Der Toyota Prius galt jahrelang als sparsamer Vorzeige-Hybrid. Erstmals 1997 auf einigen Märkten angeboten, war er vor allen Dingen bei Fahrern an der Ost- und Westküste der USA beliebt, die damit ihr grünes Gewissen unterstreichen wollten. In Deutschland blieben Kunden, die schnell weite Strecken gefahren sind, lieber beim Diesel-Antrieb – der inzwischen in der vierten Generation angebotene Prius fristete hierzulande trotz hohem Bekanntheitsgrad ein Exotendasein. Seit 2001 auf dem deutschen Markt, floppte er bis 2019 mit nur 37.281 verkauften Exemplaren (ohne Prius Plus) – zum Vergleich: Der Fiat 500 verkaufte sich allein im Jahr 2019 mit 37.503 Exemplaren häufiger als der Prius in den vergangenen 18 Jahren. In den USA haben längst die Elektromodelle von Tesla den Prius als Vorzeige-Ökoauto abgelöst. Jetzt hat Ingenieur Ben Schulz aus dem US-Bundesstaat Wisconsin innerhalb von vier Jahren einen Prius von seinem Hybrid-Antrieb befreit und dem Japaner einen dicken Cummins-Diesel verpasst. Er ist mit seinem Projekt zwar noch nicht ganz fertig, aber der Prius kann schon jetzt was.

Messgeräte und Bierdosen-Halter
Auf den ersten Blick sieht der modifizierte Prius harmlos nach einem ganz normalen Prius aus. Doch dann gibt Schulz auf dem Parkplatz Gas und die Hinterreifen drehen durch. Der Tuner hat also nicht nur den Motor getauscht, sondern den Prius auch von Front- auf Hinterradantrieb umgerüstet. Im entsprechenden Youtube-Video ist kurz zu sehen, dass im Heck ein Lkw-Differential untergebracht ist. Dabei handelt es sich um eine „Ford 8.8 axle“ – diese Achse setzt Ford seit 1983 bei verschiedenen Trucks ein. Der gesamte Innenraum ist leergeräumt, für einen Prüfstandstest hat Schulz viele Messgeräte am Armaturenbrett des Japaners befestigt. Und einen Becherhalter für seine Bierdose. Richtig Irres gibt es dann bei einem Blick unter die Fronthaube.
Prius mit 850 Newtonmeter Drehmoment
Dort sitzt der Vierzylinder-Cummins-Turbodiesel mit 3,9 Liter Hubraum. Er leistet 400 PS und ein maximales Drehoment in Höhe von 850 Newtonmeter – ein aktueller Prius kommt serienmäßig mit 122 PS und 142 Newtonmeter aus. Zudem ist der große Turbolader zu sehen, hinter ihm versteckt gibt es einen weiteren kleinen Turbolader: Die sie antreibenden Abgase treten am Frontscheibenfuß des Prius aus. Richtig gelesen: Das „Endrohr“ des Antriebsstrangs sitzt unter der Fronthaube. Dementsprechend das Bild bei der Parkplatz-Probefahrt: Kurz nach dem Durchdrehen der Hinterräder schießt eine pechschwarze Rauchwolke unmittelbar vor der Frontscheibe hervor. Währenddessen nagelt der Diesel wie bei einem Lkw und ein „Clean Diesel“-Aufkleber auf der Heckscheibe verhöhnt alle, die sich den Prius von hinten ansehen.

Das der Motor unter die Fronthaube passt und dass nach dem Umbau trotz der Lkw-Hinterachse die Rückbank wieder in den Fond zurück kann, waren laut Schulz die größten Herausforderungen. Wenn der Umbau fertig ist, möchte der Ingenieur seinen Diesel-Prius soviel wie möglich fahren – als Alltagsauto, auf Autoshows und bei Rennen. Er kommt von der Arbeit nach Hause, geht direkt in seine Werkstatt und liebt es, sich beim Basteln an Autos die Hände schmutzig zu machen. Technische Grenzen verschieben und Dinge, die eigentlich gar nicht schnell sein sollen, schnell zu machen, ist sein Ding. In seinen Prius Diesel hat Schulz viel Zeit und Geld investiert – einige Leute finden das eigenartig, viele andere finden sein Projekt super, freut sich der junge Ingenieur.