger über einen Führerschein und ein eigenes Auto als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Dennoch geht die tatsächliche Pkw-Nutzung mit steigendem Alter wieder zurück.

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Fahrzeug-Bestand Deutschland 2025 Jedes fünfte Auto in Deutschland ist ein VW

Das Zufußgehen erlebt ein Comeback

Eine der auffälligsten Entwicklungen in der MiD 2023 ist der Anstieg der zu Fuß zurückgelegten Wege. Mit einem Anteil von 26 Prozent aller Wege liegt das Zufußgehen nun auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Erhebung. Dabei wird das Auto zwar nicht ersetzt, aber ergänzt – besonders in Städten, wo Entfernungen kürzer und Alternativen attraktiver sind.

Diese Entwicklung ist nicht nur unter dem Aspekt der Verkehrswende interessant, sondern auch im Hinblick auf Gesundheits- und Umweltaspekte. Denn: Mehr Fußverkehr bedeutet weniger Emissionen, weniger Lärm und mehr Bewegung im Alltag.

Autonutzung differenziert sich aus

Auch der Blick auf die Pkw-Nutzergruppen zeigt eine zunehmende Ausdifferenzierung. Erwerbstätige mit verfügbarem Auto sind deutlich häufiger unterwegs als Nicht-Erwerbstätige ohne Pkw. Bei den unter 30-Jährigen lässt sich zudem ein leicht rückläufiger Führerscheinbesitz feststellen – wenngleich die Gesamtquote mit 88 Prozent ab dem 18. Lebensjahr weiterhin hoch ist.

Darüber hinaus steigt der Anteil großer Fahrzeuge: SUV, Vans und Geländewagen machen mittlerweile über ein Drittel des Haushaltsbestands aus. Gleichzeitig sinkt die durchschnittliche Fahrleistung auf etwa 14.000 Kilometer pro Jahr.

5 weitere Ergebnisse der MiD-Studie

  • 1. Carsharing und On-Demand-Verkehr: Wachstum nur in GroßstädtenCarsharing-Angebote haben in den letzten Jahren zwar an Bedeutung gewonnen, beschränken sich aber fast ausschließlich auf urbane Räume. In Großstädten verfügt inzwischen mehr als jeder fünfte Haushalt über eine Carsharing-Mitgliedschaft. Dennoch: Die tatsächliche Nutzung bleibt begrenzt. Ein erheblicher Teil der Mitglieder nutzt das Angebot kaum oder gar nicht. On-Demand-Angebote wie Sammeltaxis oder Rufbusse bleiben mit unter einem Prozent Anteil am Modal Split statistisch noch nahezu unsichtbar.
  • 2. Deutschlandticket: Stabilisator für den ÖPNVDas 2023 eingeführte Deutschlandticket hat sich schnell verbreitet: Bereits im ersten Jahr nutzen es rund 16 Prozent der Bevölkerung regelmäßig. Es stabilisiert die Nachfrage im öffentlichen Nahverkehr, der nach dem Corona-Tief noch immer mit Erholungstendenzen zu kämpfen hat. Besonders attraktiv ist das Ticket für Menschen in Städten und für Berufspendlerinnen und -pendler.
  • 3. Fahrradnutzung: Stärker durch E-Bikes. Der Anteil des Fahrrads am Modal Split liegt stabil bei 11 Prozent. Interessant ist jedoch die Qualität des Zuwachses: Rund ein Drittel aller Fahrradkilometer wird inzwischen mit Pedelecs zurückgelegt. Das sorgt für längere Strecken und eine breitere Nutzerschaft – auch bei älteren Menschen oder in Regionen mit größeren Entfernungen.#
  • 4. Rückgang der Mobilität bei wohlhabenderen Haushalten. Ein überraschender Befund der Studie: Haushalte mit hohem ökonomischem Status verzeichnen einen überdurchschnittlichen Rückgang bei täglichen Wegen. Das ist auch auf einen höheren Anteil von Homeoffice, Online-Einkäufen und digitaler Freizeitgestaltung zurückzuführen. Gleichzeitig bleibt der Pkw dort nach wie vor das dominante Verkehrsmittel.
  • 5. Soziale Unterschiede in der Verkehrsnutzung. Menschen mit niedrigerem Einkommen oder Migrationshintergrund nutzen seltener das Auto, dafür aber häufiger den öffentlichen Verkehr. Die Unterschiede im Modal Split zwischen "oben" und "unten" haben sich im Vergleich zu 2017 leicht verringert – ein Hinweis auf langsame Angleichung, aber weiterhin bestehende strukturelle Mobilitätsunterschiede.


In der Fotoshow zeigen wir Ihnen den Pkw-Bestand 2024.

Fazit

Das Auto bleibt zentral, aber nicht unangefochten. Die Verfügbarkeit ist hoch wie nie, doch die tatsächliche Nutzung stagniert oder nimmt leicht ab. Gleichzeitig gewinnen alternative Verkehrsmittel an Bedeutung – insbesondere der Fußverkehr.

Für die Politik und Stadtplanung ergibt sich daraus ein klarer Auftrag: In urbanen Räumen sollten Fuß- und Radinfrastruktur konsequent gestärkt werden, während im ländlichen Raum an Lösungen für eine bessere Erreichbarkeit ohne Auto gearbeitet werden muss. Nur so lässt sich eine zukunftsfähige, sozial ausgewogene und umweltfreundliche Mobilität gestalten.

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