Leder-Alcantara-Polster, Sound- und Navigationssystem, Abstandsradar, schlüsselloser Zugang – ist das noch die Marke, die einst angetreten war, um automobile Grundbedürfnisse zu befriedigen? Die der VW-Konzern 1991 vom tschechischen Staat übernahm, um preissensiblen Käufern eine günstige Alternative zur Stammmarke mit moderner Technik, aber einfacher Machart und Ausstattung anbieten zu können? Fakt ist: Die aktuellen Modelle schnappen nicht nur Rivalen wie Opel oder Hyundai Kunden weg, sondern auch den feinen, teureren Geschwistern Audi und VW.

Als beliebtester Importwagen rangierte der Octavia 2016 erneut unter den ersten zehn der deutschen Neuzulassungen, gehört zu den meistverkauften Kombis im Land und wird in dieser Karosserieform öfter gewählt als der technisch verwandte Golf Variant. Vordergründig liefert sein besseres Raumangebot zu niedrigeren Preisen gute Argumente, doch besonders knauserig sind die Käufer selten. Im Gegenteil: Viele ordern stärkere Motoren, Automatik, Allradantrieb sowie gehobene Ausstattungen und bezahlen dafür mehr als das Doppelte des Basis-Combi 1.2 TSI für 17.850 Euro mit 86 PS und serienmäßigem Eiskratzer, aber ohne Klimaanlage.
Der Scout spurt auch im Winter
Der Testwagen mit dem 184 PS starken Zweiliter-TDI, Doppelkupplungsgetriebe und Scout-Ausstattung steht zum Start des Dauerlaufs Anfang 2015 mit 32.950 Euro in der Liste, wobei 28 Extras den Gesamtpreis auf 43.435 Euro liften. Trotz einiger entbehrlicher machen viele nützliche das Leben an Bord angenehmer und sicherer – die hellen Bi-Xenon-Scheinwerfer (965 Euro) etwa, die gute Smartphone- und iPod-Anbindung samt Sprachbedienung (350 Euro) oder die kräftige Sitzheizung auch im Fond (240 Euro). Durch den Allradantrieb mit Haldex-Kupplung der fünften Generation, elektronischen Differenzialsperren und situationsabhängiger Drehmomentverteilung ist der Octavia zudem bestens für die kalte Jahreszeit gerüstet.
Als Scout mit Schlechtwegepaket, erhöhter Bodenfreiheit und einem Motor-Unterbodenschutz an Bord meistert er sogar Schotterpisten und verschneite Hänge, doch unter der geänderten Dämpferabstimmung leidet der Komfort. Speziell in der Stadt und nur mit dem Fahrer an Bord reagiert die Federung auf kurze Stöße unsensibel, untermalt vom holprigen Abrollen der serienmäßigen 17-Zoll-Räder. Ein Adaptivfahrwerk wie im geschmeidigeren Golf gibt es hier nicht, aber im Gegenzug eine viel höhere Zuladung (574 statt 476 kg).
Auch der Gepäckraum steckt noch mehr weg als der seines 12 cm kürzeren Konzernbruders (1.740 statt 1.620 Liter maximal) und lässt sich mit dem zweiten Boden unterteilen oder einebnen, wenn die Rücksitzlehne fern-entriegelt vorklappt. Obwohl das üppige Platzangebot reichlich genutzt wurde, zeugen nur wenige Kratzer an Ladekante und Seitenverkleidungen vom intensiven Gebrauch. Abgesehen vom abblätternden Chrom auf dem DSG-Wählhebel, der auf Garantie erneuert wurde, und den angeschubberten Leder-Alcantara-Bezügen präsentiert sich der Octavia am Ende des Dauertests so glänzend, solide und knisterfrei wie am ersten Tag.

