Es soll ja Leser geben, die erst die Daten- und Ergebnistabellen sowie die kurzen Fazitkästen auf der letzten Seite lesen, bevor sie sich der ausführlichen Beschreibung der Testkandidaten widmen. Wenn Sie zu diesen Lesern gehören, dann verraten Sie den übrigen bitte nicht die kleine Überraschung, die es gemäß VW-Konzernstrategie eigentlich nicht geben dürfte. Dabei ist das hier kein internes Duell zwischen Skoda Octavia Combi und VW Golf Variant, sondern ein Dreikampf, bei dem sich auch der Opel Astra Sports Tourer Chancen auf den Sieg unter den kompakten Kombis ausrechnet.
Fangen wir also dort an, worauf es bei einem Kombi im Wesentlichen ankommt – im Kofferraum. Für 750 Euro öffnet der Sports Tourer seine Heckklappe auf Knopfdruck elektrisch. Sein Gepäckabteil ist mit 540 Litern zwar das nominell kleinste im Vergleich, verträgt aber die höchste Zuladung (561 kg) und ist am variabelsten nutzbar. Zumindest wenn man die dreigeteilte Rückenlehne für 340 Euro ordert, die via Fernentriegelung im Verhältnis 40 zu 20 zu 40 umklappt. Liegen alle Elemente eben nieder, bietet der Astra zehn Liter mehr Volumen (1.630 Liter) als der Golf. Gepäcknetz und Rollo finden quer im lieblos unverkleideten Unterbodenfach Platz.
Günstiger Einstieg im Astra
Man sollte jetzt aber nicht vom Heckabteil auf den Vorderbau des Opel schließen, denn der ist nicht nur dank des großzügigen Einsatzes von Klavierlack durchaus ansprechend geraten. Die Übersichtlichkeit ist zwar aufgrund der hohen Gürtellinie und der schrägen Front- und Heckscheiben eher mäßig, doch bei der Innovation-Ausstattung für 26.120 Euro ist die Rückfahrkamera serienmäßig an Bord. Zudem ist der Astra bei vergleichbarer Ausstattung rund 2.500 Euro günstiger als der Golf.
Hinten sitzt man bequem mit viel Kopf- und ausreichend Beinfreiheit, während es vorn viele Tasten, auch am Lenkrad, und ein 900 Euro teures Navigationssystem zu bedienen gibt, dessen Menüführung sich nicht gerade von selbst erklärt. Und anders als die praktische Smartphone-Halterung unterhalb der Klimabetätigung wirkt der zugehörige USB-Anschluss tief unten in der Armablage wenig durchdacht.
Beim Fahren wirkt der Sports Tourer dynamisch, ist aber etwas straff gefedert, was ihn einige Punkte in der Komfortwertung kostet. Statt eines Adaptivfahrwerks gibt es nur ein Watt-Gestänge (für 250 Euro) an der Hinterachse, mit dem der Opel den Slalom-Parcours zwar flott absolviert, im Grenzbereich aber fast giftig mit dem Heck ausschwenkt. Zudem bietet die Lenkung erst nach Rücknahme der Servounterstützung bei höheren Geschwindigkeiten eine gute Präzision und Rückmeldung.
Wie seine Rivalen tritt der Astra hier mit einer manuellen Sechsgangschaltung und einem 150 PS starken Turbobenziner an, der seine Kraft aber aus nur 1,4 Litern Hubraum schöpft. Damit wirkt der Sports Tourer trotz des geringsten Leergewichts von 1.324 Kilogramm im direkten Vergleich behäbiger als die Kombis aus dem VW-Konzern, sodass bei Zwischenspurts deutlich öfter geschaltet werden muss. Im Stadtverkehr stört eher die verzögert ansprechende Start-Stopp-Automatik, die selbst gestandene Autotester auf Dauer zum Deaktivieren nötigt.
Einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen die Bremsen des Testwagens, die zwar Top-Verzögerungswerte erzielen, sich aber nicht punktgenau dosieren lassen. Ein altbekanntes Opel-Problem, das man eigentlich längst überwunden glaubte.
Der Golf: teuer, aber gut
Das fällt vor allem beim Umstieg in den VW auf, der mehr Gefühl und Präzision vermittelt, obwohl er erst mit warmer Bremse auf gleichem Niveau verzögert. Wie den Skoda treibt ihn der neue 1,5-Liter-Benziner mit Zylinderabschaltung an. Dass diese aktiv ist, bemerkt der Fahrer aber nur anhand der Einblendung im volldigitalen Cockpit-Display (ab 510 Euro). Zwar verbraucht der Golf 0,3 Liter weniger auf 100 km als der Astra, doch sparsamer als der frühere, zehn PS schwächere 1,4-Liter-Motor ohne Abschaltvorrichtung ist er damit nicht. Dafür gefällt der Turbo-Vierzylinder mit einer sehr harmonischen Kraftentfaltung und einem elastischen Durchzug.
