Suzuki Jimny 1.5 Allgrip im Test

Suzuki Jimny (2018) im Test
:
Neuauflage des japanischen Geländewagens im Test

© Hans-Dieter Seufert 23 Bilder

Die größten Abenteuer entstehen gerne aus den nichtigsten Gründen. Etwa einem Schlafsack. Wir erklären, wie das kam, auch das mit der Rodelbahn. Und wie der Suzuki Jimny uns erst in, dann aus der Bredouille brachte. Holleri du dödel di!

Kompletten Artikel anzeigen

Es gibt Konstanten, an die man sich immer halten kann. Etwa: kein Einerseits ohne ein Andererseits. Als der Wind den Schneegraupel aus einem verfinsterten Himmel horizontal gegen die steile Frontscheibe des Jimny klatscht, denken wir einerseits: Es gibt tollkühne Abenteurer und alte Abenteurer, aber eher keine alten, tollkühnen Abenteurer. Doch andererseits: Ein Schlafsack ist nicht nur ein Schlafsack. Da gerade Männern kein Grund zu gering ist, um sich eine Grippe einzufangen oder eine Schlucht runterzupurzeln, kehren wir nicht um, folgen weiter dem Andererseits. Bergauf.

Der Weg bergauf ist bergab eine Rodelbahn – steil, mit engen Kehren, eisglitzernd. Einerseits sind wir hier, um den Talenten des Suzuki Jimny gerecht zu werden. Kaum sind 20 Jahre vorbei, hat ihn Suzuki erneuert. Und an Bewährtem festgehalten. Die Karosserie stülpen sie wie bisher auf einen Leiterrahmen, dessen Massivität ein neuer X-Träger und zusätzliche Querträger steigern. Am Rahmen baumeln weiter Starrachsen, weil die neben allen denkbaren fahrdynamischen Nachteilen einen wesentlichen Vorteil bringen: Drückt etwa ein Stein das Rad auf der einen Seite nach oben, wird das auf der anderen Seite gleichzeitig fester nach unten gedrückt. Das bringt Grip.

Seit dem LJ20 von 1970 lassen sich beim hinterradgetriebenen Jimny die Vorderräder zuschalten – so richtig manuell per Hebel. Eine Getriebereduktion gibt es noch, eine Quersperre simuliert die Elektronik per radselektivem Bremseingriff. Weil sich der Antrieb auf trockener Straße verspannt, eignet sich der Allrad mit starrem Durchtrieb nur auf losem oder rutschigem Untergrund. Daran mangelt es hier sicher nicht.

Mit Schlafsack und Pack

Da fehlt noch ein Andererseits? Ja, stimmt, andererseits sind wir wegen des Schlafsacks hier, über dessen Erwerb ich letzte Woche in der Kantine zu großspurig erzählte: „Kältesicher bis minus sieben Grad!“ Danach hätte es sich angeboten, einfach das Thema zu wechseln und Heinrichs Frage zu überhören, wann und wo gerade ich bitte vorhätte, bei minus sieben Grad zu schlafen. Aber meine innere Stimme sagte mir, nun sei die Zeit für tollkühnen Heldenmut. Sie flüsterte mir „Nächsten Montag im Montafon!“ als Antwort ein, die ich zu laut wiederholte. Daraufhin rührten alle betreten in ihrer Kartoffelsuppe, und ich dachte, was für einen Quatsch die innere Stimme doch so erzählt.

© Hans-Dieter Seufert

Der Weg bergauf? Ist bergab eigentlich eine Rodelbahn.

Kaum eine Stunde später rollte der Suzuki Jimny in unsere Tiefgarage. Ein passenderes Auto für mein unterkühltes Abenteuer könne es gar nicht geben, hieß es nun. Zudem sei der Suzuki bis Montag durchgemessen – sollte er in eine Felsspalte rutschen, hätten wir zumindest die Messwerte sicher. Auf die sollten wir noch eingehen, bevor es auf die Bergtour geht. Denn alle Talente, die den ersten Jimny auszeichneten, waren eher einseitig ausgelegt. Ohne ESP drohte er beim Elchtest umzukippen. Da müssen wir klären, ob der Neue die Fahrsicherheit im Griff hat. Hat er. Wobei die Kombination aus weichem Fahrwerks-Set-up, schmalen, Grip-lauen All-Terrain-Reifen, der bemerkenswert indirekten, rückmeldungskeuschen Lenkung und dem rigiden ESP zu einem Richtungswechsel führt, für den wir den Begriff Handling besser nicht strapazieren wollen.

Aber dass der Suzuki Jimny die beherzte Kurverei nicht draufhat – egal. Wirklich erheblich ist, wie schlecht er bremst: mit 44,7 Metern aus 100 auf null so zögerlich wie sein Vorgänger und schlechter als jedes andere Auto, das dieses Jahr bei uns im Test war. Dass auch daran die Reifen Anteil haben, relativiert das ebenso wenig wie die Tatsache, dass es viel zu bremsen noch immer nicht gibt beim Jimny. Der bricht in Richtung 100 km/h auf, mit der beschaulichen Kraft der 102 PS und 130 Nm, zu denen sich der 1,5-Liter-Vierzylinder ohne Turbo oder Direkteinspritzung aufschwingt.

