Das ist so eine Sache mit der Perfektion: Sie zu erreichen, ist kompliziert, sie zu erhalten, oft noch schwieriger. Und damit herzlich willkommen beim Vergleichstest von Skoda Kodiaq und VW Tiguan Allspace, bei deren letzten Modellpflegen sich nicht viel getan hat. Warum auch – viel besser geht’s schließlich nicht. Das gilt auch – oder besser vor allem – für den gescholtenen Diesel. Dabei sind die Allrad-SUV dank TDI-Motoren mit glatten 200 PS bestens gerüstet, zumal je zwei nacheinander angeordnete SCR-Katalysatoren die NOx-Emissionen reduzieren.
Ja, technische Unterschiede sucht man bei den äußerlich eigenständig auftretenden Konzerngeschwistern mit der Lupe. So fällt beim Öffnen der gasdruckfedergedämpften Motorhauben lediglich der ausklappbare Wischwasser-Einfüllstutzen des Skoda auf.
Genug Dampf, kaum Durst
Also Klappe zu, und los geht’s. Dabei wird direkt klar: Die baugleichen Selbstzünder nehmen sich in puncto Ansprechverhalten und Kraftentfaltung dank früh anliegender 400 Nm Drehmoment nichts. Gut gedämmt haken beide das klassische 0–100-Duell in rund acht Sekunden ab. Auch beim Zwischenspurten liegen sie nahezu gleichauf. Nur um die digitalen Tachonadeln über 200 km/h in Richtung Topspeed zu treiben, braucht es Geduld. Doch selbst wer zügiger unterwegs ist oder die mehr als 600 Kilogramm Zuladung ausreizt, wird an der Zapfsäule nicht arm. Denn zweistellige Verbrauchswerte zeigt der Bordcomputer erst mit jeweils über zwei Tonnen im Schlepptau an. Ohne Anhängsel pendelt sich der Dieselkonsum im Testdurchschnitt knapp unter acht Litern auf hundert Kilometern ein – auf der schonend gefahrenen Eco-Runde sind es sogar nur um die sechs Liter.

Einen Anteil daran hat sicherlich das lang übersetzte Doppelkupplungsgetriebe: Das DSG schaltet nicht nur in S-Stellung gewohnt schnell, sondern hält auch die Drehzahlen im Eco-Modus niedrig, kuppelt zum Segeln streckenweise aus und ruckelt höchstens mal beim Rangieren. Wird wenig Leistung abgerufen, entkoppelt sich zudem die Hinterachse. Apropos: Nahezu losgelöst bügeln die Testwagen mit ihren jeweils rund 1.050 Euro teuren Adaptiv-Fahrwerken unebene Landstraßen platt oder parieren souverän Querfugen im Autobahnbelag. Dabei rollt der Kodiaq auf seinen serienmäßigen 19-Zoll-Rädern noch eine Spur geschmeidiger ab und spreizt seine Fahrmodi von "Comfort" bis "Sport" etwas weiter als der Tiguan Allspace mit den optionalen 20-Zöllern (490 Euro).
Wirklich sportlich abgestimmt sind die Plattform-Brüder also nicht. Obwohl sie durchaus talentiert kurven, spürt der Fahrer stets den hohen Schwerpunkt und deutlich die mehr als 1,8 Tonnen. Immerhin steuert der Allspace dank Progressivlenkung (225 Euro) noch etwas zackiger und wirft sich mit mehr Gefühl in Kurven. Vorteile bei den Fahrdynamikmessungen resultieren daraus jedoch nicht. Zumal der VW beim Vollbremsen aus 130 km/h ein paar Meter verschenkt.
Ja, umsonst gibt’s hier sowieso nichts: Denn die Testwagen schmücken die gehobenen Ausstattungslinien Laurin & Klement sowie Elegance. Das treibt den Basispreis über die 50.000-Euro-Marke. Dabei sind beide SUV MQB-Produkte alter Schule. So zieren die Innenräume noch weiche Kunststoffe, edle Dekore, und die Türtaschen polstert Filz, sodass dort nichts klappert. Vor allem die Skoda-Ingenieure nutzten jeden Quadratzentimeter und schafften in vielen Ecken einige Millimeter mehr Raum oder versteckten Regenschirme und herausnehmbare Mülleimer in den Türen. Deren Kanten schützen herausklappende Plastikschoner (Family-Paket für 320 Euro).

Die braucht man spätestens in engen Parklücken, wenn die Jüngsten die dritte Sitzreihe entern – schade nur, dass es da hinten kein Isofix gibt, denn für Ausgewachsene wird’s auf Dauer zu unbequem. Zumal die Schwiegermuttersitze doppelt kosten: Zum einen verlangen Skoda und VW 1.240 Euro beziehungsweise 750 Euro. Zum anderen schmälern die versenkten zwei Plätze das Ladevolumen locker um hundert Liter. Aufgeklappt bleibt gerade genug Platz für vier gestapelte Trolleys, wenn man die serienmäßigen elektrischen Heckklappen mit Nachdruck schließt.
