Normalerweise werden Schadstoffe durch Wind und Wetter verteilt oder abtransportiert. Doch aktuell herrscht über Deutschland eine austauscharme Wetterlage. "Dadurch reichern sich über Tage freigesetzte Luftschadstoffe in den unteren bodennahen Luftschichten an", erklärt Stefan Feigenspan vom Umweltbundesamt. Im Osten Deutschlands trägt der Wind den Feinstaub der Osteuropäischen Industrie herbei. "Letztendlich ist es eine Mischung aus nationalen Emissionen, Ferntransport und Wetterlage", betont Feigenspan. Laut dem Umweltbundesamt (UBA) hat die Feinstaubkonzentration in vielen Städten die Grenzwerte deutlich überschritten. Bedenklich schlecht war die Luft am 12. Februar 2025 in Halle, Wolfsburg und Bernau. Besonders PM2,5-Partikel – also besonders feine Staubpartikel – können tief in die Lunge eindringen und gesundheitliche Probleme verursachen und sorgen aktuell für die hohen Werte.
Experten raten daher:
- Fenster möglichst geschlossen halten, um den Eintrag in Innenräume zu reduzieren
- Auf Sport im Freien verzichten, besonders in belasteten Städten
- Luftqualität-Apps, wie die des Umweltbundesamts, zeigen die Feinstaubbelastung in Echtzeit an. Alternativ kann man auch auf deren Website nachsehen.
Sind Autos an der schlechten Luft schuld?
Klar – wenn es um Luftverschmutzung geht, haben viele sofort das hohe Verkehrsaufkommen und damit die Autos im Verdacht. Es ist unbestritten, dass diese auch eine bedeutende Quelle der schlechten Luftqualität sind, aber eben nicht die Einzige. Neben den klassischen Abgasemissionen durch Verbrennungsmotoren gibt es noch weitere Schadstoffquellen. Dazu gehört insbesondere der Abrieb von Reifen und Bremsen, der Feinstaub und Mikroplastik in die Luft freisetzt.
Laut einer OECD-Studie von 2020 ist der Anteil des Reifenabriebs an der Luftverschmutzung mittlerweile vergleichbar mit den Emissionen aus dem Auspuff. Besonders problematisch ist dies in Städten, wo dichte Verkehrsaufkommen und viele Stop-and-Go-Bewegungen die Partikelfreisetzung verstärken. Doch der Verkehr ist, wie schon angedeutet, nicht die einzige Ursache.
Weitere Ursachen der schlechten Luftqualität
Industrie und Kraftwerke setzen große Mengen an Partikeln frei, insbesondere durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Biomasse. In Industrieregionen wie dem Ruhrgebiet sind hohe Feinstaubwerte häufig auf solche Emissionen zurückzuführen. Ein weiterer Faktor sind Holzöfen und Kamine in Privathaushalten. Besonders während der Heizperiode steigt die Feinstaubbelastung durch unvollständige Verbrennung von Holz oder Kohle. Laut Umweltbundesamt können diese Emissionen sogar höher sein als die des gesamten Straßenverkehrs, wenn keine modernen Filter genutzt werden.
Auch die Landwirtschaft spielt eine große Rolle. Durch den Einsatz von Düngemitteln und Gülle wird Ammoniak freigesetzt, das in der Luft mit anderen Schadstoffen reagiert und sogenannten sekundären Feinstaub bildet. Besonders in Regionen mit intensiver Viehhaltung kann dies erheblich zur Luftverschmutzung beitragen. Zusätzlich sind Baustellen und Abrissarbeiten eine Quelle für Staub. Beim Schneiden, Schleifen und Transportieren von Baumaterialien werden feine Partikel aufgewirbelt, die sich in der Luft verteilen – besonders bei trockenem Wetter. In Großstädten können Baustellen daher lokal für eine schlechtere Luftqualität sorgen.
Was passiert bei Regen oder Schnee mit der Luftverschmutzung?
Niederschlag kann die Luft kurzfristig reinigen. Regen bindet Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft und transportiert sie auf den Boden. Das bedeutet, dass die Feinstaubkonzentration während und kurz nach einem Niederschlag spürbar sinkt. Dies ist gut an diesem aktuellen Beispiel (Bildergalerie) zu sehen. In Süddeutschland war die Luftqualität am 11. Februar noch deutlich schlechter als am 13. Februar. Das liegt am einsetzenden Regen. Schneefall trägt eher weniger dazu bei. Allerdings verschwinden die Schadstoffe nicht, sondern gelangen in Böden und Gewässer. Besonders problematisch ist Mikroplastik aus Reifenabrieb, das über die Kanalisation in Flüsse und Meere gespült wird. Dort wird es von Tieren aufgenommen und kann langfristige ökologische Schäden verursachen.
