Neue Rahmedetal-Brücke an der A45: Wann ist die Autobahn wieder frei?

„Stahlhochzeit“ der neuen Rahmedetal-Brücke an der A45
Da passt doch was nicht, oder?

Die Annäherung der Brückenhälften verfolgten am "Hochzeitstag" neben zahlreichen Bürgern auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) und der Geschäftsführer der Autobahn GmbH, Dr. Michael Güntner. Aber von "Vermählung" konnte noch keine Rede sein, denn zwischen den beiden Enden klaffte nicht nur eine rund 15 Meter große Lücke, sondern auch ein Höhenunterschied von rund 1,50 Meter. Haben sich die Ingenieure etwa verrechnet? Nein, ein Teil des Brückenendes ist weiter von einem Pfeiler entfernt als der andere Teil. Dort lasten rund 600 Tonnen auf dem Endstück. Mithilfe einer Hubvorrichtung wurde am Mittwoch dann die südliche Brückenhälfte angehoben und exakt ausgerichtet. Um 14 Uhr war nur noch eine Handbreit "Luft" zwischen den Enden, wie die Autobahn GmbH mitteilt. Dann können die Schweißarbeiten in einer Einhausung beginnen, damit die Stahlhochzeit dann endgültig vollzogen ist.

Im Brückenbau bezeichnet der Begriff "Stahlhochzeit" den Moment, in dem zwei große Stahlbauteile – häufig Brückensegmente – miteinander verbunden werden. Dies geschieht in der Regel durch Schweißen, Verschrauben oder Vernieten und markiert einen wichtigen Baufortschritt, da die Konstruktion dadurch eine durchgehende Tragstruktur erhält.

Rahmedetalbrücke
Foto: Autobahn Westfalen

Was ist eine Stahlhochzeit?

  • Sie findet typischerweise statt, wenn sich zwei Brückenabschnitte von entgegengesetzten Seiten aus nähern und an ihrem Verbindungspunkt montiert werden.
  • Die Passgenauigkeit ist entscheidend, da selbst geringe Abweichungen in der Geometrie zu Problemen führen können.
  • Vor der eigentlichen Verbindung erfolgen oft präzise Messungen und Justierungen, um sicherzustellen, dass die beiden Segmente exakt aufeinander passen.
  • Nach der Verbindung erfolgen Belastungstests und Inspektionen, um die Stabilität und Qualität der Verbindung zu gewährleisten.

Nach einem Bericht des Märkischen Zeitungsverlags könnte nach Aussage des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie nach der Stahlhochzeit der Ausbau sowie die Betonarbeiten in rund vier bis fünf Monaten abgeschlossen sein. Eine Freigabe der Brücke, die in Lüdenscheid sehnlichst erwartet wird, wäre dann schon 2025 möglich. Die Autobahn GmbH nannte nach wie vor Mitte 2026 als Zeitpunkt der Freigabe, Wissing hatte während der Stahlhochzeit das Frühjahr 2026 als Freigabedatum genannt.

Rückblick

Seit Dezember 2021 sorgte die einsturzgefährdete Rahmedatal-Brücke in der Region rund um Lüdenscheid für Verkehrschaos – rund 20.000 zusätzliche Fahrzeuge, davon zirka 6.000 Lkw, rollen täglich durch die Stadt. Stau, Lärm und Abgase belasten nicht nur die Anwohner, sondern auch die lokale Wirtschaft.

Ursprünglich sollte die marode Brücke bereits im Dezember 2022 gesprengt werden. Allerdings zeigten sich in den Bauplänen, dass die hohlen und 70 Meter hohen Pfeiler anders gebaut sind als angenommen. Für eine kontrollierte Sprengung mussten diese Pfeiler erst mit Beton aufgefüllt werden. Entsprechend wurde der Termin auf den 7. Mai 2023 verschoben. Vor dem Sprengtermin musste die Hänge gesichert und Bäume gefällt werden. Mehrere Grundstücke unter dem Bauwerk wurden aufgekauft und ein Fallbett aus 100.000 Kubikmeter Sand unter der Brücke aufgeschüttet.

Dadurch kam es im Vorfeld zu weiteren Verkehrsbeschränkungen. Für die Sprengung, die als technische Herausforderung galt, wurden 2.053 Löcher in die Pfeiler gebohrt, 150 Kilogramm Sprengstoff wurden gezündet, die die 453 Meter lange und 17.000 Tonnen schwere Brücke zum Einsturz brachten. Der Umkreis von 300 Metern um das Fallbett wurde durch mehr als 110 Absperrposten gesichert, Häuser in der Nähe wurde durch Seecontainer zusätzlich geschützt. In der Lüdenscheider Innenstadt wurde die Sprengung live bei einem Public Viewing gezeigt. Der Abtransport der Trümmer führt dazu, dass der Stadtteil Dickenberg/Rathmecke von der Stadt Lüdenscheid komplett abgeschnitten ist.

Doch mit dem Neubau ist die Gefahr auf der Sauerlandlinie A45 nicht gebannt. Im Dezember 2021 wurde bekannt, dass langfristig 60 Talbrücken und kleinere Bauwerke an der A45 ersetzt werden müssen – je nach Zustand haben sie jedoch noch eine Restnutzungsdauer, die die Autobahn GmbH auf einen Zeitraum zwischen 2026 und 2038 datiert. Dabei sollen die neuen Brücken neben der Autobahn gebaut und nach Fertigstellung eingeschoben werden, der Verkehr soll möglichst ohne Beeinträchtigungen weiterlaufen können.

Bedarf schon länger bekannt

Die Brückenneubauten sind zusammen mit dem sechsspurigen Ausbau der A45 im Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgeführt, der bereits 2016 beschlossen wurde. Nach Angaben der Autobahn GmbH sind die Baumaßnahmen dort als vordringlich eingestuft. Seit 2011 war bekannt, dass langfristig eine Vielzahl der Brücken ersetzt werden müssen.