Zudem profitiert das Golf-Fahrwerk von der ab 150 PS serienmäßigen Mehrlenker-Hinterachse statt der einfacheren Verbundlenker-Konstruktion sowie den optionalen Adaptivdämpfern (1.100 Euro), die selbst auf Rüttelpisten geschmeidig ansprechen und kurze wie lange Bodenwellen souverän, wenngleich an der Vorderachse nicht gerade geräuschlos wegstecken. Auch in schnellen Kurven verkneift sich der Variant störende Karosseriebewegungen, lässt sich im Grenzbereich hier am einfachsten beherrschen.
Für sehr guten Halt sorgen dabei die Sportsitze des im Testwagen verbauten R-Line-Pakets (ab 1.800 Euro), das den hochwertigen Innenraum zudem mit Pianolack-Dekor, Sport-lenkrad und weiterem Zierrat aufmöbelt. Im Fond geht es aber wegen des hohen Mitteltunnels und der geringen Beinfreiheit beengt zu. Wird der volle Stauraum benötigt, lässt sich das Rollo im segmentierten Fach unter dem Ladeboden verstauen. Für lange Gegenstände bietet der VW wie der Skoda eine Durchlade, doch eine elektrisch betätigte Klappe gibt es auch nicht als Extra. Zudem lässt sich das neue Touchscreen-Infotainment Discover Pro (2.435 Euro) weniger intuitiv bedienen als die einfacheren Systeme, weil Direkttasten fehlen und viele Funktionen in Untermenüs stecken.
Wahre Größe im Skoda
Bei Skoda heißt das gleiche Gerät übrigens Columbus und kostet 85 Euro weniger – so wie die meisten Extras und das ganze Auto günstiger sind. Als 27.330 Euro teurer 1.5 TSI Style sortiert sich der Octavia Combi preislich genau in der Mitte ein, bringt beispielsweise DAB+, Smartphone-Koppelung und Notbremsassistent serienmäßig mit. Ähnlich großzügig sind die Platzverhältnisse im Innen- und Kofferraum, zumal das Basisvolumen (610 Liter) durch Umklappen der im Verhältnis 60:40 teilbaren Fondlehne auf 1.740 Liter erweitert werden kann – rund 100 Liter mehr als bei der Konkurrenz.
Für 190 Euro extra bringt ein flexibler Ladeboden Ordnung ins Gepäckabteil, und der längste Radstand in dieser Runde beschert den Hinterbänklern die beste Beinfreiheit. Dazu kommen die inzwischen markentypischen, teilweise aufpreispflichtigen Nettigkeiten wie Eiskratzer im Tankdeckel, Hängematte für nasse Kleidung, Mülltüten in den Türtaschen und Smartphone-Haltereinsatz für die Cupholder. Auch die solide Verarbeitung passt, wenngleich das letzte VW-Finish bei Material und Passge- nauigkeit fehlt.
Dafür schluckt die komfortbetonte Auslegung des Adaptivfahrwerks Verwerfungen im Straßenbelag noch geschmeidiger als das Fahrwerk des Konzernbruders, und der Octavia bremst auch etwas besser. Ansonsten beschränken sich die Unterschiede im Fahrverhalten auf Nuancen. Gleiches gilt für Antrieb und Schaltung, die genauso unauffällig souverän agieren wie im Golf. Auch die Lenkung gefällt mit hoher Präzision und guter Rückmeldung.
Unterm Strich bleibt dem soliden Astra der dritte Rang, während sich der feine Golf nur dem geräumigeren, günstigeren Octavia geschlagen geben muss. Aber das wussten einige von Ihnen ja schon vorher.
Opel Astra Sports Tourer 1.4 DI Turbo Start/Stop Innovation | Skoda Octavia Combi 1.5 TSI Style | VW Golf Variant 1.5 TSI ACT Highline | |
Grundpreis | 26.120 € | 27.330 € | 28.550 € |
Außenmaße | 4702 x 1809 x 1510 mm | 4667 x 1814 x 1465 mm | 4567 x 1799 x 1496 mm |
Kofferraumvolumen | 540 bis 1630 l | 610 bis 1740 l | 605 bis 1620 l |
Hubraum / Motor | 1399 cm³ / 4-Zylinder | 1495 cm³ / 4-Zylinder | 1498 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 215 km/h | 219 km/h | 218 km/h |
0-100 km/h | 9,5 s | 8,8 s | 9,0 s |
Verbrauch | 5,1 l/100 km | 5,0 l/100 km | 5,0 l/100 km |
Testverbrauch | 7,6 l/100 km | 7,4 l/100 km | 7,3 l/100 km |