Was sollte man von einer Einstiegsmotorisierung eigentlich verlangen? Keine einfache Frage, denn die typische Besitzerbewertung "der reicht mir völlig" bekommen ja mitunter auch Motoren, die schon das Anfahren fast überfordert. Im Zweifel kann das bei einem günstigen Gebrauchtwagen für die Stadt so abgehakt werden. Ab einem gewissen Preisbereich sollte der Anspruch aber nicht zu genügsam sein, denn nichts beeinflusst das Preis-Leistungs-Verhältnis so stark wie der Antrieb. Dabei geht es gar nicht um Sportlichkeit, sondern um komfortablen Vortrieb: Wenn man Gas gibt, dann soll da bitte schön was passieren – zumindest so viel, dass Überholvorgänge auch auf der Landstraße sicher gelingen.
Ein Anspruch, den die Testkandidaten VW Passat Variant 1.5 TSI Elegance und Volvo V60 B3 Momentum Pro unbedingt erfüllen müssen, schließlich stehen beide mit ab rund 43.000 Euro in den Preislisten. Der Wolfsburger ist mit angeglichener Ausstattung etwas teurer, dafür liegt der Einstiegspreis eines einfach ausgestatteten Conceptline mit Sechsgang-Schaltgetriebe bei 32.145 Euro, ein V60 B3 Momentum Core kostet mit serienmäßiger Achtgangautomatik 7.000 Euro mehr.
Volvo V60 fährt zügig los

Die Eckdaten der Turbomotoren mit Zylinderdeaktivierung versprechen genügend Kraft. So leistet der 1,5-Liter-Vierzylinder im Passat 150 PS und bringt es auf 250 Nm; 15 Nm mehr sind es beim 163-PS-Zweilitermotor des Volvo. Mit der Unterstützung eines 10-kW-Riemenstartergenerators fährt der 1,8 Tonnen schwere V60 zügig an, was dem Fahrkomfort speziell in der Stadt richtig guttut. Wie im VW arbeitet das Getriebe geschmeidig, schaltet teilweise jedoch schon bei leichten Gaspedalbewegungen; außerdem sind für den Schweden keine Lenkradschaltwippen erhältlich. Und wie bei allen Volvo ab Mai 2020 gilt: Bei Tempo 180 ist Schluss.
Der gut 280 kg leichtere Passat fährt an der Ampel weniger spontan los, legt sich dann aber spürbar kräftig in die Riemen, schafft sogar 214 km/h. Sein Gewichtsvorteil zeigt sich mit 7,4 zu 8,2 l/100 km im Verbrauch, zudem erreicht er 100 km/h etwas früher: 9,2 gegenüber 9,7 s. Die Werte zeigen, dass beide keine Sprinter sind, die Durchzugsstärke der Kombis genügt aber tatsächlich für entspanntes Fahren. Die Frage ist nur, ob "gerade gut genug" bei den Preisen nicht eigentlich doch zu wenig ist. Speziell beim VW lohnt sich das Upgrade zum 2.0 TSI mit 190 PS: plus 486 cm³, 40 PS, 70 Nm und 18 km/h für 2.200 Euro. 2.600 Euro Aufpreis kostet der 197 PS starke V60 B4, wobei die Zusatzkraft nur per Software erreicht wird und mit einem Plus von 34 PS und 35 Nm geringer ausfällt, zudem bleibt es eben bei 180 km/h.
VW Passat ist viel dynamischer
Aber auch im V60 wäre die zusätzliche Souveränität willkommen, wenngleich die Fahrweise immer eher entspannt bleibt. Denn Kurven kann er zwar zügig durchfahren, nur wirkt er dabei wegen seiner direkten, aber rückmeldungsarmen Lenkung oft wenig präzise. Damit fehlt nicht nur eine Nachvollziehbarkeit für die fahrdynamische Grenze; wenn das Heck manchmal leicht eindreht, führt das am Lenkrad zu ruckartigen Korrekturen, weil die Lenkung in die Geradeausstellung zurückschnappt.
Die sehr ordentliche Passat-Lenkung macht das Schnellfahren einfacher, außerdem bleibt der Variant selbst bei höherem Kurventempo überaus stabil auf der angelenkten Linie. Sein niedrigeres Gewicht und die sportlichere Abstimmung zeigen sich auch mit deutlichen Vorsprüngen im 18-Meter-Slalom (66,1 zu 63,5 km/h) und beim doppelten Spurwechsel (135,2 zu 129,8 km/h).