Inversionswetterlage zum Jahreswechsel
Bereits um den Jahreswechsel von 2024 auf 2025 gab es in Deutschland eine besondere Wetterlage, die eine hohe Luftverschmutzung begünstigt hat. Die sogenannte Inversionswetterlage bildet sich eher in den Herbst- und Wintermonaten bei ruhigem Hochdruckwetter. Das Problem – bei dieser Wetterlage können Schadstoffe und Feinstaub in der Luft nicht abziehen. Das liegt daran, dass die obere Luftschicht wärmer ist als die untere. Normalerweise nimmt die Temperatur der Luft mit steigender Höhe ab. Bei einer Umkehrwetterlage ist es genau andersherum. Die kalte Luft hängt also in den Tälern, während es in höheren Lagen, wie Bergen, wärmer und sonnig ist.
Daher steht die Luft meist still, was dazu führt, dass sich Feinstaub ansammelt, statt abzuziehen, warnt Meteorologe Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) gegenüber der Tagesschau. Da die Lage noch bis Silvester anhalten kann, käme dann zum Feinstaub von Straßenverkehr und Industrie auch der Silvesterraketen und Böller hinzu. Städte in Kessellage, wie die baden-württembergische Hauptstadt Stuttgart, wären besonders betroffen. Könnte das dafür sorgen, dass der Feinstaubalarm wieder ausgelöst wird?
Seit 2018 hält Stuttgart grundsätzlich die Grenzwerte für Feinstaub ein. Daher stellte die Stadt den Feinstaubalarm am 15. April 2020 ein. Somit ist eine erneute Auslösung durch die aktuelle Wetterlage sehr unwahrscheinlich. Am Neckartor betrug die Konzentration am Samstag, dem 28. Dezember 2024 bereits 31 Milligramm pro Kubikmeter. Am Sonntag darauf lag der Wert noch bei 25 Milligramm. Auch in anderen süddeutschen Städten, wie etwa Kempten, kletterte die Belastung sogar auf 35 Milligramm. In Stuttgart liegt der Tagesgrenzwert im Moment bei 50 Milligramm pro Kubikmeter Luft. Trotzdem bleibt die Frage – wie sehr steigt die Belastung an Silvester an?
Gesundheitliche Folgen von hoher Feinstaubbelastung
Das Bundesumweltamt warnt inzwischen vor gesundheitlichen Folgen. Empfindliche Menschen sollten daher schwere körperliche Tätigkeiten im Freien vermeiden. "Die Wirkungen reichen von vorübergehenden Beeinträchtigungen der Atemwege über einen erhöhten Medikamentenbedarf bei Asthmatikern bis zu Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Problemen", so das Umweltbundesamt gegenüber der Tagesschau.
Doch auch bei gesunden Menschen kann der Feinstaub körperliche Reaktionen hervorrufen. Die eingeatmeten Partikel reizen die Schleimhäute, was zu Halsschmerzen oder einem trockenen Gefühl in der Nase führen kann. Wer sich vor zu viel Feinstaub schützen möchte, kann auf die FFP2-Maske zurückgreifen. Grundsätzlich hilft auch ein Luftreiniger, die Feinstaubkonzentration im Eigenheim zu reduzieren.
Fahrzeuge emittieren Feinstaub nicht nur durch die Abgase. Auch Reifenabrieb bringt Feinstaub hervor. Wie die Euro-7-Abgasnorm dem Thema Herr werden will, lesen Sie hier. Wie der Feinstaub durch Reifenreifenabrieb entsteht – und künftig reduziert werden soll, zeigt die Galerie oben.
Feinstaubquellen im Alltag
Nicht nur Verkehr und Industrie verschmutzen die Luft – auch in den eigenen vier Wänden lauern unsichtbare Feinstaubquellen. Kaminöfen und Kerzen setzen Rußpartikel frei, die tief in die Lunge eindringen können. Laserdrucker erzeugen ultrafeine Partikel, die beim Druckvorgang in die Raumluft gelangen. Selbst in der Küche entsteht Feinstaub: Beim scharfen Anbraten von Fleisch oder Gemüse werden hohe Temperaturen erreicht, wodurch Fett- und Rauchpartikel freigesetzt werden. Experten raten deshalb, beim Kochen die Dunstabzugshaube einzuschalten und regelmäßig zu lüften.