© Suzuki / Patrick Lang
Neuer Suzuki Jimny im Vergleich mit dem Vorgänger Was kann der neue Jimny wirklich besser?

Leistung und Komfort

Im Alltag genügen die Fahrleistungen – schon weil das kurz übersetzte Getriebe für wackeren Durchzug sorgt. Der Vorwärtsdrang erfährt ab Tempo 130 km/h eine deutliche Abschwächung. Sie erfolgt zur rechten Zeit, da es darüber hinaus wenig mehr an Geschwindigkeit zu erreichen gibt, Geräusch, Verbrauch (im Testschnitt 8,0 Liter auf 100 km) und Seitenwindgetändel jedoch über die Maßen zunehmen.

So mit Richttempo dagegen gelingen auch größere Strecken erstaunlich locker – schon wegen der bequemen Sitze, der einfachen Bedienung und dem akzeptablen Komfort. Klar, mit dem kurzen Radstand hoppelt der Jimny über Unebenheiten, dazu wankt er in Kurven. Aber damit kann man sich durchaus arrangieren.

Auch ein echter Viersitzer ist der Suzuki Jimny nicht – das heißt, ist er schon, denn auf den Fondsitzen mit neigungsvariabler Lehne kommen zwei Erwachsene ordentlich unter. Aber dann bleiben nur noch 85 Liter Kofferraumvolumen. Mit umgeklappter Lehne packt der Jimny 830 Liter – reicht locker für die Ausrüstung: Zelt, Kocher, Isomatte und, klar, Schlafsack.

© Hans-Dieter Seufert

Der vordere Teil des Innenraums ist geräumig und bietet ein gutes Platzangebot.

Mit all dem Geraffel an Bord geht es dann hinter Schruns rechts den Berg hoch. Klingt nur nach einer ungefähren Wegbeschreibung? Einerseits womöglich. Andererseits aber stimmt es eben exakt. In engen Kehren rodelt die Bahn bergauf. Erst liegt der Schnee noch am Rand, mit jeder Serpentine rückt er ein Stück weiter auf die Straße. Bald schalte ich den Allrad, ein paar Kehren weiter die Untersetzung dazu. Mit ihr gemst der Jimny unermüdlich gipfelwärts, wulackt sich durch tief ausgefurchte Schotterpisten, und Rampen empor, auf denen der sulzige Schnee zu Harsch gefriert. Zum Laufen ist es zu rutschig, doch der Jimny kraxelt weiter, fräst sich durch den letzten Schneehügel auf die Hochebene.

Dort halte ich an, werfe das Wurfzelt in die Luft – eine bemerkenswert dumme Idee gerade jetzt, da eine Böe den Gipfel hinabfegt und das Zelt erfasst. Ein Stück talwärts fange ich es ein, schleife es hoch und klopfe Heringe in den harten Grund. Da ist die Nacht schon den Berg hinaufgezogen. Isomatte ausrollen, Schlafsack drauf, einmummeln. Und ja, frieren.

Fazit

Am Morgen geht es hinab bis zum Bach. Der Kocher faucht einen Topf voll Bergwasser für den Tee heiß. Danach die Rodelbahn wieder runter, am Fuß des Berges links, ab da erst findet das Navi wieder eine Straße.

© Hans-Dieter Seufert

Der Suzuki Jimny 1.5 Allgrip ist ein fröhlicher, unerschüttlicher, Offroad-talentierter und mit nicht mal 20.000 Euro auch noch ein günstiger Wagen, bei dem wir die minus Sieben Grad in den Bergen glatt vergessen.

Da das hier ein Test ist, dürfen Sie ein Fazit erwarten. Also hier: Minus sieben Grad sind schon fies. Ach so, zum Suzuki Jimny. Der ist einerseits ein so fröhlicher, unerschütterlicher, Offroad-talentierter und mit nicht mal 20.000 Euro günstiger Wagen, dass uns all das Andererseits glatt egal ist.

Tabelle (techn. Daten)

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle zeigen wir weitere Inhalte, die den Artikel ergänzen. Mit Klick auf den Button geht es weiter zu unserer mobilen Website.

Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen auto motor und sport eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.

Top Tests 1 Fahrt im Dacia Bigster mit Basismotor Nur 23.990 Euro – wo ist der Haken? 2 Audi A6 Avant endlich gefahren Warum der Basis-Benziner der heimliche Star ist 3 Kia Sorento 1.6 T-GDI PHEV im Test Sparsam und stark? Dieser SUV will beides können 4 Mercedes CLA 250 4Matic im Test Was kann der CLA mit MHEV-Anschub? 5 KGM Actyon (2025) SUV in Kodiaq-Größe, aber 7.000 Euro billiger