Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid ST im Test

Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid ST im Test
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Über-Panamera mit alternativem Antrieb

Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid Sport Turismo, Exterieur © Rossen Gargolov 19 Bilder

Ein Kombi auf Porsche-Panamera-Basis? Richtig, ist bekannt. Hier aber kommt das Topmodell: ein Hybrid, der 680 PS leistet – und der wie ein Supersportwagen beschleunigt.

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Aufgemerkt, wir hätten hier einen Zungenbrecher für Sie, also bitte schnell und laut lesen: Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid Sport Turismo. Schwierig? Also noch einmal langsam und in übersichtliche Brocken aufgeteilt: Panamera. Turbo S. E-Hybrid. Sport Turismo. Heißt übersetzt: Limousinen-Baureihe, Topmodell, alternativer Antrieb, Lifestyle-Kombi. Griffig ist anders. Wobei die Griffigkeit eigentlich schon sein Ding ist, wie wir im Laufe dieses Tests noch erfahren werden; allerdings eher aufs Fahren gemünzt.

Bevor Ihnen bei dieser Informationsdichte ein wichtiges Detail verloren geht, hier noch einmal als dezidierter Hinweis: Der neue Über-Panamera ist ein Hybrid. Und er ist mit 680 PS unterhalb des 911 GT2 RS das stärkste Porsche-Modell überhaupt – beim Drehmoment mit 850 Nm sogar Spitzenreiter. Da etabliert sich der Hybrid gerade ganz bewusst als Topmodell seiner Baureihe und verleiht dieser Technik eine ganz neue Attraktivität.

© Rossen Gargolov

Panamera Topmodell mit alternativem Antrieb: Höchstgeschwindigkeit 310 km/h, 3,2 Sekunden auf Tempo Hundert, 4,0 Liter + 20,4 kWh/100 km und ein stolzer Preis von knapp 200.000 Euro.

Der Hinweis auf den Turbo im Namen dürfte schlicht die leistungsverwöhnten Stammkäufer beruhigen, welche den Hybridwandel noch nicht verinnerlicht haben. Und „Sport Turismo“? Das entspringt dem Versuch, den Begriff „Kombi“ in den verbalen Totraum zu verdrängen; die Bauform ist wohl zu vernünftig, um heute noch akzeptiert zu werden.

Bester Familien-Porsche

Die Wortklauberei verwundert alleine schon deshalb, weil ein Kombi sicherlich nicht die abwegigste Karosserieform ist, die man mit dem Namen Porsche verbindet – da verlassen die Werkstore größere Zumutungen an das Selbstverständnis der Traditionalisten: In einem Sportkombi steckt deutlich mehr Markengeist als in einem SUV. Genau genommen ist dieser Panamera die porschigste Art, seine Familie zu transportieren.

Der Kombi hat eine große Klappe. Und wenn auch weniger dahinter ist, als sich manches Familienoberhaupt wünschen würde, so passt doch Sperriges darunter hindurch. Natürlich lassen sich die Rücksitzlehnen umklappen; wirklich nützlich wird der Laderaum allerdings erst mit dem Fixiersystem samt Befestigungsschienen für 524 Euro.

Die hinteren Türen geben einen eher beengten Einstieg frei, durch den man in sehr porschige optionale Einzelsitze (2.059 Euro) schlüpft; serienmäßig wäre eine Rückbank samt Notbehausung für einen fünften Mann. Vier Personen bemuttert der Panamera dagegen zuvorkommend. Die Spitzenversion kommt mit Komfortsitzen vorn. Bereits ab dem Einstiegs-Hybrid gibt es Luftfederung. Sie erfüllt die Erwartungshaltung an einen Porsche voll – wer dagegen bislang eine Mercedes S-Klasse oder einen BMW 7er fuhr, muss sich an Straffheit gewöhnen. Und an knappere Platzverhältnisse. Doch daraus ergibt sich schließlich jenes besondere Gefühl, das den Panamera in der Luxusliga einzigartig macht.

© Porsche
Porsche Cayenne E-Hybrid (2018) Fahrbericht vom SUV mit V6-Power-Hybrid

Es ist etwas erklärungsbedürftig: Man läuft auf ein Fünfmeterschiff zu, steigt aber in einen Porsche ein. Im Moment des In-den-Sitz-Gleitens morpht sich das Auto kleiner, schmiegt sich eng um den Fahrer. Da ist diese tiefe Sitzposition, von der aus die wesentlichen Bedienelemente perfekt erreichbar sind: Der rechte Fuß landet auf dem Gaspedal und die beiden Hände am Lenkrad.

So trivial sich das jetzt liest, so wenig ist es das normalerweise in einem großen Wagen. Da sitzt man eher distanziert, wird zum Fahrgast, der sich selbst möglichst anstrengungsfrei durch die Gegend chauffiert. Im Turbo-Hybrid dagegen herrscht man aktiv über irren Vortrieb.

Mit dem Vorschlaghammer

Die Leistungsdaten aus der fernen Welt der Supersportler hat man noch präsent; doch ihre Bedeutung lässt sich kaum erfassen, bevor man sich der Grenzerfahrung des Katapultstarts ausgesetzt hat. Dieser lässt sich völlig beiläufig und ohne großes Set-up-Prozedere abrufen: Sport-plus-Modus vorwählen, ESP abschalten, Getriebewählhebel auf „D“ stellen, Bremspedal durchtreten, Vollgas geben. Der Countdown wäre aktiviert; den Start selbst initiiert das Lösen des Bremspedals.

