Lieferzeiten Elektroautos: Bis zu einem Jahr Wartezeit

Lieferzeiten Elektroautos
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Hersteller überrannt - bis zu einem Jahr Wartezeit

VW e-Up Style, Exterieur © Dino Eisele 27 Bilder

Obwohl die Anhebung der E-Auto-Prämie noch nicht in Kraft ist, stürmen die Kunden den Autohandel. Das wirkt sich auf die Lieferzeiten aus, teilweise verhängen Autobauer schon Verkaufsstopps. Welche Hersteller sind davon betroffen?

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Das hatte sich die Bundesregierung anders vorgestellt, als sie die Kaufprämie für Elektroautos und Plugin-Hybride erhöhte. Sie sollte die Bundesbürger zum Kauf eines umweltfreundlichen Antriebes bewegen. Und das machten sie auch, wie die ersten Zahlen verdeutlichen. Doch jetzt ziehen viele Kunden erst einmal ein langes Gesicht. Denn bis die Fahrzeuge geliefert werden, kann fast ein Jahr vergehen. Vor allem deutsche Marken betrifft das Problem. Doch woran liegt das?

Mercedes A-Klasse Hybrid Smart Fortwo EQ Collage © Hersteller / Patrick Lang
Mercedes A 250e und Smart EQ Nach Verkaufsstopp wieder erhältlich

Ansturm auf E-Autos

Bevor überhaupt die neue Kaufprämie in Kraft ist, wurde der Handel überrollt. Denn die Industrie durfte schon mit der neuen Kaufprämie werben, weil nur der staatliche Anteil verdoppelt wurde. Und diesen erhalten Kunden erst nach der Zulassung des E-Autos. Dass das dauern kann, hat sich auch bei den Fahrzeugkäufern herumgesprochen. "Kunden bestellen jetzt schon, um in der zweiten Jahreshälfte das Auto zu bekommen", sagt Philipp Sayler von Amende, Geschäftsführer der Online-Neuwagenbörse carwow.de. So macht der Handel gerade Überstunden, um alle Aufträge abzuarbeiten. "Innerhalb von zwei Tagen haben wir 500 VW e-Up verkauft", sagt Sayler von Amende. Lag der der Elektroautoanteil bei Carwow im März noch bei rund 20 Prozent, stieg er jetzt auf über 40 Prozent. Aus den Autohäusern hört man Ähnliches: Von einem Mercedes-Händler, der anonym bleiben will, heißt es: "Wir konnten die Bestellungen kaum abarbeiten und haben bis tief in die Nacht Autos verkauft".

Das zeigt, dass die Autofahrer in Deutschland nur auf eine weitere Anpassung der Kaufprämie gewartet haben, um aufs E-Auto umzusteigen. Das Problem der geringen Reichweite konnte die Branche bereits lösen, mit der staatlichen Aufstockung der Förderung wurde nun der letzte größere Kritikpunkt beim E-Auto ausgeglichen – der zu hohe Preis. Mit der neuen Förderung halbiert sich bei manchen Modellen wie dem Renault Zoe, dem VW Up oder dem Smart Fortwo der Kaufpreis.

Deutsche Marken überrascht von Nachfrage

Dumm nur, dass vor allem die deutschen Marken nicht darauf vorbereitet waren. Zu lange gingen die Konzerne und auch die Autoländer Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern von einer Kaufprämie für neue Verbrennerantriebe aus. Der Vorschlag, der eine nach Emissionswerten gestaffelte Innovationsprämie vorsah, stieß besonders bei der SPD auf Ablehnung. Sie empfand ihn als wenig innovativ. "Wo der Staat einspringt, muss das auch mit einem Umstieg auf neue Antriebe verbunden sein", machte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans die Haltung seiner Partei im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters klar. Auch Teile der Union sahen es kritisch, dass mit dem Vorschlag der Industrie ebenso große SUV und Modelle der oberen Mittelklasse mit bis zu 3.000 Euro eine staatliche Unterstützung bekommen hätten. Dass die E-Autos bislang nur eine Nebenrolle spielten, rächt sich jetzt.

