Highend-Tuning Essen Motor Show 2012: Dünne Luft und dicke Backen

Highend-Tuning Essen Motor Show 2012
Dünne Luft und dicke Backen

Weder Toyota noch Lexus haben einen Stand auf der Motorshow. Lediglich in Halle sechs findet sich in einer Ecke ein kleines Areal der Toyota Motorsport Abteilung TMG. Zwischen schrill lackierten Sportgeräten von Yaris bis GT86 steht in mattem Alu-Grau das Prunkstück der Firma, das auf den Namen Lexus TMG 650 hört.

Wollen zeigen, was wir so drauf haben

Eigentlich basiert die wuchtige Limousine auf 20-Zoll-Rädern auf dem LS 460, nur dass unter der Haube ein Fünfliter-Herz mit acht Zylindern aus dem ISF schlägt. Mit zwei Turbos zwangsbeatmet leistet das Blockkraftwerk 650 PS und klotzt mit 765 Newtonmetern Drehmoment. Obwohl der Bolide mit Vollausstattung zwei Tonnen wiegt, soll er den Sprint auf 100 km/h lässig in vier Sekunden erledigen. "Wir wollen einfach mal zeigen, was wir so drauf haben", sagt ein TMG-Marketing-Mensch. 

Seit dem Formel-1-Ausstieg fühlt sich die Rennsportschmiede in Köln-Marsdorf chronisch unterbeschäftigt und überqualifiziert. Und so hat man den TMG 650 auch lange und oft in einen der modernsten Hochleistungs-Windkanäle der Welt gestellt. Bei einem Topspeed von 320 km/h erzeugt der Viertürer schon ordentlich Abtrieb. Der stolze Besitzer wird gern auf die seitlichen Kohlefaser-Schienen am Schweller verweisen, die die Luft unter dem Vorderwagen seitlich schnell abfließen lassen, um den gewünschten Sogeffekt zu erzeugen. Allerdings müsste es dafür erst einmal die Chance geben, das auf eine halbe Million Euro bepreiste Luxus-Gefährt zu erwerben. Geplant ist eine exklusive Kleinauflage von zehn Autos, und damit es grünes Licht gibt, wird der Prototyp erst einmal nach Japan verschifft, damit sich die hohen Herren des Toyota-Vorstands auf der Rennstrecke damit vergnügen können.

Keiner hat den größeren Stand in Essen

Preislich in der gleichen Liga spielt Platzhirsch Brabus. Für das Bottroper Unternehmen ist die Motorshow seit Jahr und Tag ein Heimspiel. Keiner hat einen größeren Stand und niemand hat so viel technischen Aufwand zu präsentieren. Die Hingucker der Saison sind die Brüder Bullet und Rocket. Bullet steht für ein zum Projektil umgebautes C-Klasse-Coupé, Rocket ist ein zur Rakete gewandelter CLS.
 
Beiden gemein ist der Motor. Das Ersetzen des gewöhnlichen Achtzylinders durch einen V12 aus dem Mercedes-Regal reicht natürlich längst nicht. Selbiger wurde mit selbst entwickelten Innereien auf 6,3 Liter erweitert und mit zwei mächtigen, ebenfalls selbst entwickelten Ladern versehen. Brabus ist schließlich kein plumper Mercedes-Tuner, sondern Hersteller. Gekühlt von vier Ladeluftkühlern schiebt die Rakete in der Endstufe mit 800 PS und 1.420 Newtonmetern. 

Schnellste Limousine der Welt

Die Devise in Bottrop lautet: Einen Porsche Turbo hat ja heute jeder. Den Rocket bewirbt man in aller Bescheidenheit als schnellste Limousine der Welt. Die Höchstgeschwindigkeit läge eigentlich bei 370 km/h, doch dafür gibt es praktisch keine Reifen, also riegelt man bei 350 km/h ab. Das ist mal Understatement auf höchstem Niveau. Den Kohlefaser-Heckflügel am Rocket hätte man sich gern gespart, aber bei derartigem Tempo ist das Leitwerk notwendig. Macht aber auch nichts, denn die großenteils arabische Kundschaft schätzt Karbonfaser mindestens so sehr wie Wasserpfeife.
 
Für eher exaltiertes Publikum gibt es aber auch maximales Selbstdarstellungspotenzial. Neben jeglicher Sonderlackierung bietet man dem Scheich von Welt auch Fußmatten in gestepptem Leder, auf Wunsch selbstredend mit eingesticktem Monogramm.

Mit 1.400 PS in knapp drei Sekunden auf 200

Mit derlei Firlefanz hat Jan Vatthauer nichts am Hut. Beim Unternehmen 9ff geht es ausschließlich um Performance. Eigentlich hat man sich ja dem Hause Porsche verschrieben, kam aber schnell zu dem Schluss, dass deren  Produkte allenfalls bedingt sporttauglich sind. Ein Elfer aus dem ff wird erst einmal um elf Zentimeter gechoppt. Im Brustraum erweitert man dagegen das Volumen mit eigener Kurbelwelle auf 4,2 Liter. Beim Garrett-Lader darf’s ebenfalls eine Nummer größer sein. Bei 3,9 bar Ladedruck liegen dann lässige 1.200 PS an. Mit geändertem Steuergerät und modifizierter Einspritzung lassen sich im Highend-Bereich mühelos noch mal 200 Pferde rauskitzeln und insgesamt 1.160 Newtonmeter. Das Ganze beschleunigt dann in 3,1 Sekunden – auf 200 natürlich.
 
Große Flügel braucht das langgestreckte Gerät nicht. "Wir holen den gesamten Abtrieb über den Unterboden", verrät Vatthauer. Nach diversen Sitzungen im Audi-Windkanal liegt der cw-Wert bei herausragenden 0,265. Nur mal zum Vergleich. Ein hergelaufener Porsche GT3 kommt auf 0,34 und konkurriert damit mit Schrankmodulen eines schwedischen Möbelhauses. Das flache Dach, die verkleideten Hinterräder und die ausgefeilte Untergrund-Luftführung befähigen den 9ff-Porsche zu 437 km/h Topspeed, das ist nicht nur Messerekord, sondern ein absoluter Bestwert im Supersportwagen-Segment. Da muss auch der Bugatti Veyron-Fahrer mal in den Rückspiegel schauen.
 
So gesehen ist der Neupreis von 895.000 Euro als absolut angemessen zu betrachten. Diesen schwarzen 9ff Vmax hier gibt es aber sogar zum Messe-Kampfpreis für 540.000. "Dann brauche ich ihn nicht nach Hause transportieren", sagt Vatthauer. Ach wissen Sie was, ich nehm’ ihn gleich mit. Sie brauchen ihn nicht einzupacken.