Um die Führerscheinvorgaben für alle Bürger der EU weiter zu vereinheitlichen, überarbeitet die EU derzeit die Führerscheinrichtlinien. Im Vorfeld wurden schon das Nachtfahrverbot für Fahranfänger, Tempolimits für diverse Fahrerlaubnis-Klassen, ein spezieller SUV-Führerschein sowie das Ende des begleitenden Fahrens ab 17 (Details siehe unten) kassiert. Auch Gesundheits-Checks wurden diskutiert. Hier steht nun fest: Für ältere Autofahrer gibt es keine verpflichtenden Gesundheits-Checks. Allerdings müssen bei der Führerscheinprüfung in allen EU-Ländern eine ärztliche Untersuchung oder eine Selbstauskunft über die Gesundheit abgegeben werden.
Die neuen EU-Führerschein-Novelle im Einzelnen:
- Führerschein-Gültigkeit: Die Abgeordneten waren sich einig, dass Führerscheine für Motorräder und Pkw mindestens 15 Jahre und für Lkw und Busse fünf Jahre gültig sein sollten. Eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer von Führerscheinen für ältere Personen – wie von der Kommission vorgeschlagen – lehnen sie ab, um Diskriminierung zu vermeiden und ihr Recht auf Freizügigkeit und Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben zu gewährleisten. Des Weiteren unterstützt das Votum die Möglichkeit, dass Fahrer ihre Fahrtüchtigkeit selbst bewerten, wobei die Mitgliedstaaten entscheiden können, ob eine ärztliche Untersuchung erforderlich ist, bei der u.a. das Sehvermögen und mögliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Fahrer überprüft werden.
- Führerschein-Prüfung: Es wird angestrebt, die Schulung und Prüfung von Fahrern so anzupassen, dass sie diese besser auf reale Fahrumgebungen vorbereiten und ihr Bewusstsein für Risiken schärfen. Dies beinhaltet eine angemessene Handhabung von Smartphones während der Fahrt, das Fahren unter schwierigen Witterungsbedingungen wie Schnee und Glatteis, die Sensibilisierung für den toten Winkel, Kenntnisse über Fahrassistenzsysteme sowie die Förderung eines umweltbewussten Fahrverhaltens.
- Führerschein-Änderung Pkw: Führerscheininhaber der Klasse B sollen künftig auch schwerere Fahrzeuge bewegen dürfen. Das Gewichtslimit (zulässige Gesamtmasse) soll von derzeit 3,5 Tonnen auf 4,25 Tonnen steigen (maximal 5 t mit Anhänger). Damit dürften Klasse-B-Inhaber dann beispielsweise auch größere Wohnmobile bewegen. Allerdings sieht der Entwurf Einschränkungen vor. Der Führerscheininhaber muss die Klasse B bereits seit zwei Jahren besitzen sowie eine Schulung oder ein Test absolvieren. Letzteres wird dann in der nationalen Umsetzung geregelt und kann von Staat zu Staat variieren.
- Motorrad-Führerschein B-196: Zweiradfahrer mit dem B-196-Schein sollen ihre Leichtkrafträder mit bis zu 125 Kubikzentimetern Hubraum künftig auch im Ausland bewegen dürfen. Bisher ist die B-196-Regelung nur national anerkannt.
- Probezeit: Als weitere Regelung soll die zweijährige Probezeit EU-weit für Fahranfänger eingeführt werden, einhergehend mit strengeren Strafen bei riskantem Fahrverhalten und einer Promillegrenze von 0,2 Gramm pro Liter Blut. Sie soll auch für weitere Klasse wie "AM" (Kleinkrafträder bis 50 cm³ und bis 45 km/h) sowie für "L" und "T" (landwirtschaftliche und Forst-Fahrzeuge) gelten. Mit jeder neuen Klasse soll eine neue Probezeit beginnen.
- Digitaler Führerschein: Ein Führerschein-Dokument in digitaler Form auf dem Smartphone soll dem physischen Führerschein gleichgestellt sein. Auf der Führerscheinkarte soll statt des Chips ein QR-Code aufgedruckt sein, um das Dokument fälschungssicherer zu machen.
- Lkw-Führerschein: Um den Einstieg junger Fahrer in den Berufskraftverkehr zu erleichtern, sollen unter bestimmten Bedingungen 18-Jährige Lkw oder Busse mit bis zu 16 Passagieren führen dürfen, sofern ein Eignungsbeweis vorliegt. Ansonsten soll das Alter von 21 Jahren gelten. Es soll die Möglichkeit zum begleitenden Fahren ab 17 (C17) in Begleitung eines erfahrenen Lkw-Fahrers möglich sein. In Deutschland kann die Klasse C für Lkw momentan erst mit 21 Jahren, die Klasse D für Busse erst mit 24 Jahren erworben werden.
Diese vorläufige Einigung muss nun noch vom Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten im Rat (Coreper) und vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Anschließend erfolgt die formelle Annahme durch beide Institutionen nach rechtlich-sprachlicher Prüfung. Sobald die neue EU-Führerscheinrichtlinie beschlossen ist, muss Deutschland sie jedoch erst noch in nationales Recht umsetzen, damit die Änderungen auch hierzulande in Kraft treten.
Die Überarbeitung der Führerscheinrichtlinie ist Teil des Verkehrssicherheitspakets der Europäischen Kommission (2023). Dieses Paket ist eingebettet in den Verkehrssicherheitsrahmen 2021–2030 mit den Zielen:
- "Vision Zero": Bis 2050 null Verkehrstote und Schwerverletzte in der EU
- Zwischenziel: Bis 2030 Halbierung der Todes- und Schwerverletztenzahlen
Aktuelle Zahlen:
- Im Jahr 2023 kamen laut EU-Kommission 20.400 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben (1 Prozent weniger als 2022)
- Vorläufige Zahlen für 2024 zeigen einen Rückgang um etwa 3 Prozent
- Um das Ziel für 2030 zu erreichen, müsste der Rückgang jährlich bei mindestens 4,5 Prozent liegen