Was dann passiert, sollte uns Autotester eigentlich nicht mehr überraschen, denn Launch-Control-Starts bieten mittlerweile praktisch alle sportlichen Wagen mit automatisiertem Getriebe. Aber die wenigsten davon haut ein imaginärer Vorschlaghammer aus der Ruheposition. Um Zahlen sprechen zu lassen: Bis Tempo 100 vergehen 3,2 Sekunden.

© Hans-Dieter Seufert
Porsche Panamera GTS im Fahrbericht Mit dem Gran Turismo auf dem Hockenheimring

Wenn der E-Motor den Biturbo unterstützt und das Turboloch komplett zuschüttet, zeigt sich der Hybrid von seiner leistungsbereiten Seite. Rein elektrisch betrachtet liegen 400 Nm schon bei Ruhepuls an, werden zurückgeregelt, sobald der Verbrenner voll im Saft steht.

Die Antriebsarten wechseln meist ruckfrei, ähnlich verfährt die Bremsanlage. Das ist bei einem Hybrid nicht gerade trivial: Tritt man leicht aufs Bremspedal, verzögert zunächst nur der E-Motor – er lädt dann den Akku, rekuperiert also die Energie. Erst stärkerer Druck aufs Pedal aktiviert die mechanische Radbremse. Beim 4 E-Hybrid gelang der Mix noch nicht so richtig transparent, beim Turbo S E-Hybrid jetzt schon. Auch bei der Fahrdynamik trieb Porsche enormen Aufwand. So kommt der Wagen serienmäßig mit geschwindigkeitsabhängiger Servolenkung, Wankstabilisierung samt Torque Vectoring an der Hinterachse und Keramikbremsen. Dazu noch die Hinterachslenkung, dann kann der 2,4-Tonner Kunststückchen.

Zu breit für die Landstraße

Etwa wedelt er auf der Teststrecke erstaunlich schnell um die Hütchen. Oder lenkt auf der Landstraße so griffig ein, dass vom Sport Turismo vor allem das „Sport“ in Erinnerung bleibt. Ebenso übrigens auf der Rennstrecke.

Da führt er genau diesen Dialog, den ein Porsche mit seinem Fahrer führen muss, wenn er als echter Porsche gelten will. Es bleibt nichts unausgesprochen. Nichts, was später zu Verwerfungen führen könnte – außer beim Thema Fahrzeugbreite: Da leitet der Panamera seinen Fahrer bewusst in die Irre, gibt sich klein, obwohl er seinen breiten Leib kaum auf der Landstraße unterbringt.

© Hans-Dieter Seufert
Porsche Panamera Sport Turismo Turbo im Test Sportwagen mit Ladefläche und V8

Davon abgesehen hält der Power-Hybrid, was er verspricht: Er bietet Power und Hybridantrieb. Letzterer sorgt für einen recht günstigen Verbrauch auf der ams-Eco-Runde: 8,7 Liter Super Plus je 100 Kilometer. Im Testdurchschnitt kommt der Sport Turismo auf 4 l/100 km plus 20,4 kWh; dem liegt dann ein Fahrprofil von 15.000 Kilometern pro Jahr zugrunde, davon 10.000 Kilometer auf der Kurzstrecke. Und es setzt voraus, dass der Sport Turismo praktisch jede Fahrt mit einem geladenen Akku beginnt, also zuvor immer an der Dose hängt.

Spätestens an dieser Stelle keimen Zweifel auf, ob sich jeder der Käufer an dieses Verfahren halten wird. Oder ob nicht einige unter ihnen den Hybridantrieb rein als Aufpolsterung des Leistungskontos verstehen: Power-Hybrid statt Hybrid-Power.

Vor- und Nachteile

Karosserie
  • gutes Platzangebot vorne
  • tiefe Sitzposition
  • variabler Laderaum (mit Optionsausstattung)
  • hochwertige Verarbeitung
  • gute Sprachbedienung
  • knappes Raumangebot im Fond
  • schlechte Sicht nach hinten
  • hohes Leergewicht
  • umständliche Bedienung (über Touchscreen)

Vor- und Nachteile

Fahrkomfort
  • straffer, aber noch guter Federungskomfort
  • bei Reisetempo niedriges Geräuschniveau
  • beengter Einstieg in Fond

Vor- und Nachteile

Antrieb
  • kaum fassbares Beschleunigungsvermögen
  • gut nutzbarer Elektroantrieb
  • zuweilen leichtes Anfahrruckeln

Vor- und Nachteile

Fahreigenschaften
  • sehr hohe Fahrsicherheit (Allradantrieb Serie)
  • präzise und rückmeldungs- freudige Lenkung
  • hoher Grenzbereich
  • agiles Handling
  • Breite mindert Fahrspaß

Vor- und Nachteile

Sicherheit
  • standfeste Bremsanlage
  • knappes Assistenzangebot

Vor- und Nachteile

Umwelt
  • im Hybridmodus niedriger Verbrauch
  • brauchbare E-Reichweite
  • hoher Verbrauch im reinen Verbrennermodus

Vor- und Nachteile

Kosten
  • günstiges Fahren mit E-Antrieb
  • enorm hoher Kaufpreis
  • sehr hohe Folgekosten

Fazit

Der Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid ST ist der vernünftigste Familien-Porsche. Als Topmodell Sport Turismo bietet er die Beschleunigung eines Supersportwagens – erreicht leider auch dessen Breite. Verbrauch? Hybridisch angemessen.

Tabelle (techn. Daten)

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