- Deutschlands Kompaktvan-Beitrag kam spät
- Der VW Touran 2 (seit 2015) im Detail:
- Stärken des VW:
- Schwächen des VW:
- Der Opel Zafira C (2011 bis 2016) im Detail:
- Die Stärken des Opel:
- Die Schwächen des Opel:
- Kaufvergleich: Welchen nehmen?
Erinnern Sie sich an die 90er-Jahre? Neben Stilrichtungen von Kleidung und Musik, die heute wieder modern sind, brachten sie den Durchbruch in Sachen Familienvans. Zugegeben: Nissan Prairie, Chrysler Voyager und Renault Espace sind Kinder der 80er, doch die waren eine ganze Nummer größer als das, was da ab etwa 1996 die Parkplätze vor Supermarkt, Schule und Freibad bevölkerte. Die Rede ist vom Renault Mégane Scénic, dem Citroën Xsara Picasso, dem Fiat Mulitpla, Nissan Serena und Almera Tino, dem Toyota Picnic oder dem Kia Carens. Bis zur Jahrtausendwende rollte eine wahre Minivan-Walze von Importmarken aus allen Himmelsrichtungen über hiesige Straßen. Und die deutschen Hersteller?
Deutschlands Kompaktvan-Beitrag kam spät
Opel beobachte den Erfolg der Konkurrenten und ging aufs Ganze: Auf Basis des Astra G wurde ein geradliniger Kompaktvan entwickelt. Um die sieben Sitze bestmöglich in den Unterboden integrieren zu können, holte man sich Hilfe von niemand geringerem als Porsche.
VW wartete in typischer Markentradition noch bedeutend länger, bis 2003 der erste Touran auf Basis des Golf 5 auf den Markt kam. Zwanzig Jahre später ist die Konkurrenz stark dezimiert und der Touran ist einer der wenigen, der noch als Neuwagen zu haben ist. Auch einen Zafira gibt es noch, doch der fußt mittlerweile auf deutlich größerer Transporter-Plattform. Noch finden sich hier junge Gebrauchtexemplare. Während frische Zafira als mittlere Benziner bei knapp 17.000 Euro anfangen, werden für gleichwertige Touran mindestens 20.000 Euro fällig. Diesel gibt es derzeit für rund 1.500 Euro weniger.

Der VW Touran 2 (seit 2015) im Detail:
Der Touran gehört als Neuwagen zur Riege der chronischen Vergleichstestsieger aus dem Hause Volkswagen. Neben einer sehr ausgewogenen Fahrwerks- und Antriebsabstimmung verhilft ihm dazu sein gelungenes Raumkonzept, die tadellose Verarbeitung und die absolut narrensichere Bedienbarkeit. Saubere Leistungen bei den Fahrwerten auf der Teststrecke tun ihr Übriges. Innen wie außen fällt der Touran durch kantig-geradliniges Design mit großen Flächen auf. Das schenkt ihm im oft strapaziösen Familienalltag den Vorteil einer gewissen Abwaschbarkeit, selbst wenn ihm sicher niemand ein ausgesprochen herzerwärmendes Design nachsagen würde.
Gebraucht bleibt er bis dato weithin unauffällig. Die einstige TSI-Steuerkettenproblematik bleibt der hier verwendeten Motorengeneration erspart, und auch sonst gibt es unterm Blech keine echten Krisenherde. Van-typisch bleibt ihm jedoch (je nach Beladung) ein leicht erhöhtes Verschleißpotenzial an Fahrwerk und Bremse nicht erspart.