Wie eine Lieferzeitenübersicht von Carwow zeigt, erhöhen sich gerade bei den deutschen Herstellern die Wartezeiten. Renault oder auch Kia, die schon mehr Erfahrung mit E-Autos haben, kommen gerade besser durch. Sie können zum Teil sogar die Lieferzeiten senken. Wie sehr in Deutschland der Trend verschlafen wurde, zeigt sich an ein paar Beispielen. So musste erst kürzlich Daimler einen Bestellstopp beim Mercedes A250e, Smart Fortwo EQ und den Forfour EQ verhängen. Beide Marken wurden von der hohen Nachfrage auf dem falschen Fuß erwischt. Zwar produziert das Batteriewerk in Kamenz im Zweischichtbetrieb. Die Fahrzeugproduktion ist, wie zum Beispiel beim A 250e im Werk in Rastatt, jedoch noch in der Aufwachphase nach dem Kurzarbeits-Corona-Tiefschlaf. Unterdessen sind die Modelle wieder nach einer Kapazitätserhöhung wieder bestellbar. Bei Konkurrent Mini soll es indes langsam knapp mit der Elektro-Variante werden.

VW leitet alles auf VW um

Am schlimmsten ist es aber im Volkswagen-Konzern: Der Start des ID.3 wird immer wieder verschoben, der E-Golf ist nicht mehr bestellbar, genauso wie die elektrischen Ausführungen von Skoda Citigo und Seat Mii. Sie müssen zugunsten des E-Up auf ihre Batterien verzichten, heißt es hinter vorgehaltener Hand. So will VW das Lieferproblem beim Kleinwagen in den Griff bekommen. Ob das gelingt, wird sich bald zeigen. Aktuelle Zahlen verheißen aber nichts Gutes: Die Lieferzeit ist zuletzt von sechs auf elf Monaten hochgegangen. Es liegt noch viel Arbeit vor den Herstellern.

Tabelle

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* In einer vorigen Fassung unserer Tabelle nannten wir für den Opel Corsa-e 10 Monate Lieferfrist. Opel widerspricht und nahm wie folgt Stellung: "Unsere Händler verfügen über eine Erstausstattung von Fahrzeugen, die wir anlässlich des Marktstarts des Corsa-e bereits Ende März an alle Opel Autohäuser geliefert haben. Sofern diese noch nicht vermarktet wurden, stehen sie unseren Kunden zum Kauf zur Verfügung. Wir empfehlen in jedem Fall die Nachfrage beim Opel Händler, der auch eine entsprechende Probefahrt anbieten kann. Darüber hinaus werden bereits bestellte Kundenfahrzeuge noch in diesem Jahr produziert und ausgeliefert. Ebenfalls werden aktuell verkaufte Kundenfahrzeuge bei neuem Bestelleingang noch in diesem Jahr produziert und ausgeliefert." Dementsprechend gehen wir beim Cors-e von weniger als 6 Monaten Lieferfrist aus. Verzögerungen kann es allerdings geben, wenn der elektrische Kleinwagen mit dreiphasigem Onboard-Lader ausgestattet sein soll. Dessen Marktstart beginnt gerade erst.

In unserer Fotoshow zeigen wir Ihnen die E-Auto-Marktübersicht mit aktuellem Umweltbonus und verminderter Mehrwertsteuer.

Fazit

Die sprunghaft angestiegene Nachfrage nach E-Autos und Plugin-Modellen hat die Autohersteller auf dem falschen Fuß erwischt. Jetzt ist zu sehen, wer noch in den Kinderschuhen der Elektromobilität steckt und wer die Pubertät bereits hinter sich hat.

Kein Wunder, dass insbesondere die deutschen Autohersteller bei den Verhandlungen um Fördermaßnahmen vor wenigen Wochen auch die Diesel- und Benziner-Modelle inkludiert haben wollten – die stehen nämlich auf Halde und hätten schnell viel Geld gebracht.

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