März, April, Mai und Juni waren für viele Autohersteller Horrormonate: Der Absatz brach wegen der Corona-Pandemie ein wie noch nie: Über 20 Prozent Minus sind es fast überall, manche Marke konnte gar nur mehr halb so viele Autos verkaufen, wie noch 2019. Klar, kein Hersteller konnte seine Produktion aufrecht erhalten, da sämtliche Lieferketten komplett zusammenbrachen und die Werke wegen Infektionsgefahr dicht machen mussten. Jetzt erholt sich das Geschäft sehr langsam – die Kunden bleiben wegen düsterer wirtschaftlicher Aussichten oft vorsichtig. Aber Corona lässt sich auch gut als Grund für Unternehmens-Verluste vorschieben – einige Autohersteller hatten bereits vor der Pandemie massive Probleme, einem geht es hingegen trotz Corona ziemlich gut.
VW rutscht in die roten Zahlen – Ausblick ist aber gut
Volkswagen lieferte im ersten Halbjahr 2020 27,4 Prozent weniger Fahrzeuge aus als im Vorjahreszeitraum. Der Konzernumsatz sank um 23,2 Prozent auf 96,131 Milliarden. Den heftigsten Umsatzerlös-Rückgang musste unter den VW-Marken Seat wegstecken: um 40,2 Prozent ging es für die Spanier runter – Spanien gehörte im ersten Halbjahr zu den am härtesten von der Corona-Pandemie heimgesuchten Regionen. Mit einer Steigerung um drei Prozent ist Bentley als einzige Marke im Plus. Das operative Ergebnis brach bei VW um erschütternde 117 Prozent ein, Volkswagen rutschte mit 1,5 Milliarden Euro ins Minus. Die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) geht aber davon aus, dass VW noch in diesem Jahr wieder schwarze Zahlen schreibt. Margen und Gewinngrößen wie 2019 sind allerdings frühestens 2022 zu erwarten.

Porsche mit Milliardengewinn trotz Corona
Nach dem ersten Halbjahr 2020 hat die Porsche AG eine operative Umsatzrendite von 9,9 Prozent erreicht. Der Umsatz von 12,42 Milliarden Euro liegt 7,3 Prozent unter dem Vorjahr; das operative Ergebnis von 1,23 Milliarden Euro ging um 26,3 Prozent gegenüber 2019 zurück. Die Auslieferungen waren in den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 weltweit insgesamt um 12,4 Prozent auf 116.964 Fahrzeuge gesunken. In Europa und in USA musste Porsche im ersten Halbjahr 2020 deutliche Einbußen verkraften. In China und in weiteren asiatischen Märkten wie Korea und Japan läuft es seit Wochen wieder gut. Im Wettbewerbsvergleich sieht sich der Sportwagenbauer dennoch gut aufgestellt. Eine Prognose zum Verlauf des Gesamtjahres will Porsche noch nicht abgeben. Man habe sich zwar von dem strategischen Ziel einer operativen Umsatzrendite von 15 Prozent verabschiedet, zweistellig soll diese zum Jahresende aber schon sein.

Daimler im Minus – aber über den Erwartungen
Die Corona-Pandemie hat bei Daimler eine Entwicklung verstärkt, die vorher schon überdeutlich war: Die Schwaben schockierten ihre Anleger seit Mitte 2019 mit einer Gewinnwarnung nach der anderen. Zu den Gründen zählen auch verspätete Produktionsanläufe. Das Konzern-Ergebnis rutschte jetzt auf minus 2,001 Milliarden Euro. Der Konzernabsatz sank im ersten Halbjahr um 26 Prozent auf 1,186 Millionen verkaufte Exemplare, der Umsatz ging dieses Mal um 18 Prozent auf 67,407 Euro runter. Das Konzernergebnis beträgt minus 1,907 Euro. Diese Ergebnisse liegen aber immerhin über den Erwartungen der Analysten – der Juni war für Daimler ein starker Monat und das Geschäft in China läuft wieder. Probleme der Stuttgarter sind ein Rückstand bei der Elektromobilität und unwägbare Belastungen aus dem Diesel-Skandal. Die Analysten der Nord/LB sehen Daimler als Kandidaten für Kooperationen mit BMW, Renault/Nissan oder Volvo/Geely.

