Manche Einsichten sind leicht zu verkraften, andere tun weh. Dass Volkswagen den L Up o stiefmütterlich auslaufen ließ, war sicher genauso schmerzhaft wie die Entscheidung von Renault, den kugeligen, verschmitzten Twingo im Jahr 2007 in einen ernsthaften Kleinwagen zu verwandeln.
Nach der Einsicht kommt nun die Wende: Der Renault Twingo darf wieder mit niedlichen Scheinwerfern flirten und gezielt Frauenherzen erwärmen. Die pochten nämlich schon früher für ihn. Zum Stelldichein mit dem neuen Renault Twingo haben wir den VW Up geladen, der nach seinem ersten Kräftemessen ziemlich gut drauf ist. Im ersten Vergleichstest ließ er jedenfalls Fiat 500, Ford Ka und Peugeot 107 hinter sich.
Technisch wenig Neues im Renault Twingo
Der Renault Twingo war damals verhindert, er stand gerade beim Schönheitschirurgen. Technisch hat er sich hingegen eher wenig verändert. Ob das reicht, sich gegen den VW Up zu behaupten? Die erste Überraschung findet sich in den Preislisten: Der VW ist günstiger. Er startet bei 9.850 Euro, der Renault Twingo bei 9.990 Euro. Dass der Renault schon in der Basisversion 15 PS mehr hat als der VW, verblasst beim Blick auf die Sicherheitsausstattung. Dem Renault Twingo wird serienmäßig – bis auf eine Version – das ESP vorenthalten. Wie bitte? Tatsächlich: Das System kostet 300 Euro Aufpreis. Der VW Up besitzt den elektronischen Schleuderschutz serienmäßig – gut so. Will man 75 Pferde unter der Haube, steigt sein Preis auf 10.450 Euro.
Soll der Renault Twingo mit Radio, Klimaanlage und ESP vor der Tür stehen, kostet er 11.580 Euro. Der 75 PS starke VW Up liegt damit bei 11.345 Euro. Beim Vergleich der Grundausstattungen der Kleinwagen fällt auf, wie spendabel Renault ist. Bei beiden, VW Up und Renault Twingo, glänzen die Stoßfänger immer in Wagenfarbe, lässt sich der Kofferraum durch Umklappen der Rückenlehnen vergrößern, können die Lenksäulen höhenverstellt werden, gibt es einen Kaffeebecherhalter. Renault packt jedoch noch Nebelscheinwerfer, einen Bordcomputer, elektrische Fensterheber, eine Zentralverriegelung und einen Tempomat dazu.
Unterschiedlich ist auch ihr Charakter. Während der Renault Twingo den freundlich verspielten Typ gibt, der (noch immer) statt Bügeltürgriffen versteckte, fummelige Hebel besitzt und in seinem Tacho digitale Zahlen tanzen lässt – und zwar mittig auf dem Armaturenbrett –, verkörpert der VW Up einen modernen, durchtrainierten Aufsteiger mit straffer Haut und aufgeräumtem Innenraum. Von den übersichtlichen Rundinstrumenten bis zum doppelten Ladeboden, der zusammen mit den umklappbaren Rücksitzen eine ebene Fläche ergibt, leistet er sich im Interieur kaum Schwächen. Er überrascht aber auch nicht mit pfiffigen Ideen.
Renault Twingo ist variabler als der VW Up
Der Renault Twingo schon. Ab der Ausstattungslinie Liberty hat er im Fond zwei längs verschiebbare Einzelsitze. In der hintersten Position sitzt man auf ihnen sehr bequem und genießt mehr Beinfreiheit als im VW Up. Und wer eine kleine Waschmaschine transportieren möchte, faltet die Sitze zusammen und klappt sie nach vorn. Sein praktisches Talent untermauert er mit einer niedrigeren Ladekante und etwas mehr Zuladung.
In der ersten Reihe kann der Renault Twingo seinen Vorsprung nicht halten, denn die Sitze haben zu kurze Flächen, und die Polsterung erinnert an ein kuscheliges Sofa. Im VW Up sind die vorderen Sitze straffer gepolstert und bequemer. Ihre Easy-Entry-Funktion funktioniert genauso gut wie die im Twingo.
Dass der Renault Twingo einen Zylinder mehr hat als der Up, bringt ihm wenig. Sein Vierzylinder läuft zwar ruhiger, er kommt aber auch erst oberhalb 3.500 Umdrehungen so richtig in Schwung. Das Sprintduell kann er so nur knapp gegen den VW gewinnen, dessen Dreizylinder lebhaft am Gas hängt, subjektiv schneller beschleunigt und besser durchzieht. Zudem verbraucht er mit 6,5 Liter/100 km etwas weniger Superbenzin als der Renault Twingo.
VW Up setzt neue Maßstäbe bei Federungs- und Geräuschkomfort
Die besondere Stärke des VW Up liegt im Federungs- und Geräuschkomfort. Hier setzt er neue Maßstäbe bei den ganz Kleinen. Obwohl der Renault Twingo nicht hölzern abrollt, viele Schlaglöcher wegfedert und die meisten Windgeräusche herausfiltert – der VW Up macht das alles noch besser. Bei der Lenkung hat der Renault Twingo aufgeholt, sie reagiert weniger synthetisch als früher, gibt dem Fahrer mehr Rückmeldung. Der VW Up lenkt noch etwas sportlicher und präziser ein, was vor allem beim Tanz um die Pylonen auffällt. Bremsleistung und ESP-Abstimmung sind bei beiden überzeugend. VW punktet dazu mit einem City-Notbremssystem (590 Euro, ab Ausstattung Move), das bis 30 km/h selbstständig drohende Auffahrunfälle erkennt und eine Notbremsung einleitet.
Welchen nehmen? Wer den kühlen, gut durchdachten Kleinwagen mit ernsten Ambitionen sucht, wird mit dem fair eingepreisten VW Up glücklich. Der besser ausgestattete Renault Twingo ist dagegen ein hipper Knirps, der aber nicht nur bunter auftritt, sondern auch mehr Variabilität bietet. Renault lässt ihm ein paar liebevolle Details, die ihn besonders machen. Auch das kommt gut an. Sogar in femininem Himbeerrot.
VW Up 1.0 move up! | Renault Twingo 1.2 LEV 16V 75 Dynamique | |
Grundpreis | 11.375 € | 12.700 € |
Außenmaße | 3540 x 1641 x 1489 mm | 3687 x 1655 x 1470 mm |
Kofferraumvolumen | 251 bis 951 l | 285 bis 959 l |
Hubraum / Motor | 999 cm³ / 3-Zylinder | 1149 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 55 kW / 75 PS bei 6200 U/min | 55 kW / 75 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 171 km/h | 169 km/h |
0-100 km/h | 13,9 s | 13,2 s |
Verbrauch | 4,7 l/100 km | 5,1 l/100 km |
Testverbrauch | 6,5 l/100 km | 6,9 l/100 km |