Die Marke Mitsubishi scheint ein echter Überlebenskünstler zu sein. Sie verzeichnete im vergangenen Jahr ein Zulassungsplus von 50,8 Prozent allein in Deutschland, obwohl es die Marke in Europa eigentlich gar nicht mehr geben sollte. Dazu gibt es ein Händlernetz, das hierzulande seit Jahren konstant rund 400 Betriebe umfasst. Und das alles mit einem recht überschaubaren Modellprogramm. Warum existiert Mitsubishi also noch, und das aktuell sogar recht erfolgreich? Hier fünf mögliche Gründe.
1. Grund: die Händler
Nein, entscheidend ist nicht das Kirschblütenfest, das über viele Jahre bei den Mitsubishi-Händlern gefeiert wurde – mit Bierbänken, Bratwurst und eben Bier. Aber der zentrale Grund sind eben doch: die Händler. Keine Glaspaläste, sondern oft solide aufgestellte Familienbetriebe auf dem Land. Gut möglich, dass diese nur zwischen 70 und 100 Autos pro Jahr verkaufen, dafür aber jeden Kunden persönlich kennen. Und die Kunden im Zweifelsfall ihren Händler auch sonntags um 15 Uhr per Handy erreichen, wenn sie ihn nicht sowieso auf dem Fußballplatz treffen. Hinzu kommt: Diese Händler sowie die Emil-Frey-Gruppe als Importeur glaubten selbst dann an die Marke, als sie das Europa-Geschäft 2020 schleichend sterben lassen wollte.
2. Grund: das Modellprogramm
Nein, nicht wegen der Rallye-Basisgeräte Lancer Evo eins bis unendlich, auch wenn das sehr unterhaltsame Fahrzeuge waren. Tipp der Redaktion: Nach einem Evo VII oder IX Ausschau halten. Aber eben doch: das Modellprogramm. Weil zur richtigen Zeit die richtigen Modelle verfügbar waren. So konnte Mitsubishi gut ausgestattete SUV mit Plug-in-Hybridantrieb verzögerungsfrei liefern, als diese staatlich subventioniert wurden – zu einem vernünftigen Preis. Dass die Basisvariante des Eclipse Cross im E-Betrieb nicht heizt? Egal, denn Mitsubishi-Käufer gönnen sich gerne Vollausstattung.
3. Grund: die Führungspersönlichkeiten
Nein, nicht weil der heutige Trainer der Fußball-Nationalelf in einem Werbespot unbeholfen den Markennamen stammelt, nur um zu dem Schluss zu kommen, dass die Marke unaussprechlich gut sei – wie Kaiser Franz selig. Aber eine Person half doch mit, dass die Marke a) in Europa noch existiert und b) sich womöglich wieder eigene Wege leisten können wird: Luca de Meo.
Als der Italiener 2020 den Job des CEO bei Renault übernahm, hatte Mitsubishi kurz zuvor verkündet, keine neuen Autos mehr für den Verkauf in Europa entwickeln zu wollen. Die Japaner waren mit Nissan und Renault in einer Allianz verflochten. De Meo, in seiner Zeit bei Fiat mit Abarth und in seiner Zeit bei Seat mit Cupra vertraut mit der Wiederbelebung und dem Aufbau von Marken, unterstützte nun Mitsubishi mit Renault-Modellen wie dem Clio und dem Captur. Sie stehen als Colt und ASX bei den Händlern mit den Diamanten – und lasten zusätzlich die Renault-Werke aus. Über kommende Modelle wird sich Mitsubishi vom reinen Badge-Engineering, also dem einfachen Überkleben des Renault-Rhombus mit den drei Diamanten, in den nächsten Jahren schrittweise emanzipieren.
4. Grund: der eigene Anspruch
Nein, nicht weil die Marke nach Höherem strebt, so wie sie es Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre mit Sapporo (die Stufenheck-Limo, nicht das eckige Coupé) und dem Sigma (ja, der von vorne aussah wie ein mäßig kopierter BMW Sechser). Sondern weil die Marke mit dem Space Star (nein, nicht der dreitürige Van, sondern der Kleinwagen) lange den günstigsten Neuwagen Deutschlands anbieten könnte. Das allerdings zum Teil stark subventioniert, da es selbst Mitsubishi schwerfällt, in diesem Segment gute Autos für wenig Geld anzubieten. Für deutlich unter 10.000 Euro mag der Space Star für viele interessant sein, für unsubventioniert deutlich über 10.000 Euro weniger. Deshalb sind nur noch Lagerfahrzeuge lieferbar, der Colt muss nun diese Rolle übernehmen. Ja, der ist teurer, aber eben auch viel mehr Auto.
5. Grund: der technische Pragmatismus
Nein, nicht weil von jetzt auf gleich alles anders werden sollte – so wie sich andere Hersteller Anfang der Dekade Hals über Kopf in die E-Mobilität stürzten. Gut, Mitsubishi beschloss darauf eben, sich ganz zurückzuziehen. Nun kam aber eben doch alles anders, was an ehrlichen Produkten lag, deren Technik nicht potenzielle Käufer verunsicherte oder verschreckte. Das Design vielleicht schon eher, aber das muss jeder selbst wissen. Der E-Mobilität nähert sich Mitsubishi nun ganz sachte, nutzt womöglich in nicht allzu ferner Zukunft eine E-Architektur von Renault, vielleicht ja die des Scenic. Doch wie wird der preislich positioniert? Wie gut gelingt es den Händlern, so ein Fahrzeug erst sich selbst und dann potenziellen Käufern näherzubringen? Spannende Fragen. Antworten zu gegebener Zeit an dieser Stelle.
Hinweis: In der Fotoshow über dem Artikel beschreiben wir Ihnen, wie sich der neue Mitsubishi Outlander PHEV fährt.