CDU will Rückspiegel für jedes Fahrrad - ist das sinnvoll?

Wegen hoher Unfallzahlen
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CDU will Rückspiegel für jedes Fahrrad

Fahrrad Fahrräder Rückspiegel © AdobeStock/Christian Schwier 9 Bilder

Die Hamburger CDU wagt einen Vorstoß, der zu weniger Fahrradunfällen führen soll. Sicherheitsexperten sind jedoch skeptisch, ob das wirklich was bringt.

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Jedes Fahrrad soll einen Rückspiegel haben – das fordert die Hamburger CDU. Per Entschließungsantrag fordert die Unions-Fraktion den rot-grünen Senat auf, sich auf Bundesebene für eine entsprechende Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) einzusetzen. Die Partei begründet ihren Vorstoß mit der gestiegenen Zahl von Verkehrstoten in der Hansestadt. Mit 31 hat diese den höchsten Wert seit zwölf Jahren erreicht. Laut Statistik haben Radfahrer in der Elbmetropole rund 59 Prozent der Fahrrad-Unfälle zumindest mitverursacht. "Es ist nur konsequent, zum Selbstschutz kostengünstige und gleichzeitig sicherheitssteigernde Maßnahmen wie einen Fahrradspiegel einzuführen", begründet der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Richard Seelmaecker, den Vorstoß. Der Fahrradspiegel könnte ein Baustein der Vision Zero sein, nach der es einmal keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr mehr geben soll.

Radfahrer verursachen Unfälle meist selbst

"Leider ist es nicht nur in Hamburg so, dass die überwiegende Zahl der Verkehrsunfälle, an denen Radfahrer beteiligt sind, auch von ihnen verursacht wurden", sagt der renommierte Verkehrssicherheitsexperte Siegfried Brockmann. Der Fachmann von der Björn-Steiger-Stiftung hat sich Unfälle mit Radfahrern in Berlin angeschaut. Ergebnis: "Von 2.435 Fehlverhalten von Radfahrern waren 478 Fehler beim Abbiegen und Einfahren in den fließenden Verkehr", so Brockmann, "das sind immerhin fast 20 Prozent, auf die ein Rückspiegel zumindest theoretisch wirken könnte."

Der Experte verweist ebenso auf die Nachteile einer Spiegelpflicht: "Die Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs kann auch verunsichern, gerade, wenn Fahrzeuge dicht von hinten heranfahren." Zudem gäbe es ebenfalls bewusstes Fehlverhalten von Radfahrern, gegen das ein Spiegel wenig ausrichten könne. Brockmann: "Die bessere Option beim Abbiegen oder Spurwechsel ist der Schulterblick. Die ständige Beobachtung des Verkehrs nach vorn ist auf dem Rad schon anspruchsvoll genug. Wenn jemand viel und schnell unterwegs ist, wird er den Spiegel freiwillig wählen." Fazit des Fachmanns: "Als Beitrag zu Vision Zero erscheint das Thema ungeeignet."

"Keine große Relevanz"

Die Leiterin Unfallforschung der Versicherer im GdV verweist darauf, dass es keine Studien zu Fahrrad-Rückspiegeln gebe. "Sie können beim Spurwechsel oder Überholen anderer Radfahrender hilfreich sein, vielleicht auch den ein oder anderen Unfall vermeiden. Dies sind aber keine typischen Unfallkonstellationen, daher wird es für das Unfallgeschehen keine große Relevanz haben", so Kirsten Zeidler zu auto motor und sport. Vor den typischen Kollisionen mit dem abbiegenden oder einbiegenden Verkehr würden sie ebenso wenig schützen wie vor Allein- oder "Dooring"-Unfällen – also wenn Radfahrer gegen geöffnete Autotüren prallen.

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Besser findet die Unfallforscherin getrennte Ampelphasen, bei denen geradeaus fahrende Fahrräder und der Abbiegeverkehr nicht gleichzeitig Grün bekommen. Ebenso würden Abbiegeassistenten für Lastwagen helfen sowie "gut befahrbare Radwege, möglichst ohne Bordsteinkanten und mit genug Abstand zu parkenden Autos und Straßenbahnschienen", so Zeidler. Ein Fahrradhelm würde nachweislich lebensbedrohliche Kopfverletzungen vermeiden.

Fazit

Die Hamburger CDU fordert eine Rückspiegelpflicht für Fahrräder, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Experten sind skeptisch, da Spiegel nur bedingt helfen und andere Maßnahmen wie getrennte Ampelphasen und Abbiegeassistenten mutmaßlich effektiver sind.

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