Der Glamourfaktor der grob vernähten Outdoorjacke ist gering. Dennoch liebt der Deutsche sie, denn praktisch ist sie ja und bequem auch. So ist es auch mit kompakten SUV. Fürs gleiche Geld könnte man sich im Glanze eines Cabrios, eines Coupés oder eines heißen Kompakten sonnen. Doch dann ist’s eben Essig mit der universellen Einsetzbarkeit. Und die versprechen die fünf SUV dieser Runde. Mit 150 plus x bezahlbaren Otto-PS, reichlich Platz und Nutzwert sind sie alles andere als abgehoben und daher nicht ohne Grund Bürgers King. Welcher macht seine Sache denn am besten?
Ford: unnötig versportelt

Ford weiß auf jeden Fall, wie man praktische Autos baut. Das beginnt bei der verschiebbaren Rücksitzbank und Zughebeln im Kofferraum zur Fernentriegelung der Lehnen (die beim Wiederaufstellen grabsteinschwer wirken), geht weiter mit Sensoren auch in den Türgriffen der Fondtüren fürs schlüssellose Öffnen und endet nicht bei dem praktischen Drehregler rechts unter dem Mitten-Monitor: Im Navigationsbetrieb regelt der den Kartenmaßstab, im Radio-Menü dient er der Senderwahl. (Digitalradio ist serienmäßig wie auch bei den Konkurrenten.) Drehen, drücken, fertig. Das versöhnt ein wenig mit den kleinen Hauptinstrumenten und dem leicht beengten Einstieg in die zweite Reihe.
Ein feines Stück Motorenbau ist ohne Frage der sparsame Dreizylinder (8,2 Liter im Test). Er liefert zwar nicht die besten Fahrleistungen, zieht und dreht aber munter, klingt zuweilen etwas rau, aber dank guter Schalldämmung niemals aufdringlich und liefert ein gutes Teamwork mit dem fluffig zu schaltenden Sechsganggetriebe. Warum dann nur so wenige Punkte fürs Getriebe? Kia, Seat und VW machen es mit ihren aufpreispflichtigen Doppelkupplungsgetrieben eben besser und müheloser als die beste Schaltung.
Klingt gut soweit? Ja. Doch zumindest als ST-Line X versportelt sich der Kuga unnötig. Denn er setzt dynamische Akzente nicht nur mit roten Nähten im Interieur, sondern auch beim Fahrwerk. Das lässt es kippelnd und stoßend auf ein Kräftemessen mit den Kanten, Wellen und Löchern ungepflegter Straßen ankommen, anstatt sie sanft auszubügeln. Wer auf Komfort Wert legt, sollte also die ST-Line-Ausstattung meiden, zumal das Fahrwerk fahrdynamisch wenig bringt: Die anderen fahren – auch wegen des früh eingreifenden Ford-ESP – flotter um die Pylonen und verkneifen sich bis auf den Mazda auch deftige Lastwechselreaktionen. Auch die durch hohe Rückstellmomente und derbe Antriebseinflüsse gebeutelte Kuga-Lenkung passt nicht so richtig.
Komfort- und Sicherheitsausstattung? Hier lässt der Kuga nichts anbrennen und spielt zudem bei den Unterhaltskosten im Mittelfeld. Nur beim Qualitätseindruck ist noch deutlich Luft bis zum Sportage .
Kia: nicht nur heiß im Preis

Der wirkt auch im Detail besser verarbeitet und erlaubt sich bei der Bedienung keine Patzer: klare, bestens ablesbare Instrumente, hochauflösender Monitor, Drehregler und Direktwahltasten für die wichtigen Dinge. Das ist einfach richtig gut und durchdacht gemacht.
Lob auch für die Relation von Preis und Leistung: Mit 37.325 Euro kostet der Sportage GT Line nur rund 1.000 Euro mehr als der Kuga ST-Line X, bietet aber bei etwas weniger Serienausstattung Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb.
