Getunte Mini JCW: MG-Performance vs. Dynamic-Automotive

Getunte Mini John Cooper Works im Test
:
MG-Performance vs. Dynamic-Automotive

© Rossen Gargolov 32 Bilder

Der Mini JCW enttäuschte uns im Supertest. Querdynamisch outete sich die neue Generation als hilfloser Softie. Ein klarer Job für Tuner! Dynamic- Automotive und MG Performance bringen dem Kleinen wieder das Kurvenräubern bei.

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Ich weiß noch ganz genau, wie aufgebracht unser Supertester damals durch die Gänge der Redaktion tigerte und seinem Unmut über den neuen Mini John Cooper Works Luft machte: „Sie haben ihm das kultige Kleinwagen-Feeling genommen!“ Wie konnte das passieren?

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Mit der aktuellen Generation ging der Mini-Spirit bei BMW verloren. Perfekter Ansatz für die Tuner.

BMW flutete seit der Mini-Übernahme im Jahr 2000 den Markt mit zwischenzeitlich sieben gleichzeitig angebotenen Modellreihen: vom Clubman-Kombi über die gefloppten Coupé- und Roadster-Varianten bis zum ulkigen SUV Paceman. Irgendwann in diesem Prozess mussten die sportlichen Gene in den Hintergrund treten. Alle Minis, auch der klassische Hatchback, wurden zwar immer stärker, aber auch größer, schwerer, behäbiger und – wie manche sagen würden – zum Hipster-Auto.

Die Suche nach dem Mini-Spirit

Am besten sieht man das, wenn man den aktuellen Mini John Cooper Works mit seinem Vorgänger vergleicht: 114 Kilo wiegt der Neue mehr, 16 Zentimeter wuchs er in die Länge, fast fünf in die Breite. Er wurde zum Moppelchen. Sehr zum Unmut der Fans, für die der sportliche Maßstab der herrlich wilde Works GP mit 218 PS war – und noch immer ist.

Für Tuner ist der aktuelle Mini JCW ein gefundenes Fressen: MG Performance und Dynamic-Automotive haben den stärksten Mini nach ihren ganz eigenen Maßstäben optimiert. Dabei eint sie das Ziel: Wir müssen den Mini-Spirit wiederfinden! Marian Gut, Chef von MG Performance, hat die Extremvariante gewählt: Der blau folierte Mini sieht fast aus wie die Challenge-Version, die in England only ihre Runden dreht.

Gut garniert seinen Works mit einem Heckflügel und Sparco-Rädern samt UHP-Reifen von Yokohama. Die Bremse an der Vorderachse musste einer wuchtigen Motorsport-Vierkolbenanlage weichen. Statt des lümmeligen Serienfahrwerks presst ein Clubsport-Fahrwerk von KW die Karosse an den Asphalt.

Aus dem Innenraum warf er die an sich passablen Serien-Sportsitze raus, schraubte Recaros Bestseller „Pole Position“ ins Blech. Statt einer Rückbank streckt sich ein Überrollbügel durch den entstandenen Raum hinter Fahrer und Beifahrer. Klingt ernst, oder?

Über 300 PS im Mini JCW

Mehr Leistung gibt's ebenfalls: Der Zweiliter-Turbo bekam einige Extras spendiert, etwa eine im Durchmesser vergrößerte Downpipe, eine Remus-Abgasanlage ab Katalysator und eine Umprogrammierung des Motorsteuergeräts. Folge: 84 PS mehr als der Werks-Works. 315 PS und maximal 460 Nm sollen die Vorderachse attackieren. Die ab Werk gegen Aufpreis erhältliche Aisin-Sechsstufenautomatik überträgt die Kraft des MG-Mini. Im Gegensatz dazu musst du beim John Cooper Works von Dynamic-Automotive noch die Gänge selbst einlegen und dabei ein Kupplungspedal drücken. Doch das ist noch nicht mal der auffälligste Unterschied der beiden Kontrahenten. Äußerlich hat der Dynamic-Mini nur wenig verändert – ein paar Sticker hier, neue Felgen dort, eine dezente Tieferlegung. Im Innenraum prangt ein dreiteiliges Zusatzinstrument auf dem Armaturenträger. Fertig. Optisch dezent. Technisch nicht; zwischen den Vorderrädern versteckt sitzt noch ein Teil, das in diesem Vergleich den großen Unterschied ausmachen könnte: eine Differenzialsperre von Quaife.

