Mietwagen als teurer Urlaubsposten: Knappheit lässt Preise steigen

Mietwagen im Urlaub nach Corona
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Auto-Engpass - Mietpreise teils 160 Prozent höher

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Die Tourismusbranche erwacht aus der Corona-Starre, aber weil viele Anbieter zu wenig Autos haben, sind die Mietwagenpreise in einigen Urlaubsregionen explodiert. Wer sparen möchte, findet aber Alternativen

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Autovermieter gehörten zu Beginn des Corona-Lockdowns zu den am härtesten gebeutelten Unternehmen: Weil sie 2020 mit einem Rekordjahr rechneten, hatten sie sich mit vielen Neufahrzeugen eingedeckt, die mit dem gleichzeitigen schlagartigen Wegfall von Geschäftskunden und Urlaubern keiner mehr brauchte. So waren die Vermieter gezwungen, sich so schnell wie möglich von großen Teilen ihrer im Unterhalt teuren Flotten zu trennen, das US-Unternehmen Hertz verkaufte sogar öffentlichkeitswirksam seine Corvette-Z06-Modelle. Außerdem schlossen die Vermieter reihenweise Filialen – trotzdem meldeten Hertz und Europcar Insolvenz an. Jetzt zieht das Mietwagengeschäft wieder kräftig an – anscheinend schneller und heftiger, als die Vermieter vermutet haben. Besonders an einigen klassischen Urlaubszielen herrscht Mietwagen-Mangel, der die Preise hochschnellen lässt. So hoch, dass der Mietwagen der teuerste Urlaubposten werden könnte.

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Aktuell ist der Bedarf an Mietwagen auf Mallorca besonders hoch - dementsprechend sind dort die Mietwagenpreise heftig gestiegen.

1.000 Dollar pro Tag auf Hawaii

In den USA, wo vielerorts der Geschäfts- und Urlaubs-Reiseverkehr früher erwachte als in Europa, ist die Mietwagen-Knappheit schon seit Monaten ein Thema. Einige Urlauber sollen sich bereits ersatzweise kleine Nutzfahrzeuge gemietet haben und die US-Reisewebsite Travel + Leisure berichtete am 31. März, dass auf Hawaii ein Mietwagen 1.000 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 822 Euro) pro Tag kostet. Inzwischen sind Mietwagen auch in europäischen Urlaubsregionen teuer. Das günstigste am Flughafen von Palma de Mallorca zu mietende Auto kostet in der Zeit vom 4. bis zum 11. Juli 523 Euro – laut Website ist das ein preisgesenktes Angebot, vorher waren angeblich 672 Euro fällig. Dafür bekommt der Mieter einen Kleinstwagen von der Größe eines Hyundai i10. Vor der Corona-Pandemie kostete ein Auto dieser Klasse auf den Balearen zirka 150 Euro pro Woche. Die im Balearischen Mietwagenverband Aevab (Agrupación Empresarial De Alquiler De Vehículos Con y Sin Conductor De Baleares – Balearische Business-Gruppe für die Vermietung von Autos mit und ohne Fahrer) organisierten Unternehmen betreiben aktuell 30.000 Fahrzeuge – vor Corona waren es 100.000. Und frische Autos auf die Inseln zu bekommen dauert, zumal die Hersteller wegen der Halbleiter-Krise mit großen Lieferschwierigkeiten kämpfen.

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Die vom Halbleitermangel verursachten Lieferengpässe der Autohersteller sind ein Grund dafür, dass die Autovermieter ihre Flotten nicht so schnell wieder erweitern können, wie sie eigentlich möchten.