Ebenso gibt er beim Bremsen den Ton an. So reichen ihm aus 100 km/h 34,1 Meter bis zum Stillstand, aus 130 km/h 57 Meter. Der Volvo bremst eher durchschnittlich, hinkt mit 35,4 und 62,3 Metern hinterher, zudem fällt die Dosierung der Brake-by-Wire-Anlage bei hohem Bremsdruck schwerer als beim Passat mit herkömmlicher Bremsbetätigung. Zusätzlich fahrwerkt der VW auch ausgewogener und geschmeidiger, obwohl beide Testwagen adaptiv dämpfen. Fahrbahndefekte, die im Sitz des V60 schon als kleinere Stöße ankommen, sind beim Passat in vielen Fällen nur als schwache Vibration im Polster wahrnehmbar.
Zu knapp kommt der Fahrkomfort im immer noch bequem federnden V60 aber nicht, so wirkt die Lenkung im Alltag mit gleichmäßiger Servounterstützung durchaus angenehm. Vor allem ist der Volvo innen ziemlich schick gemacht, etwa mit dem dicken Teppich, der bis zur Mittelkonsole reicht und elegant große Kunststoffflächen überdeckt. Die Konsole baut zudem ziemlich hoch, was nicht nur die Armlehne auf eine bequeme Höhe hebt, sondern auch die vorderen Plätze stark separiert.
Eine saubere Sache sind die Scheibenwischerarme mit integrierten Spritzdüsen und das auf die Windschutzscheibe projizierende Head-up-Display. Der ebenfalls ordentlich verarbeitete Passat spiegelt seine Fahrinfos auf eine ausfahrende Kunststoffscheibe: eine wegen der geringen Projektionshöhe unbefriedigende Lösung. Dafür hat der VW eine in Höhe und Länge verstellbare Armlehne; außerdem sind die Nivomat-Hinterachsstoßdämpfer konfigurierbar: Die halten das Heck über Bewegungsenergie (also ohne externe Hydraulikpumpe) auch in beladenem Zustand auf dem gleichen Niveau. Kombinierbar mit den DCC-Adaptivdämpfern ist das System nicht.
Grundsätzlich praktischer ist der Passat wegen seines Kofferraums (650 zu 495 l) und der hinten sogar noch 5,5 cm größeren Beinfreiheit. Mehr Variabilität bietet auch die zusätzlich vom Kofferraum aus fernentriegelbare 40:20:40-Rücksitzlehne. Ihr zweiteiliges Gegenstück im V60 kann nur an den Lehnen entriegelt werden; dafür lassen sich die Fondkopfstützen per Cockpit-Taste einklappen, was oft ein noch größerer Komfortgewinn ist – die hinter dem VW-Logo schmutzgeschützte Rückfahrkamera übertrumpft aber noch mal.
In beiden wird getoucht

Die Bilder der Volvo-Kameras werden auf dem Hochkant-Display besonders groß dargestellt, was den von innen recht kleinen Heckscheibenausschnitt teilweise kompensiert. Der Bildschirm ist auch für die Bedienung Dreh- und Angelpunkt: Selbst die Klimasteuerung erfolgt vollständig darüber, Tasten und einen Drehregler gibt es nur noch fürs Radio.
Im Passat ist die Klimasteuerung noch separat, die hervorragende Variante mit drei Drehreglern ist zwischenzeitlich aber nur noch mit der einfachen Klima erhältlich – die Dreizonen-Automatik hat jetzt ein nicht ansatzweise so einfach bedienbares Touchfeld. Wer zudem Drehregler am Navi haben möchte, muss eine Nummer kleiner wählen (Discover Media), als hier gezeigt.
Das passt gut, denn das gesparte Geld macht es leichter, beim Motor doch eine Nummer hochzugehen – das Preis-Leistungs-Verhältnis steigt mit dem 2.0 TSI jedenfalls deutlich.
Volvo V60 B3 Momentum Pro | VW Passat Variant 1.5 TSI Elegance | |
Grundpreis | 42.650 € | 49.565 € |
Außenmaße | 4761 x 1850 x 1427 mm | 4773 x 1832 x 1515 mm |
Kofferraumvolumen | 495 bis 1407 l | 650 bis 1780 l |
Hubraum / Motor | 1969 cm³ / 4-Zylinder | 1498 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 120 kW / 163 PS bei 4800 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h | 214 km/h |
Verbrauch | 6,1 l/100 km |