Audi mit Rückenwind aus China
Audi freut sich aktuell über eine Stabilisierung der Märkte, musste aber ebenfalls starke Einbrüche bei Absatz und Gewinn hinnehmen. So lieferten die Ingolstädter im ersten Halbjahr 707.225 Fahrzeuge aus – 22 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Beim operativen Ergebnis führt das zu einem Minus in Höhe von 643 Millionen Euro – mit dem Dieselbetrugs-Skandal verbundene Zusatzbelastungen in Höhe von 108 Millionen Euro hat Audi hier bereits abgezogen. Der Umsatzerlös sank um 28,8 Prozent auf 20,476 Milliarden Euro. Audi freut sich über einen vergleichsweise starken Juni, in dem die Fahrzeugauslieferungen nur noch acht Prozent unter dem des Vorjahres lagen. Auch die weltweiten Bestelleingänge liegen laut Hersteller nur noch knapp unter Vorjahresniveau. Wachstumstreiber ist hier vor allen Dingen der chinesische Markt. Für das Gesamtjahr erwartet Audi niedrigere Umsatzerlöse und ein niedrigeres operatives Ergebnis als im Vorjahr – allerdings soll 2020 für den Konzern trotzdem mit deutlich schwarzen Zahlen zu Ende gehen.

BMW ebenfalls mit Verlust, aber Wachstum in China
BMW hat im ersten Halbjahr dieses Jahres weltweit 962.575 Fahrzeuge ausgeliefert. Das sind 23 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Absatzstärkstes Land war mit deutlichem Abstand China mit 329.447 (-6,0 Prozent) verkauften Autos. Im 2. Quartal konnte BMW den Absatz im Reich der Mitte sogar um 17,0 Prozent steigern. Über Wachstum kann sich BMW außerdem bei E-Autos und PHEV freuen: Im ersten Halbjahr lieferten die Münchner nach eigene Angaben weltweit 61.652 und damit 3,4 Prozent mehr elektrifizierte BMW und Minis aus. Der Anteil am Gesamtabsatz bleibt allerdings noch vergleichsweise bescheiden: Insgesamt konnten die Bayern in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 842.153 (-21,7 Prozent) BMW an Kunden übergeben. Bei Mini war das Minus mit 118.862 (-31,1 Prozent) im gleichen Zeitraum deutlich größer, Rolls-Royce kam nur mehr auf einen Absatz von 1.560 Fahrzeugen (- 37,6 Prozent).
Finanziell hinterließ das zweite Quartal auch bei den Münchnern heftige Bremsspuren: Statt wie im ersten Halbjahr 2019 1,16 Milliarden Gewinn (Ebit), schlagen jetzt 1,33 Milliarden Verlust im Automobilbereich zu Buche. Der Konzern-Umsatz sank um 10,3 Prozent, der Konzern-Gewinn (Ebit) fiel um 74,6 Prozent auf 709 Millionen Euro. Die Analysten der Nord-LB weisen allerdings darauf hin, dass BMW im 1. Quartal 2019 "im Zusammenhang mit der Übermittlung der Beschwerdepunkte im Rahmen des laufenden Kartellverfahrens der EU-Kommission" eine Rückstellung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro bilden musste. Insgesamt rechnet BMW für das Gesamtjahr mit einem tiefen Einschnitt, aber in Summe auch mit einem leicht positiven Ergebnis. Die Nord-LB schließt sich dieser Einschätzung an: "Natürlich kann sich auch BMW nicht der Corona-Pandemie entziehen und ist im 2. Quartal in die roten Zahlen gerutscht, wenngleich wir auf Gesamtjahressicht mit schwarzen Zahlen rechnen. Wir schätzen, dass BMW 2020 nur 2,1 bis 2,3 Millionen Autos (2019: 2,538 Mio.) ausliefern kann. Sehr stark zeigten sich die Münchener allerdings bereits wieder im 2. Quartal in China, wo der Absatz um erstaunliche 17,0% zulegen konnte! Möglicherweise kann BMW im Gesamtjahr sogar Wachstum im Reich der Mitte verbuchen".

