Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wollte den Cayman nie in der sportlichen Nische wissen. Zu groß sei die Gefahr für den Elfer. Die neuen Herren an der Spitze sehen das anders – und sorgen für Gesprächsstoff. Denn der Porsche Cayman R ist alles andere als unsportlich und zeigt den Werksbrüdern wo der Hase läuft.
Wenn es bei Porsche eine eherne Regel gab, dann diese: Das Einstiegsmodell Cayman – so der Wunsch von ganz weit oben – sollte stets einen angemessenen Respektabstand zur Sportwagen-Ikone mit Elfer-Kennung halten. Dass die Front mit dem Abgang des ehemaligen Vorstandvorsitzenden bröckeln könnte, schien möglich. Dass sie dies aber gleich in einer Manier tun würde, die an die Trompeten von Jericho erinnert, überrascht dann doch.
Motor sitzt beim Cayman R an der richtigen Stell
Sicher: Der neue Cayman R hat abgespeckt.Im minimalen Serienumfang mit manuellem Sechsganggetriebe und ohne so banal anmutende Ausstattungsfeatures wie Klimaanlage und Radio soll das Topmodell des Basis-Porsche gerade einmal 1.295 Kilo nach DIN auf die Waage bringen. Das ist wenig. Und ja: Der Motor sitzt im Gegensatz zum Elfer auch am rechten Fleck – nämlich vor, statt auf der hinteren Antriebsachse.
Testwagen bringt 1,385 Tonnen auf die Waage
Aber: Der Testwagen selbst gehört nicht zu den super austrainierten Leichtathleten. Zwar sind auch hier die Türen von innen per Zugschlaufen statt Griffen zu öffnen, zwar ersetzen die aus den großen Brüdern längst bekannten Karbonsitzschalen das gewichtigere Seriengestühl und filigrane Vielspeichenräder die bislang verwandten gewichtigeren Cayman-Felgen.
Klimaanlage, Navigationsgerät und Radioanlage sind bei dem giftgrün-metallic-farbenen Brenner aber ebenso an Bord wie das aufpreispflichtige, mit rund 40 Kilo extra zu Buche schlagende PDK-Getriebe. Nichts da extremer Leichtbau also: Der sport auto-Cayman R geht mit 1.385 Kilogramm an den Start.
Dem Cayman fehlt, was GT- und Elfer-Modelle schnell macht
Trauer ist deswegen freilich nicht angesagt. Das wird schon bei der ersten Ausfahrt im Stuttgarter Stadtverkehr klar. So handlich wie sich dieser Zweisitzer anfühlt, muss einfach was drin sein in Hockenheim.
Nicht was die Ausstattung angeht und auch nicht in Bezug auf die Konzilianz des um 20 Millimeter näher an die Straße gerückten, mit stärkeren Stabis, straffer abgestimmten Dämpfern und einem größeren negativen Sturz an beiden Achsen aufwartenden Sportfahrwerk. Das in der Elfer-Baureihe inzwischen selbst in den GT-Modellen nicht mehr wegzudenkende PASM-Fahrwerk bleibt beim Porsche Cayman R außen vor.
Multitalent: Perfekt für Rennstrecke und Alltag
Ergo entfällt beim Sport Chrono-Paket mit der in allen Modellen höchst effektiven Launch Control und extrem kurzen Schaltzeiten im Sport Plus-Programm die Dämpfertaste. Der Unterbau ist, wie er ist. Punkt. Und er ist gut – oder besser: blendend. Ausreichend Komfort im Alltag, perfekte Performance auf der Rennstrecke und im Slalomparcours. Das kommt fast schon der Quadratur des Kreises gleich.
Mit einer Rundenzeit von 1.12,4 Minuten auf dem Kleinen Kurs fährt der Newcomer Cayman R nicht nur alle bislang gemessenen Porsche Cayman S in Grund und Boden – was seiner Rolle als 330 PS starkem Held der Baureihe ja durchaus geschuldet gewesen wäre. Nein, mit diesem Wert lässt der Porsche Cayman R auch alle Saugmotor-Elfer unterhalb der GT-Modelle blass aussehen.
Cayman lässt Elfer und GTs mit 1.12,4 Minuten Rundenzeit stehen
Allein in diesem Heft sind mit dem Porsche 911 Black Edition mit 345-PS-Basismotor und den jeweils mit dem 408 PS starken 3,8-Liter-Boxer angetretenen Sondermodellen 911 Speedster und 911 Sport Classic sowie dem neuen Serien-Topmodell 911 Carrera GTS gleich vier Heckmotor-Sportler am Start gewesen, die den kleinen Porsche-Bruder ziehen lassen müssen. Wenn das keine Zäsur ist.
Das durch die geänderten Sturzwerte bedingte überaus zackige Einlenkverhalten, die dank der serienmäßig an Bord des Porsche Cayman R befindliche Hinterachsquersperre mit 22 Prozent Sperrwert unter Zug und 27 Prozent im Schub makellose Traktion und die kernig zubeißende, mit 318 Millimeter großen, gelochten und innenbelüfteten Stahlscheiben versehene Bremsanlage sind dazu angetan, Sportfahrerherzen höher schlagen zu lassen.
Mehr geht an Bord eines Saugmotor-Porsche ohne GT-Kennung nicht – ganz gleich, ob er eine Ziffernfolge am Heck trägt oder den Namen eines gefährlichen Reptils.
Tabelle (techn. Daten)
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