Preisanstiege nicht überall

Die Preise sind aber regional sehr unterschiedlich. Laut dem Vergleichsportal billiger-mietwagen.de sind die Preise in Griechenland teilweise um über 160 Prozent angestiegen, in Spanien um 117 und in Italien um zirka 100. In Deutschland beträgt der Anstieg 20 Prozent, weltweit sind die Preise durchschnittlich um 54 Prozent gestiegen. Im Vergleich Deutschland/Spanien scheint es aber auch je nach Vermieter und Fahrzeugklasse große Unterschiede zu geben: So beträgt die Tagesmiete für einen Kleinstwagen am Flughafen von Palma de Mallorca (5. bis 6. Juli) bei Sixt 164 Euro, am Flughafen München aber 172 Euro – hier ist also der deutsche Mietpreis höher als der spanische. Auch in einem Land können die Preise unterschiedlich ausfallen: Wer in der oben genannten Juli-Woche am Flughafen von Las Palmas de Gran Canaria einen Kleinstwagen mietet, zahlt nur 143 Euro. Und in Dänemark und der Türkei sind die Mietwagenpreise im Vergleich zu 2020 sogar gesunken.

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Auto-Abos sind ein neuer Absatzkanal der Hersteller - dieser Kanal konkurriert mit dem klassischen Mietwagen-Geschäft, was für die Autovermieter die Beschaffung neuer Autos erschwert.

Autovermieter können höhere Preise gebrauchen

Für die Autovermieter bedeutet der mit dem regionalen Nachfrage-Anstieg verbundene Preisanstieg ein Hoffnungsschimmer und eine erste leichte Erholung nach den harten Wochen des Lockdowns. Hertz hat inzwischen von Finanzinvestoren eine Kapitalspritze in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar (3,45 Milliarden Euro) bekommen. Trotzdem verkaufen die Amerikaner noch bis September 2021 Teile ihrer Flotte – im September werden sie zwei Drittel ihrer Flotte (im Vergleich zum März 2020) verkauft haben. Europcar ordnet seine Geschäfte unter einem Gläubiger-Schutzschirm neu.

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Viele Gründe für langsames Flottenwachstum

Das Auffüllen der Flotten dürfte noch einige Zeit in Anspruch nehmen, was wiederum mit nur einem langsamen Sinken der Mietwagenkosten in den Hochpreisgebieten verbunden sein könnte. Gründe sind laut billiger-mietwagen.de nicht nur der Chipmangel bei den Autoherstellern, sondern auch die eingeschränkten finanziellen Kapazitäten der Vermieter nach der Pandemie. Außerdem boomt aktuell der Neuwagen-Kaufmarkt genauso wie der Leasing- und der neue Abo-Markt – diese Absatzkanäle konkurrieren dem Verkauf an die Autovermieter. Zudem sorgen sich die Vermieter vor einer vierten Corona-Welle im Herbst und sie wissen nicht, wie schnell die Geschäftskunden zurückkommen – falls diese Kunden überhaupt zurückkommen.

Wer bei der Automiete sparen möchte, sollte sich bei der Reisezielauswahl auch an den Mietwagenpreisen orientieren – in extrem teuren Regionen könnte sich sogar, trotz langer Anreise und Fährüberfahrt zu einer Insel, die Anreise im eigenen Auto lohnen.

Fazit

Der Corona-Lockdown hat die Mietwagen-Anbieter gezwungen, sich von großen Teilen ihrer Autoflotten zu trennen. Trotzdem sind Anbieter wie Hertz und Europcar in die Insolvenz geraten. Jetzt zieht der Bedarf an beliebten Urlaubszielen wie Mallorca heftig an und es fehlen Autos – das sorgt punktuell für massiv gestiegene Mietwagenpreise.

Wer nicht möchte, dass der Mietwagen den größten Teil seines Urlaubs-Budgets auffrisst, der hat Alternativen: Während die Preise auf Mallorca vergleichsweise hoch sind, kosten Mietwagen auf Gran Canaria aktuell wenig. In Dänemark und der Türkei sind die Preise im Vergleich zu 2020 sogar gesunken.

Insgesamt dürfte sich die Lage am Mietwagen-Markt nur langsam entspannen, da die Autohersteller wegen der Halbleiter-Krise mit Lieferengpässen kämpfen und die Autovermieter nach der Corona-Pandemie finanziell gebeutelt sind und somit deutlich geschrumpfte Reserven für Neuanschaffungen haben. Außerdem sind Neuwagen aktuell auch bei Privatkunden sowie Leasing- und Abo-Anbietern begehrt. Einige Autovermieter haben sich bereits am Gebrauchtwagenmarkt eingedeckt, um die gestiegene Nachfrage zu befriedigen.

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