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Mit 310 PS liegt der Mini von Dynamic-Automotive auf dem gleichen Niveau wie der 5 PS stärkere MG-Performance-JCW.

Gut so, denn der Mini von Dynamic-Chef Ole Sokoll zeigt ebenfalls gestiegene Leistungswerte: 310 PS und 440 Nm serviert der dunkelgrüne Mini nach dem Tuning und liegt damit auf einem Niveau mit dem MG. Unterschiede aber bei der Hardware: Dynamic-Automotive verbaut noch ein geändertes Ansaugsystem mit Carbonluftfilter-Element, einen eigens konstruierten Ladeluftkühler und eine maßgeschneiderte Abgasanlage.

Das kompromissbereite Gewindefahrwerk stammt – wie beim Konkurrenten – vom Zulieferer KW. Einsteigen und sich zurechtfinden fällt beim Dynamic-JCW sehr leicht, alles fühlt sich so an wie bei einem ganz normalen neuen Mini. Dazu gehören auch die viel zu weit entfernte Frontscheibe und das Gefühl, in einem stinknormalen Auto zu sitzen. Nett, aber eben nicht typisch Mini. Anders beim Projekt von MG Performance: Bevor du dich reinsetzt, prüfst du erst, wie du dich am besten über die hohen Seitenwangen der Recaros schälst. Wenn du reingeplumpst bist, wunderst du dich, wie man in einem F56er-Mini so tief sitzen kann.

Endlich wieder Gokart-Feeling

Startknopf drücken und hinter dir brummelt und dröhnt der Auspuff im Leerlauf mit erhöhter Drehzahl in den frei gewordenen Raum. Der Krawallmacher beruhigt sich erst, wenn du den Automatikhebel nach hinten ziehst und losrollerst. Eins wird sofort klar: Clubsport meint Clubsport – und kein Mittelding zwischen Komfort und Sport. Die Federwege sind kurz, die Dämpfer hart.

Du fällst von kleinen Bordsteinkanten, umfährst Gullideckel wie Minen und denkst dir nach den ersten Metern im Stadtverkehr: Warum hab ich mir nur diesen Test angetan? Doch nach ein paar Kilometern: Sinneswandel! Der MG-Mini fährt wie ein Gokart – wirklich! Kaum Seitenneigung, intensivster Fahrbahnkontakt, quirlig beim Einlenken, ausfallend bei Lastwechseln.

Dass es bei forschen Richtungswechseln im Gebälk knarzt, umherfliegende Steinchen in den Radkästen plötzlich lauter sind als der Auspuff … egal! Denn das Erlebnis dominiert, und das sogar im Stadtverkehr. Man muss sich nur auf diesen Mini einlassen können.

Schaltgetriebe als Must-have

Das fällt nicht jedem leicht, aber wer zurück will zu den ursprünglichen Mini-Idealen, muss das so hinnehmen.

Leider erlaubt sich der MG-Mini ein paar Fehler: das Automatikgetriebe zum Beispiel. Erstens schaltet es vergleichsweise lahm und zweitens verträgt es nicht das Drehmoment, das der Motor imstande wäre abzugeben. Die Kraft wird auf 460 Nm runtergeregelt. Das spürt man beim Zwischenspurten aus niedrigen Drehzahlen; die Leistungsabgabe wird etwas unharmonisch und wellig.

Negativ fällt auch die Bremse auf: Mangels optimaler Adaptierung überbremst sie bei maximaler Verzögerung die Vorderachse, blockiert kurz die Räder, um dann die Kraft wegzuregeln: 37,3 Meter sind zu viel!

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Im Innenraum verbauten die Jungs von MG-Performance Schalensitze von Recaro.

Anders beim 100er-Spurt: Hier punktet der MG mit guter Traktion – 5,6 Sekunden sind ein ausgezeichneter Wert. Bis 200 km/h vergehen 20,5 Sekunden, über vier Sekunden weniger als beim Supertest-JCW.