PSA und Opel mit schwarzen Zahlen
Die französische Groupe PSA, zu der die Marken Peugeot, Citroën, DS und Opel sowie Vauxhall gehören, musste im ersten Halbjahr einen Absatzeinbruch in Höhe von 45,7 Prozent verkraften. Am meisten Verkaufsvolumen verlor Opel/Vauxhall mit 53,1 Prozent. Für Citroën ging es um 43,5 und für Peugeot um 42 Prozent runter. Der Konzernumsatz brach um 34,5 Prozent auf 25,120 Milliarden Euro ein. Das operative Ergebnis ging zwar um 67,5 Prozent zurück, aber die Groupe PSA bleibt mit 0,595 Milliarden Euro im Vergleich zur Konkurrenz satt in den schwarzen Zahlen. Opel trug, gemeinsam mit der britischen Schwestermarke Vauxhall, mit 111 Millionen Euro zum Betriebsergebnis des Konzerns bei. Die Nord/LB betont die Wichtigkeit des Zusammenschlusses mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA). Außerdem befürchten die Banker, dass der französische Hersteller bei Zukunftstechnologien wie Elektromobilität und autonomem Fahren gegenüber der Konkurrenz weit abgeschlagen ist.

Ford optimistisch – aber mit herben Verlusten in Europa
Ford musste in Europa bei den Fahrzeugauslieferungen einen Rückgang um 41 Prozent verkraften, die Einnahmen gingen um 33 Prozent zurück. Das schlug sich im operativen Gewinn nieder: Hier müssen die Kölner 807 Millionen Dollar (682 Millionen Euro) Verlust verbuchen. Allerdings geben sich die Ford-Verantwortlichen optimistisch – kommende Elektroautos und die Allianz mit VW sorgen bei ihnen für Zuversicht. Laut eigener Aussage, ist das Erreichen der künftigen CO2-Ziele für Ford aber wiederum ein Problem.

FCA hat es schwer
Bei Fiat Chrysler geht die Nord/LB davon aus, dass der Konzern 2020 nur noch 3,3 bis 3,7 Millionen Fahrzeuge absetzen kann – 2019 gingen noch 4,4 Millionen Fahrzeuge zu den Kunden. Im zweiten Quartal 2020 dürfte das operative Ergebnis nach Einschätzung der Banker in die roten Zahlen gerutscht sein – selbst auf Gesamtjahressicht sind rote Zahlen möglich. FCA muss auf eine Erholung des amerikanischen Automarktes hoffen, dort verdienen die Italo-Amerikaner das meiste Geld. Außerdem muss der Zusammenschluss mit der PSA Groupe klappen, nachdem 2019 der Fusionsversuch mit Renault gescheitert war. Durch die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung ist die Verhandlungsposition von FCA gegenüber der Groupe PSA geschwächt.

Renault kämpft, kommt Daimler näher?
Bei Renault brach der Absatz im Zuge der Corona-Krise im ersten Halbjahr 2020 um 34,3 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro ein, gleichzeitig ging die Zahl der verkauften Autos um 34,9 Prozent auf 1,26 Millionen zurück. Die Franzosen müssen einen Einbruch beim operativen Gewinn in Höhe von 1,2 Milliarden Euro verkraften – das Nettoergebnis beträgt minus 7,386 Milliarden Euro. Renault-Partner Nissan ist an diesem Ergebnis mit minus 4,817 Milliarden Euro überproportional stark beteiligt. Für eine finanzielle Konsolidierung möchte Renault, unter anderem, noch im Jahr 2020 600 Millionen Euro an Fixkosten einsparen. Aufgrund der unwägbaren Corona-Situation weltweit, sieht sich Renault außerstande, eine Prognose für das Gesamtjahr 2020 abzugeben. Die Analysten der Nord-LB kommentieren: Nissan zieht die ohnehin schon schlechten Zahlen des Renault-Konzerns noch viel tiefer in den roten Bereich. Ende Mai wurde ein neues Allianz-Modell mit Nissan und Mitsubishi vorgestellt. Allerdings ist eine derartige Allianz deutlich instabiler als eine Fusion. Ob mit dem neuen Modell auch die Unzufriedenheit des japanischen Partners Nissan beseitigt ist, darf angezweifelt werden. Schließlich sieht sich Nissan als der stärkere Partner, wenngleich Renault rund 43% der Nissan-Aktien hält. Allerdings dürfte eine Auflösung der Allianz für alle Beteiligten auch keine Lösung gewesen sein, zumal die Automobilwelt derzeit massiv unter disruptivem Druck steht. Corona tut ein Übriges. Auf den seit Juli 2020 amtierenden, neuen CEO Luca de Meo kommt die wichtige und zugleich schwierige Aufgabe zu, die Allianz aus Renault und Nissan zu festigen und unwiderruflich zu machen. Möglich, dass sich in absehbarer Zeit mit dem Daimler-Konzern, der bereits wechselseitige Beteiligungen mit Renault und Nissan eingegangen ist, ein weiterer Partner dem Bündnis nähert".