Wegen seines munteren, dazu kultivierten 1,6-Liter-Motors mit 177 PS sprintet der Sportage am schnellsten los und lässt auch bei Zwischenspurts den kräftigsten Druck im Rücken fühlen. Wer einen SUV als Sportler missverstehen will, dürfte diesen Kia ebenso schätzen, denn Kurvengeschlängel meistert er fast so fix wie der auf Dynamik fokussierte Seat Ateca FR, obwohl seine Lenkung es mit Präzision oder Rückmeldung nicht ganz so ernst nimmt.
Eine dreiteilige Rücksitzlehne, die sich allerdings nicht vom Kofferraum aus umklappen lässt, ist gut für die Variabilität des ordentlich dimensionierten Kia-Gepäckabteils, die hinteren Türausschnitte sind wie die des Tiguan groß geraten, Raumangebot und Sitzkomfort erweisen sich als gut. Gegen 1.452 Euro gibt es dazu Leder samt Klimatisierung und elektrischer Sitzeinstellung vorn.
Etwas besser gedämmt dürften die Innengeräusche sein, und die gute Fahrdynamik fordert in einer eher straffen Federung ihren Tribut. Doch damit lässt sich besser leben als mit dem recht hohen Verbrauch: Mit 9,6 Litern konsumierte der Kia im Test rund 1,5 Liter mehr als die Konkurrenz, von der sich der Seat mit nur 7,9 Litern als Sparmeister zeigte.
Mazda: einfach anders gut

Mit dem Turbogedöns der Konkurrenz hat der Mazda CX-5 nichts am Hut. Er setzt auf einen hoch verdichteten Zweiliter-Sauger. Der ist bei verhaltener Fahrt zwar mit 5,9 Litern am sparsamsten, doch Werte in diesem Bereich fahren nur Menschen mit der Gelassenheit eines Landbriefträgers heraus. Denn mangels Drehmoment und wegen der weit gespreizten, dafür immens freudvoll schaltbaren Gänge braucht der mit 165 PS an und für sich kräftige CX-5 Drehzahlen. Das fällt vor allem am Berg auf, wo die Turbo-Fraktion ihm einfach wegfährt, während er – dass allerdings ohne Vibrationen oder üble Geräusche – sich in höchsten Drehzahlbereichen mühen muss.
Doch irgendwie passt dieser Motor zum gesamten Auto, das angenehm leicht in der Hand liegt und insgesamt sehr harmonisch wirkt. Geschmeidiges Federn ist dem CX-5 wichtiger als das Vortäuschen von Agilität. Er verkneift sich aufgesetzte Zackigkeit und ist so das Auto für alle, die im Leben nicht auf die Idee kämen, ihre Kaufentscheidung von den dynamischen Talenten eines SUV abhängig zu machen.
Bekannt gut ist der Qualitätseindruck mit großflächig eingesetzten weichen Materialien und nett arrangierten Blenden und Rähmchen, bei geöffneten Türen erblickt man in den Einstiegen jedoch einen klar anderen Rot-Ton als außen. Die Bedienung ist dank des Dreh-Drück-Stellers (der grobkörnig auflösende Monitor lässt sich nur im Stand betouchen) erfreulich einfach, und die Rundinstrumente sind wie im Kia klar und übersichtlich gestaltet. Hinzu kommt beim CX-5 Edition zum angesichts der sehr guten Ausstattung erwähnenswert niedrigen Grundpreis von 32.846 Euro sogar ein echtes Head-up-Display in der Windschutzscheibe, während Kuga und Tiguan ein billiges Plastikscheibchen als Projektionsfläche nutzen.
Seat: sportlich ohne Reue

Ein Head-up-Display verkneift sich der Seat. Allein wegen der groben Skalierung des animierten Tachos mit nur wenigen Zahlen ist das schade, wie auch der Touchscreen ohne Tasten und Drehregler (wie im VW) nicht sonderlich gut bedienbar und dazu auffällig begriffsstutzig ist. Immerhin: Im Unterschied zum modellgepflegten Tiguan hat der Ateca noch mechanische Klimaregler.
