Mercedes bringt Maps und YouTube in E-Klasse & Co.

Langfristige Partnerschaft​ mit Google
Mercedes bringt Maps und YouTube in E-Klasse & Co.

Fahrer älterer Auto-Modelle kennen das: Zum Navigieren nimmt man am besten das Smartphone. Google-Maps ist schon lange die App der Wahl, weil es die besten Verkehrsinformationen hat. Staus zeigt das Handy damit ziemlich zuverlässig an, prognostiziert den Zeitverlust meist recht genau und berechnet ratfatz eine alternative Routenführung, wenn es dafür Bedarf erkennt.

Maps als Premium-Navi im Auto

Dabei kostet der Dienst nicht mal Geld. Nur Daten. Die, die das Handy vom Provider bekommt und die, die die Datenkrake vom Nutzer (bei der Navigation anonymisiert) zieht und weiter verwendet.

Das nehmen die meisten eiligen Reisenden selbst in modernen Autos in Kauf – weil das Onboard-Navi in der Anschaffung etwa das Zehnfache eines Smartphones kostet und dennoch meist um ein Vielfaches schlechter ist. Das ist dann spätestens auch für die Luxusmarke Mercedes mit sechsstelligen Fahrzeugpreisen ein Problem. Hinzu kommt: Den meisten Fahrzeugen merkt man an, dass ihre Entwickler es lieber sähen, die Kunden nutzten die Onboard-Systeme – ein vernünftiger Platz fürs Smartphone ist immer noch selten und die Antenne strahlt im faradayschen Käfig herum.

Mercedes hat je nach Blickwinkel kapituliert oder eine kluge Lösung auf den Weg gebracht: Die Schwaben geben ihrerseits Geld für Google-Lizenzen aus und holen Maps ins Navi des Autos. Erstes Modell dürfte die demnächst debütierende E-Klasse sein (siehe Bildergalerie).

In der Pressemitteilung heißt es zwar noch, Mercedes-Benz plane, "innovative fahrzeugbezogene Geodaten und Routenplanungs-Funktionen der Google Maps Plattform in das eigene Navigationssystem zu integrieren". Aber der Plan steht wohl eher kurz vor der Umsetzung. Denn bereits ab heute biete Mercedes "seinen Kundinnen und Kunden erste neue Features wie die Sonderziel-Informationen "Place Details" von Google.

Datenhoheit bleibt bei Mercedes

Außerdem spricht Mercedes von der Integration von Maps in das kommende Betriebssystem MB.OS (Mercedes-Benz Operation System) und verspricht explizit den Zugriff auf "Detailinformationen zu Sonderzielen, Echtzeit-Verkehrsinformationen und Daten zur prognostizierten Verkehrslage sowie die automatische Anpassung der Routenplanung an die Verkehrssituation." Zudem wird Mercedes nach eigenen Angaben die Informationen von Google Maps nutzen, um assistierte Fahrfunktionen wie das automatische Reduzieren der Geschwindigkeit vor Kreuzungen, Kreisverkehren oder Kurven zu verbessern.

Das geht wegen der Integration der Google-Dienste ins Fahrzeug-Betriebssystem des Herstellers, was den Unterschied zu Konkurrenten wie Volvo oder Polestar ausmacht, die gleich das Betriebssystem Android von Google nutzen und so dessen Dienste im Auto zugänglich machen. Damit geben diese Marken aber die Hoheit über die Daten der Kunden ab, die bei Google landen. Mercedes hingegen bezahlt Millionen für die Lizenzen und die Datensouveränität. Mercedes-Chef Ola Källenius sagt dazu: "Wir erheben nur die Daten, die der Kunde uns gegenüber freigibt." Vor allem aber: "Wir sind die Architekten unseres eigenen Betriebssystems. Es ist unser Haus, wir machen die Regeln, wir treffen die Entscheidungen. Das beinhaltet auch die Entscheidung, mit erstklassigen Partnern an ausgewählten Aufgaben gemeinsam zu arbeiten", macht der CEO die Konstellation klar.

Wichtig dürfte das für den Hersteller sein, weil er seine Autos global auch dort verkauft, wo Google keine Lösung ist, so etwa im Riesenmarkt China. Der dortige Kartendienst etwa heißt Amap, bei Infotainment-Anwendungen ist Tencent Mercedes-Partner. Beides sollte dann ebenso in MB.OS integrierbar sein. In China haben deutsche Elektromodelle derzeit mit geringer Nachfrage zu kämpfen – die mangelnde Performance der Software dürfte ein Grund sein.

Die Sonderziel-Informationen "Place Details" von Google sollen übrigens ab sofort in allen Fahrzeugen (in "zahlreichen" Märkten) mit der neuesten MBUX-Generation verfügbar sein. Sie bieten Details zu weltweit mehr als 200 Millionen Geschäften und sonstigen Orten, etwa Öffnungszeiten, Bilder und Bewertungen.

Flottenanalyse mit Google-KI?

Mercedes will zudem weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit erörtern und zwar im Bereich der Lösungen von Google Cloud bei Künstlicher Intelligenz (KI), Datenverarbeitung und offenen Cloud-Infrastrukturlösungen. So prüfe Mercedes beispielsweise, die Datenverarbeitungsplattform von Google Cloud zur Analyse seiner Flotte zu nutzen.

Google-Chef Sundar Pichai glaubt: "Wir werden Mercedes-Benz nicht nur in die Lage versetzen, eine maßgeschneiderte Navigationsoberfläche zu entwickeln, sondern auch unsere KI- und Datenfunktionen zur Verfügung stellen, um die Nachhaltigkeitsbemühungen des Unternehmens zu beschleunigen, das autonome Fahren voranzutreiben und ein verbessertes Kundenerlebnis zu schaffen."

YouTube auf dem Autobildschirm

Weniger naheliegenden Bedarf stillt der künftig mögliche Zugriff auf YouTube über das Infotainment-System. Das geht natürlich nur im Stand oder wenn das Level-3-System Drive-Pilot aktiv ist.