Raumtransporter
Dabei ebnet Skoda den Kofferraum des Kodiaq mit einem variablen Ladeboden, in dem zusätzlich zum Laderollo ein 18-Zoll-Notrad statt VWs Reifen-Notkit unterkommt. Fährt ganz hinten keiner mit, hängt man Einkaufstaschen an einen der zahlreichen Haken. Für Großeinkäufe rutschen die Fondsitzbänke ganz nach vorn, oder die Lehnen fallen fernentriegelt um. Auf dem Datenblatt hat der Kodiaq mit 765 bis 2.005 Litern leichte Raumvorteile gegenüber dem Allspace mit 700 bis 1.755 Litern. Zumal man die niedrigere Ladekante des Tiguan nicht nutzen kann, da beim Einladen der leicht erhöhte Innenboden stört. Dass sich der VW trotzdem eher als Umzugshelfer qualifiziert, liegt an besser erreichbaren Verzurr-Ösen sowie der umlegbaren Beifahrersitzlehne, durch die sich die Durchladelänge auf Biertischgarnitur-Maß erweitert.
Deutlich besser als auf Holz sitzt man natürlich in der zweiten Reihe samt verstellbarer Rückenlehne. Der Skoda schützt mit ausziehbaren Rollos vor der Sonneneinstrahlung und stützt nachts müde Häupter mit Nackenhörnchen (310 Euro). Dafür muss man die Fond-Klimazone hier mit 270 Euro extra zahlen, und auch Popo-Heizung kostet je 250 Euro. Diese heizt ganz vorn beiden serienmäßig ein. Dabei schwitzen Fahrer und Beifahrer im Kodiaq auf 590 Euro teuren Ergo-Sitzen samt Memory- und Massage-Funktion sowie ausziehbarer Beinauflage noch entspannter. Zumal die elektrische Sitzverstellung samt Belüftung sowie Lederausstattung beim L&K immer an Bord sind – VW verlangt dafür beim Elegance 2.685 Euro.
Einmal alles ohne Assistent
Ja, Skoda bietet eben immer noch etwas mehr für gleich viel Geld: So steigt die Preisdifferenz mit ausnivellierter Einrichtung auf rund 4.500 Euro. Und das bei Testwagenpreisen von je rund 53.500 Euro inklusive bewertungsrelevanter Extras.
Sparen können Sie sich jeweils die über 1.600 Euro teuren Touch-Infotainments. Denn die Systeme brauchen recht lange zum Aufwachen und reagieren nur bei bestem Empfang mit Verständnis. Ebenfalls nicht perfekt arbeitet der Travel Assist. Der unterstützt beide SUV-Fahrer und soll auf Reisen entspannen. Aber warum provoziert die Kombination aus aktivem Spurführer und Abstandstempomaten dann immer wieder unangenehme Situationen? So übernimmt das System oft Tempolimits oder -Aufhebungen aus den Navi-Daten, die in der Realität nicht vorhanden sind. In der Folge beschleunigen oder bremsen die SUV unvermittelt. Gleiches passiert, wenn die Software Kurvenverläufe falsch einschätzt. Bei aktivierter Navigation will das System zudem ein Abfahren von der Autobahn erzwingen, um imaginäre Sperrungen zu umfahren, obwohl man gerade auf der linken Spur überholt. Ja, das klappte vor dem Update auf MIB 3 (Modularer Infotainment-Baukasten) souveräner.
Genau wie die Bedienung: Immerhin gibt’s hier wie dort noch echte Lenkradtasten. Im Skoda erdreht und drückt man Wohlfühltemperaturen sogar noch mit klassischen Rädchen, statt wie im VW ziellos auf dem serienmäßigen Drei-Zonen-Klima-Modul herumzutouchen. Perfektion zu erhalten, ist also genauso schwierig, wie sie zu erreichen.
Skoda Kodiaq 2.0 TDI 4x4 L&K | VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion Elegance | |
Grundpreis | 52.990 € | 49.270 € |
Außenmaße | 4699 x 1882 x 1688 mm | 4509 x 1839 x 1684 mm |
Kofferraumvolumen | 835 bis 2065 l | 615 bis 1655 l |
Hubraum / Motor | 1968 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 147 kW / 200 PS bei 3500 U/min | 147 kW / 200 PS bei 3500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 216 km/h | 216 km/h |
0-100 km/h | 8,1 s | 7,4 s |
Verbrauch | 5,4 l/100 km | |
Testverbrauch | 7,8 l/100 km | 7,4 l/100 km |