Tesla als Gewinner der Corona-Krise
Der Automotive-Umsatz von Tesla ging im ersten Corona-Halbjahr gerade mal um fünf Prozent auf 4,911 Milliarden US-Dollar (aktuell umgerechnet zirka 4,177 Milliarden Euro) zurück. Der Konzernumsatz sank im gleichen Zeitraum um 4,9 Prozent auf 6,036 Milliarden Dollar (5,133 Milliarden Euro). Beim operativen Ergebnis kann Tesla mit 327 Millionen Dollar (278 Millionen Euro) zum vierten Mal in Folge schwarze Zahlen ausweisen. Die Produktion brach bei Tesla, trotz der Corona bedingten Schließung des Hauptwerks im kalifornischen Fremont, vergleichsweise gering ein, da die Amerikaner gleichzeitig die Produktion in ihrem neuen Werk in Shanghai hochfahren.

Die Analysten der Nord/LB gehen davon aus, dass Tesla bis zum Ende des Jahres 20 bis 35 Prozent mehr Fahrzeuge ausliefert als im Vorjahres-Vergleichszeitraum. Sie schätzen die Kaufzurückhaltung bei Tesla-Kunden geringer ein als bei Kunden anderer Automarken. Außerdem scheinen sich Teslas Gewinne zu stabilisieren – mittelfristig dürfte das Unternehmen zu den Corona-Gewinnern gehören. Die aktuelle Marktkapitalisierung in Höhe von 295 Milliarden Dollar (251 Milliarden Euro) entspricht einem höheren Wert, als dem sämtlicher europäischer und amerikanischer Autohersteller zusammen. Dies hält die Nord/LB für deutlich zu hoch.
Toyota bleibt knapp positiv
Auch Toyota kann sich nicht der Corona-Pandemie entziehen und verzeichnete bei den weltweiten Autoverkäufen im 1. Quartal 2020/21 einen Rückgang um 31,8 Prozent auf 1,848 Mio. Einheiten. Die Verkaufszahlen waren in allen Regionen stark rückläufig. Der Konzern-Umsatz brach um 40,4 Prozent ein, das operative Ergebnis um 98,1 Prozent – Toyota blieb allerdings, wie die Nord LB hervorhebt, als eines der wenigen Branchen-Unternehmen in den schwarzen Zahlen. Während die operativen Ergebnisse in Japan (-82 Prozent) und in Asien (-60,8 Prozent) stark zurückgingen aber noch im positiven Bereich lagen, rutschten die operativen Ergebnisse in Nordamerika (-161%) und in Europa (-157 Prozent) tief in die roten Zahlen. Das operative Ergebnis des Segmentes Automobil fiel um 114 Prozent. Für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 hat Toyota die Absatzerwartung sogar auf 9,1 Millionen (bisher: 8,9 Millionen) Autos angehoben. Im Geschäftsjahr 2019/20 wurden allerdings noch 10,457 Millionen Fahrzeuge verkauft. Insgesamt rechnen die Japaner mit einem operativen Ergebnis von 500 Milliarden Yen, das sind umgerechnet vier Milliarden Euro.