Autovermieter gehörten zu Beginn des Corona-Lockdowns zu den am härtesten gebeutelten Unternehmen: Weil sie 2020 mit einem Rekordjahr rechneten, hatten sie sich mit vielen Neufahrzeugen eingedeckt, die mit dem gleichzeitigen schlagartigen Wegfall von Geschäftskunden und Urlaubern keiner mehr brauchte. So waren die Vermieter gezwungen, sich so schnell wie möglich von großen Teilen ihrer im Unterhalt teuren Flotten zu trennen, das US-Unternehmen Hertz verkaufte sogar öffentlichkeitswirksam seine Corvette-Z06-Modelle. Außerdem schlossen die Vermieter reihenweise Filialen – trotzdem meldeten Hertz und Europcar Insolvenz an. Jetzt zieht das Mietwagengeschäft wieder kräftig an – anscheinend schneller und heftiger, als die Vermieter vermutet haben. Besonders an einigen klassischen Urlaubszielen herrscht Mietwagen-Mangel, der die Preise hochschnellen lässt. So hoch, dass der Mietwagen der teuerste Urlaubposten werden könnte.

1.000 Dollar pro Tag auf Hawaii
In den USA, wo vielerorts der Geschäfts- und Urlaubs-Reiseverkehr früher erwachte als in Europa, ist die Mietwagen-Knappheit schon seit Monaten ein Thema. Einige Urlauber sollen sich bereits ersatzweise kleine Nutzfahrzeuge gemietet haben und die US-Reisewebsite Travel + Leisure berichtete am 31. März, dass auf Hawaii ein Mietwagen 1.000 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 822 Euro) pro Tag kostet. Inzwischen sind Mietwagen auch in europäischen Urlaubsregionen teuer. Das günstigste am Flughafen von Palma de Mallorca zu mietende Auto kostet in der Zeit vom 4. bis zum 11. Juli 523 Euro – laut Website ist das ein preisgesenktes Angebot, vorher waren angeblich 672 Euro fällig. Dafür bekommt der Mieter einen Kleinstwagen von der Größe eines Hyundai i10. Vor der Corona-Pandemie kostete ein Auto dieser Klasse auf den Balearen zirka 150 Euro pro Woche. Die im Balearischen Mietwagenverband Aevab (Agrupación Empresarial De Alquiler De Vehículos Con y Sin Conductor De Baleares – Balearische Business-Gruppe für die Vermietung von Autos mit und ohne Fahrer) organisierten Unternehmen betreiben aktuell 30.000 Fahrzeuge – vor Corona waren es 100.000. Und frische Autos auf die Inseln zu bekommen dauert, zumal die Hersteller wegen der Halbleiter-Krise mit großen Lieferschwierigkeiten kämpfen.

Preisanstiege nicht überall
Die Preise sind aber regional sehr unterschiedlich. Laut dem Vergleichsportal billiger-mietwagen.de sind die Preise in Griechenland teilweise um über 160 Prozent angestiegen, in Spanien um 117 und in Italien um zirka 100. In Deutschland beträgt der Anstieg 20 Prozent, weltweit sind die Preise durchschnittlich um 54 Prozent gestiegen. Im Vergleich Deutschland/Spanien scheint es aber auch je nach Vermieter und Fahrzeugklasse große Unterschiede zu geben: So beträgt die Tagesmiete für einen Kleinstwagen am Flughafen von Palma de Mallorca (5. bis 6. Juli) bei Sixt 164 Euro, am Flughafen München aber 172 Euro – hier ist also der deutsche Mietpreis höher als der spanische. Auch in einem Land können die Preise unterschiedlich ausfallen: Wer in der oben genannten Juli-Woche am Flughafen von Las Palmas de Gran Canaria einen Kleinstwagen mietet, zahlt nur 143 Euro. Und in Dänemark und der Türkei sind die Mietwagenpreise im Vergleich zu 2020 sogar gesunken.

Autovermieter können höhere Preise gebrauchen
Für die Autovermieter bedeutet der mit dem regionalen Nachfrage-Anstieg verbundene Preisanstieg ein Hoffnungsschimmer und eine erste leichte Erholung nach den harten Wochen des Lockdowns. Hertz hat inzwischen von Finanzinvestoren eine Kapitalspritze in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar (3,45 Milliarden Euro) bekommen. Trotzdem verkaufen die Amerikaner noch bis September 2021 Teile ihrer Flotte – im September werden sie zwei Drittel ihrer Flotte (im Vergleich zum März 2020) verkauft haben. Europcar ordnet seine Geschäfte unter einem Gläubiger-Schutzschirm neu.
Viele Gründe für langsames Flottenwachstum
Das Auffüllen der Flotten dürfte noch einige Zeit in Anspruch nehmen, was wiederum mit nur einem langsamen Sinken der Mietwagenkosten in den Hochpreisgebieten verbunden sein könnte. Gründe sind laut billiger-mietwagen.de nicht nur der Chipmangel bei den Autoherstellern, sondern auch die eingeschränkten finanziellen Kapazitäten der Vermieter nach der Pandemie. Außerdem boomt aktuell der Neuwagen-Kaufmarkt genauso wie der Leasing- und der neue Abo-Markt – diese Absatzkanäle konkurrieren dem Verkauf an die Autovermieter. Zudem sorgen sich die Vermieter vor einer vierten Corona-Welle im Herbst und sie wissen nicht, wie schnell die Geschäftskunden zurückkommen – falls diese Kunden überhaupt zurückkommen.
Wer bei der Automiete sparen möchte, sollte sich bei der Reisezielauswahl auch an den Mietwagenpreisen orientieren – in extrem teuren Regionen könnte sich sogar, trotz langer Anreise und Fährüberfahrt zu einer Insel, die Anreise im eigenen Auto lohnen.