In der dynamischen Ausstattungslinie FR setzt er auf zupackende Sportsitze, die den Fahrer der Fahrbahn am wenigsten entrücken, und natürlich ein Sportfahrwerk. Das zieht unter Komfortaspekten keine Reue nach sich, denn adaptive Dämpfer (887 Euro) gewährleisten im Eco-Modus und per individueller Konfiguration eine sensibel ansprechende Federung. In Sport-Stellung rauscht der nur 4,38 Meter kurze und mit 1.410 Kilogramm auffallend leichte Ateca trotzdem behände wie kein anderer dieses Quintetts durch Kurven und löst damit den mit dem Kürzel FR verbundenen Anspruch ein.
Trotz seiner kompakten Maße ist der Ateca geräumig; hinten bietet er sogar mehr Beinraum als der absolut ausreichend dimensionierte Mazda und ist auch in puncto Kofferraumvolumen (510 bis 1.604 Liter) gut bei der Musik. Der Einstieg auf die asymmetrisch geteilt klappbare Rückbank, deren Sitzflächen gern etwas stärker gepolstert sein dürften, leidet zwar etwas unter den kleinen Türausschnitten, aber im Großen und Ganzen bringt der Seat jene Funktionalität mit, für die Autos des Volkswagen-Konzerns bekannt sind.
Der 1,5-Liter mit Zylinderabschaltung läuft in den gängigen Drehzahl- und Lastbereichen manierlich, wirkt wie der baugleiche Motor im Tiguan obenheraus aber leicht dröhnig und angestrengt. Die Materialqualität erreicht nicht das hohe Niveau des VW, von dem ihn auch hier und da billigere Lösungen unterscheiden. So muss die geöffnete Motorhaube per Stange gesichert werden, während diesen Job im Tiguan eine Gasfeder erledigt. Doch das ist sicher verschmerzbar, denn angesichts des Gebotenen ist der Listenpreis von 31.920 Euro inklusive Doppelkupplungsgetriebe nicht zu hoch.
VW: Gekonnt ist gekonnt

Da langt VW schon kräftiger zu. 36.857 Euro kostet der 150-PS-Tiguan als Elegance, und mit dem empfehlenswerten First-Edition-Paket ist man schon bei über 40.000 Euro – ohne die adaptiven Dämpfer (1.019 Euro), die den Wolfsburger Bestseller in allen Lebenslagen beeindruckend entspannt federn lassen.
Zum Chefdynamiker wird der Tiguan aber auch im Sport-Modus nicht. Ob das stört? Nein, denn er lässt sich sicher und leicht durch Kurven aller Art dirigieren, legt in allen Situationen eine souveräne Gelassenheit an den Tag. Raumangebot sowie Kofferraumvolumen zählen ohnehin zu den Stärken des Tiguan.
Dass er durch die Modellpflege extrahelle LED-Matrix-Scheinwerfer (600 Euro) bekommen hat, ist ebenso erfreulich wie die Fülle an Ablagen, von denen einige sogar im Dach sitzen. Die Modellpflege hat ihm auch eine neue Elektronik-Architektur nach Vorbild von Golf VIII und ID.3 beschert, was man durchaus kritischer sehen darf. Abgesehen von mal wieder auftretenden Pannen (siehe Kasten rechts) geht damit eine Verkomplizierung der Bedienung einher, die sich nicht allein auf die Temperaturwahl per berührungsempfindlichen Flächen statt durch schlichte Tasten und Drehregler beschränkt. Dagegen immens: die Schar der Fahrerassistenten bis hin zum Travel Assist für automatisiertes Fahren. Klasse ebenso, dass die Informationen der Smartphone-Navigation komplett im Head-up-Display abzulesen sind – das schaffen längst nicht alle Autos. Wie der Kuga und der Ateca verdient der Tiguan zudem ein Extra-Lob, weil er noch ganz oldfashioned Halterungen fürs Gepäcknetz auch hinter den Vordersitzen anbietet. Schließlich kann lose Ladung bei scharfem Bremsen oder gar einem Unfall ungezügelt im Auto herumvagabundieren.