Im starken TDI ist Musik drin
Der kernige Beat des Zweiliter-Diesel mit 184 PS, 380 Nm und NOX-Speicherkat gehört dagegen nicht nur beim Kaltstart zur ständigen Begleitmusik, ohne wirklich lästig zu werden. Dafür treibt der starke TDI den 1.555 kg schweren Kombi vehement voran, erledigt den Nullhundert-Spurt in sportlichen 7,4 Sekunden und bietet kräftigen Durchzug. Im Eco-Modus mit automatischem Auskuppeln bei Gaswegnahme kommt er mit knapp sechs Litern 100 Kilometer weit, doch über die meist zügig gefahrene Gesamtdistanz pendelte sich der Wert auf stramme 7,5 Liter ein. Außerdem mussten insgesamt sechs Liter Motoröl nachgefüllt werden.
Ähnlich zwiespältig fällt das Urteil über das Sechsgang-DSG mit zwei im Ölbad laufenden Lamellenkupplungen aus, für das alle 60.000 km ein Öl- und Filterwechsel vorgeschrieben ist (295 Euro). Während die passende Übersetzung und die entspanntere Fahrweise durchweg geschätzt wurden, haderten manche Fahrer mit der Schaltstrategie des Getriebes. Im Normalprogramm hält es oft – etwa auf Bergstraßen – zu lange den großen Gang, im S-Modus genauso stur eine kleinere Übersetzung mit Drehzahlen um 4.000/min. Und speziell beim Rangieren oder Neustart nach dem Ampelstopp kuppelt es erst verzögert und mit herben Rucken wieder ein.
An der gefühlvollen Lenkung, den bequemen Sitzen und der logischen Bedienung hatte keiner etwas auszusetzen, und die automatische Abstandsregelung ACC funktionierte ebenso zuverlässig wie das schnelle Navigationsgerät Columbus. Ohne Echtzeit-TMC lotst es allerdings nicht immer rechtzeitig an Staus vorbei, auch die Tempolimitanzeige leistet sich eine hohe Fehlerquote. Höher ist sie nur bei den Ultraschallsensoren des Parklenkassistenten, die speziell im Kolonnenverkehr oft völlig unbegründet und mit nervigem Dauerton vor drohender Berührung warnen.
Viel Grip, wenig Verschleiß
Ansonsten gab es wenig Misstöne und Störungen: Neben einem Unterdruckschlauch nach Marderbiss musste nur die Koppelstange am hinteren Stabilisator erneuert werden, der mit Klappergeräuschen auffiel. Hinzu kamen recht günstige Inspektionen mit Ölwechsel alle 30.000 km sowie der einmalige Austausch der Wischerblätter und der vorderen Bremsbeläge. Da der traktionsstarke Skoda sogar mit Reifen sehr behutsam umging, nur einmal außer Plan in die Werkstatt musste und noch weniger an Wert verlor als der Golf, landet er im Mängelindex seiner Klasse gleichauf mit dem VW.

Das mag zwar nicht unbedingt im Sinne der Konzernräson sein, aber ganz sicher im Interesse der Käufer.
So beurteilen Leser den Skoda Octavia
Seit Februar 2015 habe ich mit dem gleichen Modell wie Ihrem Testwagen über 75.000 Kilometer zurückgelegt. Der Durchschnittsverbrauch liegt bei 6,0 l/100 km, und außer einem Marderschaden gab es keine Probleme. Aber das Fahrwerk scheint mir etwas zu hart, das Navi zu langsam, und die Ledersitze neigen zu Faltenbildung.
Reinhard Reuter aus 85465 Langenpreising
Konzept, Raumangebot, Design und Ausstattung des Octavia sind toll, doch bei den Innenraummaterialien sieht man die Einsparungen zum Vorgänger. Das RS-Fahrwerk erscheint mir etwas zu komfortabel, und mit der Elektronik gab es massive Probleme. Nach dem Start dauert es teils mehrere Minuten, bis man Ziele ins Navi eingeben oder telefonieren kann. Obwohl Skoda mittlerweile den Tausch des zentralen Steuergeräts für das Infotainment erlaubt hat, ist das neue nicht schneller.
Sicco Birkholz aus 79539 Lörrach
Für ein Allradmodell mit 184 PS, das rund sieben Liter pro 100 km verbrennt, ist der Tank zu klein, und der Zweiliter-TDI braucht circa einen Liter Öl auf 10.000 km. Auch Kühlwasser muss gelegentlich nachgefüllt werden, und die Sitze sind zwar bequem, aber schweißtreibend. Mit DSG und Assistenzsystemen sind Tagesetappen von 1.000 Kilometern stress- und ermüdungsfrei zu bewältigen, denn bei jeder Gelegenheit schalte ich den adaptiven Tempomaten ein.
Rasmus Wieczorek aus 60316 Frankfurt/Main
Mit unserem Octavia Combi TDI mit 150 PS und Allradantrieb haben wir bisher 46.000 problemlose Kilometer zurückgelegt, doch die Verarbeitung des Vormodells war besser und der Tank um zehn Liter größer. Der Verbrauch beträgt 4,4 bis 6,8 l/100 km. Beim 30.000-km-Service war der Luftdruck in allen Reifen zu niedrig, zu viel Öl berechnet und die Ölwechselintervallanzeige verstellt.
Heinz Herrmann aus A-1180 Wien
Nach 22 Monaten und gut 135.000 Kilometern bleibt von meinem Octavia TDI RS ein durchwachsenes Bild: Auf der Habenseite stehen die Schaltzeiten des DSG, das tolle Multimedia- Interface, das sensationelle Platzangebot und das Preis-Leistungs-Verhältnis. Negativ sind das Lederimitat, die unzuverlässigen Einpark- und Tempolimitassistenten und ein Turboschaden bei 95.000 Kilometern.
Christof Malz aus 41238 Mönchengladbach
Skoda Octavia Scout 2.0 TDI 4x4 Scout | |
Grundpreis | 32.950 € |
Außenmaße | 4685 x 1814 x 1531 mm |
Kofferraumvolumen | 610 bis 1740 l |
Hubraum / Motor | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 135 kW / 184 PS bei 3500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 219 km/h |
Verbrauch | 5,0 l/100 km |