Da brauchen wir gar nicht lange um den heißen Brei zu reden: Der VW-Bus hat ein Karriere hingelegt, von der andere nur träumen„, fasst Meister Wünsch seine Gedanken zusammen, als wir mit ihm bei einem Begrüßungskaffee über die Erfolgsgeschichte des Bulli plaudern. “Und das Verrückte: Er fuhr quasi konkurrenzlos durch die ersten Jahrzehnte seiner Karriere. Zumindest so lange, wie der Ford Transit in der Rolle des soliden Baustellenhelfers feststeckte und Mercedes-Vans mit Qualitätssünden kämpften.„
In jenen Jahren chauffierte der VW-Bus als T3 und T4 zuverlässig Großfamilien durch den Alltag, brachte Surfbretter zum Meer, schleppte Soldaten zu Übungen und Mountainbikes in die Berge.
Besonders spendablen Käufern servierte er eine klappbare Rücksitzbank, leichte Küchenmöbel und hoch oben ein Doppelbett – mehr Freiheit ließ sich mit einem Auto kaum erleben.
“Kein Wunder, dass so viele von einem Bulli träumen. Familien bietet er Platz ohne Ende und Abenteurern ein mobiles Heim„, stimmt Meister Wünsch zu und nimmt einen großen Schluck vom schwarzen Gold – dann verdunkelt sich seine Miene: “Während der VW T4 noch ein grundsolider Typ mit kalkulierbaren Problemzonen war – wie zum Beispiel den stets schwächelnden Automatikgetrieben –, ging der VW T5 mit einigen Fehlern an den Start.„ Zwar überzeugte der 2003 eingeführte VW-Bus in Sachen Fahrkomfort und Dynamik, quälte die Fans aber frühzeitig mit Motorproblemen und einer kapriziösen Elektronik. Auch Rost war wieder Thema.
VW T5 oder VW T6 – wo ist denn da der Unterschied?
Während Meister Wünsch die Kaffeetasse in den Spüler packt, ordnen wir kurz die Baureihen des Bulli. Unser Checker nimmt heute einen VW T6 unter die Lupe, eine schwarze Caravelle Baujahr 2016. Warum wir dann noch mal auf den VW T5 zurückblicken? Weil der VW T6 genau genommen das zweite Facelift des T5 darstellt, das VW 2015 einführte. Das erste gab es 2009.
Optisch unterscheidet sich der aktuelle Bulli von seinem Vorgänger durch eine leicht gestraffte Front und die überarbeitete Heckklappe samt Rückleuchten. Im Innenraum gibt’s ein neu gestaltetes Armaturenbrett mit frischem Infotainment-System. Außerdem erweiterte VW beim T6 das Angebot an Assstenzsystemen, verbesserte die Geräuschdämmung und den Fahrkomfort.

“Alles Details, die den Bus besser machen – aber keinen Generationswechsel bedeuten. Deshalb wird der VW T6 selbst von Bulli-Fans als ,T5 Zweipunktnull‘ gehandelt. Das kann einem natürlich völlig wurscht sein, Hauptsache, die Qualität stimmt„, urteilt Meister Wünsch und fügt hinzu: “Es verwundert allerdings schon, dass VW erst einen T6 bringen muss, um die Schwächen des T5 zu eliminieren. Als treuer Bus-Fahrer hätte man sich beim VW T6 mehr Innovationen erhofft, beispielsweise im Innenraum und speziell bei der Bestuhlung.„
Volkswagen dagegen feierte die neue Dieselmotorengeneration mit der Bezeichnung EA 288. Es sind Vierzylinder mit Zahnriementechnik, die die Steuerkettenprobleme und Abgasmanipulationen des Skandalvorgängers EA 189 vergessen machen sollen. Euro 6 ist für die Neuen kein Problem. Allerdings knurren die Diesel je nach Ausbaustufe hörbar, was nicht jedermanns Geschmack trifft.
“Alternativen? Die aufgeladenen Benziner werden mit Realverbräuchen um die 11 bis 12 Liter im Bulli nur eine Nebenrolle spielen„, fügt Meister Wünsch hinzu. Dann zückt er seine Checkliste und macht sich über die Karosserie des VW her: “Wollen wir doch mal sehen, wie es um diesen VW T6 steht.„

Drei Kratzer, fünf Dellen und ein kleiner Steinschlag auf der Beifahrerseite – so lautet der Befund von Meister Wünsch. Spuren eines schlecht instand gesetzten Unfalls kann unser Checker nicht finden. Selbst wenn: “Blechschäden sind bei dieser Karosserie recht einfach zu reparieren, da es wenig Schwünge und Sicken gibt.„
Auf zur Probefahrt! Startschwierigkeiten hat der verbaute 150-PS-TDI schon mal nicht (die werden in gängigen Internetforen gern beklagt). Wie alle Diesel des VW T6 hat er zwei Liter Hubraum, aber nur einen Turbolader, der ihm zu 340 Newtonmetern verhilft. Das Drehmoment liegt bereits bei 1.500 Umdrehungen an, weshalb der Bus schwungvoll den Werkstatthof verlässt. Sein kräftiges Naturell verliert er in keinem der sechs Gänge. “Satter Antritt, hörbare Arbeitsgeräusche„, fasst Meister Wünsch zusammen und lenkt seine Sinne auf das Fahrwerk. “Da klappert mal gar nichts – was wir da hören, sind die Abrollgeräusche der Reifen. Besser gedämmte Radhäuser würden da schon einiges bewirken.„
Problemzonen? Die gibt es auch beim VW T6
Zurück in der Werkstatt, ab auf die Hebebühne. Während der zwei Tonnen schwere VW T6 nach oben schwebt, kramt Meister Wünsch in seinen Erfahrungen: “Technisch gesehen ist der VW T6 ganz klar besser als der T5. Bremsen, Fahrwerksteile, Schalldämpfer, Rost – da gibt es grundsätzlich keine typischen Mängel. Probleme machen vor allem Elektronik, Abgasrückführung und die Diesel-Turbos. Ab und an ist mal ein Krümmer undicht, klappt ein elektrischer Außenspiegel nicht mehr zurück, spinnt das Infotainment-System.„

Die Bremsen unseres Testkandidaten bestätigen die Erfahrungen des Meisters: Die rund 45.000 Kilometer sieht man ihnen natürlich an, wenngleich die Scheiben nicht sehr eingelaufen sind und die Beläge noch ein paar Tausend Kilometer schaffen. Ähnliches Ergebnis beim Fahrwerk: Weder klappert eines der Gelenke, noch sind die Achsmanschetten eingerissen. “Ein paar Anbauteile am Unterboden haben etwas Flugrost angesetzt, an der Karosserie findet sich dagegen nichts„, ruft Meister Wünsch und schaut sich Antrieb und Kühler genauer an. Nach zehn Minuten murmelt er zufrieden: “Absolut trocken.„
Während der VW T6 dem Werkstattboden langsam näher kommt, fasst Meister Wünsch zusammen: “Dieser T6 ist technisch fit, war regelmäßig in der Werkstatt, besitzt einen kräftigen Diesel und einen gepflegten Innenraum. Dass er als gut ausgestattete Caravelle nach drei Jahren noch 28.000 Euro kostet, gehört zur Bulli-Folklore dazu. VW- Busse sind eben teuer – neu wie gebraucht.„