Was gut war am Tiguan, bleibt also weitestgehend erhalten. Dazu gehören auch die gute Progressivlenkung ohne störende Antriebseinflüsse (219 Euro), der ausgeprägte Geräuschkomfort oder die bequemen Sitze. Selbst beim Bremsen schneidet er, gegen Aufpreis mit 235er-Reifen auf 19-Zoll-Felgen bestückt, hervorragend ab. Positiv ist der Testverbrauch (8,2 Liter), sodass als größtes Manko der Preis bleibt. Der wirkt aber – störungsfreie Elektronik vorausgesetzt – gerechtfertigt, denn so nahe wie der VW kommt keiner dem Ideal eines kompakten Allround-SUV.
Aussetzer der Bordelektronik

Mit der Modellpflege hat der Tiguan den Modularen Infotainment- Baukasten der dritten Generation, MIB 3, bekommen. Mit dem sind auch Golf VIII und ID.3 ausgerüstet. Wie davor Golf und ID.3 fällt der Tiguan im Test mit Problemen auf. Fünf Minuten nach dem morgendlichen Kaltstart ploppt die Warnung auf, der Notruf sei gestört. Die Navigation per Apple CarPlay und das Radio laufen immerhin weiter – bis zur ersten Selbsthilfe-Aktion: ausschalten, abschließen, fünf Minuten warten. Neustart. Nichts ist besser. Also zehn Minuten fahren, abstellen, abschließen, warten. Weiterfahren, doch der Tiguan ist nicht mehr er selbst: kein Notruf, kein Radio, kein Apple CarPlay, keine Festeinbau-Navigation. Dazu würfelt die Verkehrszeichenerkennung Limits wild und falsch durcheinander (Tempo 5, 50 oder 30 auf der Autobahn etwa). Eine Stunde Pause, Neustart: Alles läuft, wie es soll. Wie lange wohl?
Ford Kuga 1.5 EcoBoost ST-LINE X | Kia Sportage 1.6 T-GDI MHEV 4WD GT Line | Mazda CX-5 G 165 Edition 100 | Seat Ateca 1.5 TSI ACT FR | VW Tiguan 1.5 TSI Elegance | |
Grundpreis | 45.650 € | 38.290 € | 33.695 € | 35.620 € | 43.080 € |
Außenmaße | 4626 x 1883 x 1666 mm | 4495 x 1855 x 1645 mm | 4550 x 1840 x 1680 mm | 4381 x 1841 x 1615 mm | 4509 x 1839 x 1675 mm |
Kofferraumvolumen | 645 bis 1534 l | 503 bis 1492 l | 506 bis 1620 l | 510 bis 1604 l | 615 bis 1655 l |
Hubraum / Motor | 1496 cm³ / 3-Zylinder | 1591 cm³ / 4-Zylinder | 1998 cm³ / 4-Zylinder | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1498 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 6000 U/min | 130 kW / 177 PS bei 5500 U/min | 121 kW / 165 PS bei 6000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 195 km/h | 201 km/h | 201 km/h | 202 km/h | 202 km/h |
0-100 km/h | 9,8 s | 8,0 s | 10,1 s | 8,7 s | 9,4 s |
Verbrauch | 5,6 l/100 km | 7,2 l/100 km | 5,8 l/100 km | 5,7 l/100 km | |
Testverbrauch | 8,2 l/100 km | 9,6 l/100 km | 8,0 l/100 km | 7,9 l/100 km | 8,2 l/100 km |