Noch fixer ist der Mini von Dynamic-Automotive: Zwar packt seine Drehmoment-Gewalt in den ersten beiden Gängen so ungeniert zu, dass zu jeder Zeit Sanftheit im Fuß gefragt ist, mit 20,2 Sekunden auf 200 km/h unterbietet er den MG aber um drei Zehntel. Plus: Bei den Zwischenspurts hängt der nominell schwächere Dynamic-Mini seinen Gegner ziemlich deutlich ab. Noch einen Vorteil hat die Handschaltung: die Fahrereinbindung. Dein linker Fuß lümmelt nicht nur auf der Ablage rum, sondern arbeitet aktiv dabei mit, dass du Spaß beim Fahren und vor allem beim Bremsen und Beschleunigen hast.

Handarbeit statt Kick-down, Heel-and-toe statt einfach nur bremsen und an den Paddeln rumfingern. Vor allem bei einem Mini braucht es dieses Selbst-ist-der-Fahrer-Gefühl, um Spaß zu haben. Aber ist es auch in Hockenheim schneller? Nachdem der MG-01 seine querdynamischen Skills im 18-Meter-Slalom (70,1 zu 69,6 km/h) gezeigt hat, könnte es eng werden für den grünen Mini mit Ludwigsburger Kennzeichen. Und die ersten Eindrücke bestätigen das: Der MG-01 rabaukt um den Kleinen Kurs, fast ohne Wanken, Nicken und Rollen, schwingt beim späten Bremsen samt Einlenken sein Heck in die Kurve und schnattert aus seinem Auspuff: 1.15,0 Minuten zeigt die Stoppuhr an.

Sperre hilft der Traktion

Umsteigen – und au Backe: Schon beim Verlassen der Boxengasse lehnt sich der Dynamic-Mini in seine Federn, taucht dann auf der schnellen Runde beim Anbremsen auf die Ameisenkurve tief ein – so richtig racy kommt das nicht beim Fahrer an. Aber er ist schnell und leichtfüßig unterwegs, der Motor drückt, die Michelins kleben auf dem Asphalt. Wobei: nicht immer alle gleichzeitig. In engen Kehren wie der Sachskurve hebt der Mini schon mal ein Rädchen, verlagert sein Gewicht geschickt innerhalb des Chassis und – jetzt kommt's – verlässt die Kurve ohne Reifenscharren.

Die Quaife-Sperre schafft es, die klumpigen 440 Nm so geschickt in Traktion umzusetzen, dass nur Grobmotoriker ein Untersteuern am Kurvenausgang provozieren können – beim MG ist da mehr Geduld gefragt. Das kostet wertvolle Zeit, die er nirgends gutmachen kann, auch nicht auf den Geraden.

1.14,4 lauten die magischen Ziffern, die den Dynamic-Mini letztlich zum Sieger in Hockenheim küren. Den Vergleichstest hatte er da schon längst gewonnen – und zwar auf der Bremse, die abgesehen von Stahlflex-Leitungen dem Serienstand entspricht.

Fazit

John Cooper wäre stolz auf diese beiden gar nicht mehr so kleinen Rabauken: Vor allem der Mini von MG Performance hätte es ihm angetan. Dessen quietschfideles und unbequemes Fahrgefühl kommt seiner Ur-Kreation am nächsten. Das Gute daran: Der MG-Mini ist trotz seines eingeschränkten Alltagsnutzens sehr fähig, wenn es um die reine Freude am Autofahren geht. Gefühlt sogar fähiger als der High-Performer von Dynamic-Automotive, der recht seriennah bleibt, aber mit seinen technischen Raffinessen wie der Differenzialsperre und dem für einen Mini wirklich immensen Druck überzeugen kann. Feintuning brauchen allerdings beide noch: der MG vor allem bei der Bremse, der Leistungsentfaltung und der Kraftübertragung, der Dynamic-Mini bei der momentan noch zu aggressiven Kraftentfaltung in den unteren Gängen und dem für sportlichen Gebrauch etwas zu weich abgestimmten Fahrwerk. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau – gucken Sie nach rechts auf die Punkte.

Tabelle (techn. Daten)

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