Stärken des VW:
Der Touran ist das Familienauto für kühle Faktenfreunde. Neben den guten Fahrwerten bringt er das größte Raumangebot mit, obwohl er stolze 14 Zentimeter kürzer und 6 Zentimeter schmaler ausfällt als der Opel. Wie erheblich die Unterschiede im Ladevolumen je nach Bestuhlung ausfallen, entnehmen Sie am besten der Datentabelle unten.
Seine bereits gelobten alten VW-Tugenden in Hinblick auf Abstimmung und Bedienbarkeit unterscheiden ihn klar von einigen jüngeren VW-Modellen – zum Positiven. Das gilt im Besonderen, wenn noch eines der klassischen Infotainmentsysteme mit Drehknopf an Bord ist. Simpler und eingängiger lässt sich ein modernes Auto kaum bedienen.

Ein weiterer herausragender Touran-Trumpf liegt in der hervorragenden Ergonomie in Verbindung mit hervorragenden Sitzen. Trotz des üppigen Raumgefühls vermittelt er während der Fahrt eine golfähnliche Handlichkeit, die nicht zuletzt den präzise durch mehrere Lenker geführten Hinterrädern zu verdanken ist.
Schwächen des VW:
Genug gelobt: Der Touran besitzt zwar keine chronischen Mängel, aber sehr wohl einige Schwachstellen, die er sich mit Millionen anderen MQB-Plattformbrüdern teilt. Zuerst sind da die Doppelkupplungsgetriebe zu nennen. Die VW-DSG beherrschen es einfach nicht, ruckfrei anzufahren. Das gilt speziell, wenn nach einer Start-Stopp-Phase der Motor zunächst wieder anspringen muss. Erst nach einigen Gedenksekunden ist der Vortrieb da und wird ungehobelt eingekuppelt. Der Motor im Opel springt dagegen bereits an, wenn der Fuß das Bremspedal verlässt. Nicht alle Automaten sind außerdem problemlos haltbar und verzeihen keinen allzu häufigen Hängerbetrieb.

Weiters bemängelt der TÜV immer häufiger einen erhöhten Bremsenverschleiß, der allerdings analog zu verschlissenen Fahrwerksbuchsen am ehesten bei Fahrzeugen auftritt, die ständig mit hoher Beladung gefahren wurden. Unabhängig davon finden sich zudem immer wieder gebrochene Fahrwerksfedern an der Hinterachse – das sollte nicht sein.
Der Opel Zafira C (2011 bis 2016) im Detail:
Weniger Raum als der Touran trotz größerer Abmessungen: Macht das den Zafira zum vorprogrammierten Zweiten? Mitnichten, denn Rüsselsheim stellte mit seinem Raumschiff einen völlig anderen Charakter auf die Räder als Wolfsburg. Das beginnt beim futuristisch-rundlichen Außendesign, welches das prinzipiell ältere Modell im Vergleich zum Touran alles andere als alt aussehen lässt. Dieser Raumschiffcharakter stellt sich auch nach dem Einsteigen ein. Klar, die quadratmetergroße Armaturentafel, die sich zwischen Fahrer und Frontscheibe erstreckt, ist sicher nicht die raumökonomischste Lösung. Doch in Kombination mit großen vorderen Dreiecksfenstern und der riesigen Glasfläche stellt sich ein einmalig luftiges Raumgefühl ein. Fahrerisch gibt sich der Opel genauso sicher und präzise wie der VW, verzichtet jedoch auf dessen spielerische Leichtigkeit von Lenkung, Pedalerie und Getriebe. Dafür wirkt er etwas gefühlsechter und involviert den Fahrer mehr – Geschmackssache. Im Vergleich ist der Zafira mehr PKW als Nutzfahrzeug, wenn auch nur um Nuancen.

