Renault Clio Tce 130 im Test

Renault Clio Tce 130 im Test
Clever, sicher, besser

Eine Landstraße kann sich ja nicht aussuchen, wohin sie noch führen soll. Es mag Strecken geben, die mondänere Verbindungen schaffen als die L 1095 zwischen dem Örtchen Bürg und dem Kreisverkehr vor der A 81. Nie waren ihre Endpunkte bedeutsam genug, um sie durch eine neue Straße zu ersetzen. So windet sie sich noch immer durch Felder, dann durch den Wald. Und doch verbindet eine Landstraße wie die 1095 mehr: dich mit deiner Jugend.

Mehr als ein halbes Leben ist der eigene Fahranfängersommer mit dem R5 her. Da die kleinen Renault schon seit den Zeiten des ersten R5 von 1972 viele von uns in diesem rasantesten Lebensabschnitt begleitet haben, ist ein neuer Clio immer ein Ereignis. Wobei der Neue so neu nicht aussieht. Soll er auch nicht, das alte Modell kauften die Kunden vor allem wegen des Designs. Nachdem Renault früher gern Designrevolutionen anzettelte, um das Stilempfinden der Kunden herauszufordern, gilt jetzt: Nicht ändern, was gefällt.

Neu werden, schön bleiben

Renault Clio, Exterieur
Achim Hartmann

Stülpte Renault beim Clio IV die schickere Karosserie über das Unterzeug des Vorgängers, wahrt nun nur das Design die Kontinuität. Als erstes Modell in der nicht stets in größter Eintracht geführten Verbindung von Renault, Nissan und Mitsubishi nutzt der Clio die Kleinwagenversion der Allianz-Plattform CMF – steht für Gemeinsame Modulfamilie. Die besteht aus fünf Protagonisten: Motorraum, Cockpit, Elektrik/Elektronik, unterer Vorder- und Hinterwagen. Zudem ist die Plattform fit für Technikkomponenten, die später für alternative Antriebe (2020 startet der Clio Hybrid) oder viel später für automatisiertes Fahren dazukommen.

Jetzt sind andere Vorzüge der neuen Basis wichtiger. Auf ihr schafft der Clio bei wenig geänderten Abmessungen mehr Platz. 340 l Gepäck können über die hohe Kante in den Laderaum gewuchtet werden, 1.096 l bei umgeklappter Rücksitzlehne. Ansonsten gibt es an Verstelltricks nur den höhenvariablen Ladeboden – etwas ideenarm für eine Firma, bei deren Modellen sich einst die Gesamtmöblierung zur Doppelliege umgruppieren oder im Fall ergebniszeugender Romanzen dort die Rückbank zum Babybett umbauen ließ.

Jetzt wird auf dem Sofa da hinten aber nicht mehr herumgehopst, sondern ordentlich gesessen. Etwas duster ist es im Fond wegen kleiner Fenster und breiter C-Säulen. Pilot und Co beherbergt der Clio aussichtsreicher. Dazu haben sie bei Renault die Bedienung neu sortiert. Klasse: die Schnellkonfiguration für alle Assistenzsysteme. Abgesehen davon ist es ein ziemliches Getippe und Gewische, bis man im Infotainment alles beisammenkonfiguriert, gespeichert oder routengeplant hat. Doch mit dem Touchscreen lässt sich das Cockpit in diesem reduzierten Schöner-wohnen-Stil arrangieren. Wobei der Clio das hohe Niveau der Material- und Verarbeitungsgüte dort konzentriert, es anderswo nicht hält, wie sich an der preisoptimierten Qualität von Dichtgummis, Laderaumverkleidung oder Motordämmplatte zeigt.

Motor mit Sternchen

Renault Clio, Motorraum
Achim Hartmann

Jetzt startet der 1,3-Liter-Turbobenziner. Es ist der partikelgefilterte Vierzylinder, der auch in der Mercedes A-Klasse auftritt. Beim Clio, den es noch in drei Leistungsstufen eines Einliter-Dreizylinder-Benziners (65, 73 und mit Turbo 100 PS) gibt, stellt er die Topmotorisierung – serienmäßig verbandelt mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Es lässt sich von der Vehemenz, mit welcher der Motor loslegt, mitunter überrumpeln, wechselt dann spät hoch. Sonst aber schaltet die Box weich und treffsicher. Der Fahrer kann auch per Schaltwippen durch die Gänge flippern, was ja meist eher dessen Gefühl stärkt, sich produktiv zu beteiligen, als das tatsächliche Vorankommen. Und voran geht es – trotz hitziger Temperaturen am Testtag erreichte der TCe 130 fast die Werksangabe bei der Beschleunigung. Vor allem motorisiert der Vierzylinder den Clio vollwertig und sparsam mit 6,5 l Super/100 km im Test.

Selbst auf vergnügten Landtouren braucht er kaum mehr. Und das Herumgekurve hat der Clio drauf, mit der präzisen, aber selbst im servoreduzierten Sport-Modus nicht allzu rückmeldungsintensiven Lenkung und dem ausgewogenen Fahrwerk. MacPhersons vorn, Verbundlenkerachse hinten – nichts Aufwendiges, aber gut abgestimmt. So biegt der Clio munter, aber nicht übermütig in Kurven, bleibt neutral, bis er sich sanftem Untersteuern hingibt. Selten nur muss das ESP eingreifen, regelt dann kurz und effektiv. Auch der Federungskomfort passt – nur kurze Unebenheiten überrumpelt der angestraffte Clio mitunter harsch.

Ansonsten? Kleinigkeiten wie die grobrastige Lehnenneigungsverstellung, die recht kreativ veranlagte Verkehrszeichenerkennung oder die Lautstärkeneinstellung für das Blinkergeräusch – eine Idee, deren ganze Innovationskraft sich uns womöglich erst noch ganz erschließen muss. Na, blinken wir eben mal leise beim Abbiegen aus dem Kreisverkehr auf die 1095. Und schauen mit dem erwachsenen Clio, ob da vielleicht ein wenig Jugend auf der Strecke geblieben ist.