Unprätentiös, praktisch und günstig: Hochdachkombis wie Renault Kangoo und VW Caddy sind seit jeher echte Multitalente ohne Glanz und Glamour. Doch in der neuesten Generation wollen beide mit vernünftigen Turbobenzinern mehr sein als aufgehübschte Handwerkerautos. Klar, schließlich konkurrieren die Volumenwürfel heute nicht mehr nur mit praktischen Vans, sondern auch mit schicken SUV.
Um da mithalten zu können, wachsen sowohl Kangoo als auch Caddy auf rund viereinhalb Meter Länge und recken ihre Karossen über 1,80 Meter in die Höhe. Dabei wirkt vor allem der VW mit seiner ID-golfigen Front alles andere als nur nutzwertig. Vom Golf adaptiert VW übrigens das ganze technische Unterzeugs – den Modularen Querbaukasten. Auch innen grüßt der Kompakte mit hochauflösenden sowie vollvariablen Displays, versteht aber meist nur Bahnhof. Kein Witz, die Sprachsteuerung (250 Euro) des 1232 Euro teuren Discover-Infotainments zeigte im Zweifel bei der Navigationseingabe den nächsten Bahnhof als Ziel an.
Ja, das kann einen schnell zur Verzweiflung treiben, zumal nicht nur die umständliche Touch- und Slider-Bedienung nervt, sondern bei diesem Testwagen auch das Schloss der rechten Schiebetür zeitweise verriegelt – und zwar im geöffneten Zustand. Weniger stört dafür die in diesem Segment übliche robuste Kunststoffanmutung.
Mehr Platz im VW Caddy

Ebenfalls Kastenwagen-typisch reißt der Caddy die Heckklappe weit auf, senkt die Ladekante auf Kniehöhe und klappt die im Verhältnis 60 : 40 teilbaren Rücksitzelemente mit wenigen Handgriffen um, lässt sie aufrecht stellen oder mit etwas Muskelkraft gleich ganz ausbauen. Dann entsteht eine über 2500 Liter große Ladehalle mit fast ebener Fläche und diversen Verzurrpunkten. Zudem kann man durch Umlegen der Beifahrerlehne die Laderaumlänge auf Biertischgarnitur-Niveau erweitern. Ist die Rücksitzbank montiert, freuen sich nicht nur Kinder über Klapptische, die auch in Tablet-Position verharren.
Für Frischluft können die Kleinen jedoch nicht selbst sorgen, da sich die Scheiben anders als im Renault nicht versenken lassen. Dafür gelingt das Anschnallen auf den zwei Isofix-Plätzen wie von selbst, und die Softclose-Funktion (ab 143 Euro) hilft beim Schließen der Schiebetüren. Zudem sitzen Erwachsene im Fond bequemer als im Kangoo, da sich die Lehne hier in mehreren Positionen arretiert und der Caddy mehr Schulterfreiheit auf den äußeren Plätzen einräumt.
Aber auch im Renault kommen fünf Erwachsene samt Gepäck unter. Allerdings darf die Zuladung trotz ähnlicher Außenabmessungen weniger Volumen (519 bis 2031 l) und Masse (maximal 532 kg) haben, was jedoch immer noch mehr ist als in vergleichbar großen SUV. Zumal die Rückbank ohne Kraftaufwand umklappt, in der Versenkung verschwindet und man Fahrräder auch einfach auf die in den Dachleisten integrierten Querträger schnallt.
Praktische Ablagen im Renault Kangoo

Und vorne? Da hat man die Jüngsten dank des Kinderspiegels (30 Euro) gut im Blick und erfreut sich an den durchdachten Ablagen, darunter ein aufziehbares Handschuhfach, eine Handy-Ablage samt USB-Anschlüssen oder Dachfächer. Außerdem takelt Renault den Kangoo mit Holz- und Aludekor hübsch auf.
Schade nur, dass auch im Franzosen der Fehlerteufel zuschlägt und den Fensterheber auf der Beifahrerseite dauerhaft blockiert. Immerhin gibt die Bedienung abgesehen vom etwas zu klein geratenen Acht-Zoll-Touchscreen dank klassischer Tasten sowie Klimaregler keine größeren Rätsel auf. Unübersichtlicher sind da schon der kleine monochrome Bordcomputer sowie der Blick nach vorn. Hier stört die breite A-Säule nicht nur beim Rangieren, sondern vor allem beim Kurvenfahren.
Denn auch das beherrschen beide Hochdachkombis mit ihren direkt übersetzten Lenkungen überraschend gut. Dabei gerät der Kangoo etwas stärker ins Wanken. Das ESP greift früher ein, was ihn im Slalom und beim doppelten Spurwechsel bremst. Dass auch im Caddy hinten eine Starrachse montiert ist, fällt jedoch weniger auf, denn er federt spürbar harmonischer.
Stärkerer Antrieb im Renault

Längsdynamisch hat der VW dafür das Nachsehen. Der 1,5-Liter-Benziner wirkt mit seinen 114 PS noch kraftloser, als es der Nullhundert-Messwert von 12,5 Sekunden suggeriert. Immerhin fällt der Verbrauch von 8,1 Litern pro 100 km im Testdurchschnitt noch akzeptabel aus (Renault: 8,3 Liter). Wer oft die Zuladung von 611 kg ausnutzt oder bis zu 1400 kg schwere Hänger zieht, dem sei an dieser Stelle ein kräftigerer Motor empfohlen. Etwa so einer, wie er im Kangoo arbeitet. Mit ebenfalls genau 1539 kg Fahrzeuggewicht hat der 130 PS starke, aus der Mercedes A-Klasse bekannte Turbobenziner spürbar leichteres Spiel. Zudem lässt sich die manuelle Sechsgangschaltung mit hoch positioniertem Hebel präziser durch die Gassen führen.
Was uns abschließend zu den Kosten bringt: Renault bietet den Kangoo als Intens ab 27 350 Euro an. Der Caddy-Testwagen kostet als Life mindestens 29.643 Euro – hat dann aber weder Navi noch Zwei-Zonen-Klimaanlage oder LED-Scheinwerfer an Bord. Bei vergleichbarer Ausstattung liegen zwischen beiden somit rund 5000 Euro. Allerdings bekommt man bei VW mehr Assistenz- und das umfangreichere Multimedia-Angebot. Und so kann der Kangoo am Ende einpacken.
VW Caddy 1.5 TSI Life | Renault Kangoo TCe 130 Intens | |
Grundpreis | 32.468 € | 27.900 € |
Außenmaße | 4500 x 1855 x 1833 mm | 4486 x 1919 x 1808 mm |
Kofferraumvolumen | 519 bis 2031 l | |
Hubraum / Motor | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1332 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 84 kW / 114 PS bei 4500 U/min | 96 kW / 130 PS bei 4500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 182 km/h | 183 km/h |
0-100 km/h | 12,5 s | 11,8 s |
Verbrauch | 5,7 l/100 km | 6,4 l/100 km |
Testverbrauch | 8,1 l/100 km | 8,3 l/100 km |