Die Stärken des Opel:
Neben der gelungenen Fahrwerksabstimmung lassen eine etwas tiefere Sitzposition (übriges ebenfalls mit großartigen Sitzen, hier sogar mit AGR-Siegel) und die höhere Gürtellinie das Familienvan-Format vergessen. So entsteht ein spürbar anderer Gesamteindruck zum Touran. Was nun besser oder schlechter ist, bleibt eine subjektive Entscheidung. Das gelungene Fahr- und Raumgefühl rechtfertigt jedoch die objektiv schlechtere Raumökonomie. Geht es nicht um den allerletzten Liter Stauraum, ist natürlich auch das Platzangebot im Opel enorm. Und immerhin lädt der Zafira bis zu 170 Kilo mehr zu als der Touran – macht knappe 700 Kilo Nutzlast!
Ebenfalls top ist die Karosserieverarbeitung. Das gilt nicht nur für satt und sauber schließende Türen und Klappen, sondern auch für einen auffallend guten Rostschutz am Unterboden. Der ist zudem glattflächig verkleidet und trägt damit zur guten Aerodynamik und zum (wind-)geräuscharmen Fahren bei. Haltbar ist das Ganze übrigens auch noch. Im Netz finden sich diverse Ex-Taxis mit olympischen Kilometerständen ohne nennenswerte Funktionsausfälle.

Noch ein Lob verdienen die meisten Motoren im Zafira. Sie sind nicht nur auffallend problemlos in der Haltbarkeit, sondern liefern durch die Bank gute Fahr- und Verbrauchswerte. Das ginge freilich noch ein Stückchen besser, wäre der Opel nicht rund 200 Kilo schwerer als der VW.
Die Schwächen des Opel:
Sein Gewicht verdankt Opels Raumriese einer gewissen Komplexität. So verfügt die Mittelkonsole etwa über ein verschiebbares Element im Bereich der Mittelarmlehne. Richtig handfeste Vorzüge hat das nicht, gerade im Vergleich zur klassischen Norm-Armlehne im VW, dafür gibt es viele schmutzanfällige Ritzen und beinahe unvermeidliche Vibrations- und Klappergeräusche. Die im Van so wichtige Rücksitzbank (eigentlich sind es drei Einzelsitze) wirkt im Opel schwer und wertvoll, aber eben auch eine Spur weniger handlich als im VW. Die Funktionalität ist dabei identisch.

Wer sich für ein frühes Exemplar von 2011 bis 2014 entscheidet, sollte keinen Zweiliter-Diesel nehmen. Hier ist aufgrund einer möglichen Ölunterversorgung das Risiko eines Motorschadens gegeben. Die neueren Selbstzünder sind ohnehin sparsamer und kommen ab 2013 (1.6) mit Euro 6 daher.
Kaufvergleich: Welchen nehmen?
Hier lauert eine schwere Entscheidung. Der Touran bietet allein auf die Messwerte reduziert die besseren Leistungen. Extrem hoher Nutzwert wird hier gepaart mit mustergültigen Fahrleistungen und (mit Schaltgetriebe) robuster Qualität. Wer hier zugreift, macht nichts falsch. Mit diesen Vorzügen geht allerdings ein deutlich höherer Gebrauchtpreis einher. 2.000, nicht selten auch mehr als 3.000 Euro Unterschied liegen zwischen ihm und dem Zafira. Und dabei bietet der Wolfsburger nicht immer die noblere Ausstattung.

Überhaupt ist es die wertige Machart und problemlose Haltbarkeit des Opel, die nirgends das Gefühl verströmen, sich für die zweite Wahl entschieden zu haben. Sehen Sie den Preisvorsprung also getrost als handfesten Vorsprung an. Auf die Weise wird der Opel mindestens zum ebenbürtig klugen Kauf.
Opel Zafira 1.6 DI Turbo Edition | VW Touran 1.4 TSI Highline | |
Grundpreis | 30.245 € | 34.275 € |
Außenmaße | 4666 x 1884 x 1660 mm | 4527 x 1829 x 1674 mm |
Kofferraumvolumen | 710 bis 1860 l | 834 bis 1980 l |
Hubraum / Motor | 1598 cm³ / 4-Zylinder | 1395 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 100 kW / 136 PS bei 4000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 190 km/h | 209 km/h |
Verbrauch | 7,4 l/100 km | 5,4 l/100 km |