Die Strecke, die seit Jahrzehnten politisch, ökologisch und gesellschaftlich diskutiert wurde, wurde am Freitag, dem 21. März 2025, für den Verkehr freigegeben. Während die Baukosten und die Proteste rund um das Projekt hohe Wellen schlugen, fallen die verkehrlichen Vorteile vergleichsweise gering aus.
Kosten: 1,45 Milliarden Euro für 31 Kilometer
Der neue Autobahnabschnitt erstreckt sich über 31 Kilometer und wurde im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) realisiert. Die Gesamtkosten für Bau, Betrieb und Erhalt über einen Zeitraum von 30 Jahren belaufen sich auf 1,45 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein zusätzlicher Aufwand von über 30 Millionen Euro allein für Polizeieinsätze im Zuge der Proteste im Dannenröder Forst während der Jahre 2020 und 2021.
Die ÖPP-Finanzierung sieht vor, dass private Unternehmen die Finanzierung, den Bau sowie die Unterhaltung der Strecke übernehmen, während der Staat im Gegenzug jährliche Vergütungen zahlt. Diese Konstruktion wird vom Bundesrechnungshof regelmäßig kritisiert, da solche Projekte erfahrungsgemäß teurer seien als rein staatlich finanzierte Bauvorhaben.
Zeitersparnis: Sechseinhalb Minuten bei Tempo 120
Trotz des erheblichen finanziellen Aufwands fällt die verkehrliche Zeitersparnis vergleichsweise gering aus.
- Die neue Strecke verkürzt die Verbindung zwischen Lohfelden (bei Kassel) und dem Ohmtal-Dreieck (bei Homberg/Ohm) um 13 Kilometer gegenüber der bisherigen Route über die Autobahnen A7 und A5.
- Die maximale Zeitersparnis beträgt rund sechseinhalb Minuten bei einer Reisegeschwindigkeit von 120 km/h, bei höherem Tempo sogar weniger.
- Der "Lückenschluss" ermöglicht jedoch eine direktere Verbindung zwischen Kassel, Gießen und dem Rhein-Main-Gebiet und soll nach Einschätzung der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) insbesondere regionale Landstraßen und die vielbefahrenen Autobahnen 5 und 7 entlasten.
Verkehrliche Bedeutung und wirtschaftlicher Nutzen
Trotz der begrenzten Zeitersparnis sehen Befürworter im Ausbau der A49 einen strategischen Vorteil für die regionale Infrastruktur. Die neue Verbindung:
- verbessert den Verkehrsfluss zwischen Nord- und Mittelhessen,
- reduziert das Verkehrsaufkommen auf innerörtlichen Straßen in umliegenden Kommunen,
- erhöht laut DEGES die Verkehrssicherheit durch moderne Fahrbahntechnik und Schutzsysteme,
- stärkt den Wirtschaftsstandort Mittelhessen durch bessere Anbindung für Unternehmen aus den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik, Logistik und Lebensmittelindustrie (unter anderem Ferrero, Viessmann).
Sicherheit und bauliche Besonderheiten
Die Strecke gilt aufgrund ihrer Topografie als besonders kurvig und wellig – sie wurde bereits im Vorfeld als "Achterbahn-Autobahn" bezeichnet. Um Unfälle zu vermeiden, wurden zahlreiche Leitplanken und sogenannte Irritationsschutzwände für Wildtiere installiert.
Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kam es im Dezember 2024 zu einem tödlichen Verkehrsunfall auf der noch nicht eröffneten Strecke. Zwei Fahrzeuge kollidierten in einer Kurve, ein junger Fahrer kam ums Leben. Dieser Vorfall wirft bereits vor der vollständigen Inbetriebnahme Fragen zur Verkehrssicherheit auf.

Der Streckenverlauf der A49 ist von vielen Kurven und Anstiegen geprägt.
Proteste und politische Kontroverse
Das Projekt war von Beginn an heftig umstritten. Die Routenführung durch den Dannenröder Forst, einem ökologisch sensiblen Gebiet, löste eine der größten Umweltprotestwellen der letzten Jahre aus. Der Wald wurde im Herbst und Winter 2020 unter massivem Polizeischutz gerodet. Der damit verbundene Konflikt – symbolisiert durch besetzte Baumhäuser und Blockaden – wurde bundesweit medial begleitet und politisch kontrovers diskutiert.

Seit Jahren wurde gegen die A49 massiv protestiert.
Am Nachmittag des 21. März 2025 findet eine Feierstunde in Stadtallendorf (Landkreis Marburg-Biedenkopf) statt, die von massiver Polizeipräsenz begleitet wird. Im Verlauf des Tages sind zudem Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums Mittelhessen im Umfeld des neuen Autobahnabschnitts präsent, um auf mögliche Protestaktionen vorbereitet zu sein. Gegner des Projekts haben im Vorfeld einen sogenannten "Trauerzug" sowie einen "satirischen Leichenschmaus" angekündigt.
Die wichtigsten Autobahn-Verkehrsschilder sehen Sie in der Fotoshow.