BMW 3er Compact mit V12-Motor des BMW 850 CSi

BMW 3er Compact mit Motor des 850 CSi
E36 und 5,6-Liter-V12? Passt!

Es gab eine Zeit, da experimentierte BMWs Entwicklungs-Abteilung in absurd anmutenden Bereichen herum. Vor allem, wenn es darum ging, besonders dicke Motoren in eigentlich nicht dafür vorgesehene Baureihen zu pflanzen. Man denke an das Geheimprojekt Goldfisch, in dessen Rahmen sie in München allen Ernstes einen V16-Motor in die Karosserie eines 7ers der Generation E32 gequetscht haben. Ähnlich irre ist der BMW X5 V12 Le Mans, den Hans-Joachim "Strietzel" Stuck 2001 in einer Zeit von wahnsinnigen 7 Minuten und 49 Sekunden über die Nürburgring-Nordschleife scheuchte. Aber einen V12-Motor in den Bug des ersten 3er Compact zu hängen, das kam nicht einmal den an der Grenze zum Wahnsinn balancierenden BMW-Ingenieuren in den Sinn.

BMW 316i Compact (E36) mit V12-Motor
finn.no / SS Performance / Sport Auto / Tarjei Christiansen

Macht aber nix, schließlich gibt es auch außerhalb Bayerns autoaffine Menschen mit dem Hang zum Übermut. In Norwegen zum Beispiel. Der südöstlich der Hauptstadt Oslo beheimatete Tuner Tarjei Christiansen, Chef der Firma SS Performance und ausgewiesener Spezialist für die Produkte der BMW M GmbH, fragte sich eines schönen Tages vor fast 16 Jahren, was er mit einem 1994 gebauten BMW 316i Compact der Baureihe E36 so anfangen sollte. Und kam auf die eben schon skizzierte Idee, den eher gemütlichen, 102 PS starken 1,6-Liter-Vierzylinder-Motor durch das Triebwerk eines BMW 850 CSi zu ersetzen.

5,6-Liter-V12 statt 1,6-Liter-R4

Dessen Eckdaten: Zwölf in V-Form angeordnete Zylinder, auf die sich insgesamt 5,6 Liter Hubraum verteilen! Aber selbst die ab Werk bereitgestellten 380 PS reichten Christiansen nicht für das neue Einsatzgebiet im kompakten E36er. Also ergriff der Norweger einige nicht näher bezifferte Maßnahmen, um dem CSi-Triebwerk sogar rund 400 PS zu entlocken. Die neue Abgasanlage dürfte dabei eine Hauptrolle gespielt haben. Christiansen nennt den Antriebs-Sound so "surreal", dass man ihn erlebt haben muss.

BMW 316i Compact (E36) mit V12-Motor
finn.no / SS Performance / Sport Auto / Tarjei Christiansen

Damit der seinerzeit größte von BMW angebotene Motor ins damals kleinste Modell der Münchner passte, waren freilich weitere tiefgreifende Anpassungs-Maßnahmen erforderlich. Tarjei Christiansen zerlegte den 3er Compact bis zum nackten Chassis, baute teilweise technische Komponenten vom damaligen M3 und M Roadster ein und verpasste ihm hinten deutlich breitere Radhäuser. Folgerichtig zog rundum auch eine komplett neue Fahrwerks-Konstruktion ein, die den E36 extrem keilartig dastehen lassen.

Sleeper mit Keilfahrwerk

Dass es sich hier nicht um einen zahmen 316i Compact im Ursprungs-Zustand handelt, sieht man dem V12-Brecher zwar an; immerhin trägt er ein komplettes M-Styling-Paket an der Karosserie. Aber welche Kräfte in ihm schlummern, verrät der in Titansilber lackierte BMW weder auf den ersten noch auf den zweiten oder dritten Blick. Aktuell rollt er auf Hartge-Felgen. Hier zeigt sich ein kleiner Malus in Sachen Originalität, denn ursprünglich presste Christiansen dreiteilige AC-Schnitzer-Räder in den Formaten 8,5 und 9,5x18 Zoll in die dafür vorgesehenen Ausschnitte.

BMW 316i Compact (E36) mit V12-Motor
finn.no / SS Performance / Sport Auto / Tarjei Christiansen

Auch innen kommt dieser sehr spezielle BMW 3er Compact keineswegs übertrieben daher. Und doch deutet er hier ebenfalls subtil seine Leistungsfähigkeit an. Immerhin stammen das Armaturenbrett und alle Sitze aus dem M3 E36. Auch die Verkabelung spendierte einst der sportliche Modellbruder. Schwarzes Leder auf den Sitzen und an den Türinnenseiten macht die Hütte seinerseits noch einen Tick wohnlicher.

Bald Ihrer für knapp 30.000 Euro?

Tarjei Christiansen hat den V12-E36 übrigens nicht die gesamte Zeit besessen. Laut eigener Aussage gab es "ziemlich viele verschiedene Besitzer, die viele Reisen in unserem langgestreckten Land" unternommen haben. Obwohl das Auto in der Zwischenzeit durch viele Hände gegangen ist und nunmehr 106.000 Kilometer zurückgelegt hat, blieb ein guter Pflegezustand erhalten – und irgendwann, als sich die Chance bot, holte sich Christiansen sein früheres Projektauto zurück. Doch bald dürften sich die Wege wieder trennen: Auf der norwegischen Gebrauchtwagen-Plattform finn.no steht der Sleeper aktuell zum Verkauf – für 299.000 Kronen, was aktuell umgerechnet knapp 30.000 Euro entspricht.